KillerHure
Autos.« Er zögert. »Das Wetter ist unbeständig, vielleicht bekommen wir mehr Seegang als für das Boot gut ist.«
»Dann kotzen wir halt über die Reling«, meint der Colonel ungerührt. »Paul?«
»Die Polizei tappt noch völlig im Dunkeln, keine heiße Spur!«, meldet der Jüngling und presst sich den halben Kopfhörer ans Ohr. »Sie haben noch nicht einmal ihre Antiterror-Spezialeinheiten alarmiert. Nur eines ist ungewöhnlich ...« Er zögert.
»Ja?« Der Colonel ist kein Mann, der rhetorische Pausen akzeptiert.
»Die Amerikaner sind völlig aus dem Häuschen!« Jerry zeigt auf ein Notebook-Display an der Seite. »Sehen Sie diese Anzeigen? Das sind ihre Kommunikationslinien. Verschlüsselt, nicht zu knacken. Aber seit zwölf Uhr telefonieren und mailen die auf allen Leitungen gleichzeitig.«
Das hinterlässt einen See aus Stille. Der Colonel reibt sich das Kinn und überlegt. Jerzy sieht von ihm zu Paul und wieder zurück. Bren schaut gleichmütig drein wie immer, aber ich kann spüren, dass auch er nachdenkt. Niemand legt sich gern mit den Amerikanern an. Sie haben einfach immer gute Leute, das meiste Geld, Connections in alle Richtungen, und jederzeit Reserven, mit denen man nicht rechnet.
»He, ich dachte, die Amis sind eure Freunde?«, frage ich betont harmlos in die Runde.
Schließlich hat mir Bren doch gesagt, ich arbeite jetzt für den Mossad, die Speerspitze Zions. Aber das bringt mir nur einen strafenden Blick von Harraf und einen verwirrten von Paul ein. Na schön, ich bin ohnehin neutral, was den Nahost-Konflikt betrifft.
»Wir rücken in dreißig Minuten ab«, entscheidet Harraf. »Je eher wir auf offener See sind, umso besser.« Sofort verwandelt sich seine kleine Truppe in einen emsigen Ameisenstaat, in der jedes Arbeiterinsekt genau weiß, was es zu tun hat. Ich entscheide, dass ich für heute meinen Teil schon geleistet habe und fläze mich entspannt in einen Sessel, verfolge träge die Arbeit der anderen. Auf der rechten Seite, die linke tut noch zu weh.
»He, Jana!«, raunt mir Paul zu, als er mit einem großen Metallkoffer an mir vorübereilt. »Hier!«
Ich kann meinen durch die Luft fliegenden Rucksack gerade noch auffangen und breche in authentische Robbie-Williams-Groupie-Begeisterungsstürme aus, als ich mein geliebtes Sony Vaio herausziehe. Fünf Minuten später bin ich über das lokale WLAN des nächsten Dorfes im Internet und kümmere mich um mein russisches Internet-Banking. Einige bange Momente, dann meldet der Browser »order executed« – Auftrag ausgeführt. Sehr schön! Mein Geld ist dem Zugriff rachsüchtiger Freunde von Antonia entzogen.
Ob sie mir dankbar ist, weil ich sie verschont habe? Oder böse, weil ich auf eine recht unfeine Art den Dienst quittiert habe? Keine Ahnung, und ich lege auch keinen Wert darauf, es jemals herauszufinden. Das Netz, das sich zusehends um mich schließt, hat auch schon so genügend Stricke.
Kapitel 19
Samstag, 30.08.08, 10:30 Uhr
Die »Cartouche« stampft vor einer steifen Nordwestbrise durch die Ostsee in Richtung der polnischen Küste. Das Wetter wird wirklich schlechter, im Moment gibt es schnell treibende Wolken in verschiedenen Grauschattierungen. Die Sonne kommt nur manchmal als verschwommener Fleck durch.
Paul hängt bereits über der Reling und würgt herzerweichend. Die anderen versehen ihren Dienst mit hart zusammengebissenen Zähnen. Sogar der Colonel hat einen etwas angespannten Zug um den Mund.
Mir dagegen geht es prima! Aus Seegang habe ich mir noch nie etwas gemacht. Ich liebe alles, was mit Segeln zu tun hat, zum Beispiel dieses schicke, strahlend weiße Zwölfmeterboot durch die höhergehenden Wellen zu steuern. Die Jahre, die ich zu Beginn meiner Killerkarriere im Mittelmeerraum verbrachte und dabei recht häufig auf dem Wasser zu finden war, zählen zu den schönsten Zeiten in meinem Leben. Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, der dänischen Polizei über das Meer zu entkommen, schließlich gibt es Küstenwachkutter mit großkalibrigen Maschinengewehren auf dem Vordeck. Aber bis jetzt ging es gut, und wer bin ich, die genialen Entscheidungen meiner Vorgesetzten zu kritisieren?
Jerzy kommt den Niedergang hoch, mit missmutigem Gesicht. Er hat mühsam ein Frühstück zubereitet, das von der Mannschaft – mit einer Ausnahme – erstaunlich wenig gewürdigt wurde, und musste danach den ganzen Abwasch allein erledigen. Paul ist ein Totalausfall, und Istvan, der ungarische Fahrer, ist mit irgendwelchen
Weitere Kostenlose Bücher