KillerHure
sandbraunen Kostüm, die jetzt von einer Bedienung mit auffällig blonden Haaren und einem fantastischen Busen angesprochen wird. Ein kurzer Dialog, anscheinend löst die Bestellung noch Beratungsbedarf aus. Plötzlich fällt die Dame rückwärts vom Stuhl, die Bedienung dreht eine elegante Pirouette und feuert hochkonzentriert in zwei Richtungen, bevor sie abtaucht. Ich sehe sogar, wie eine Kugel eine Flasche und zwei Gläser auf dem Tisch gleich daneben zerschmettert. Super! Ich laufe also gerade mit einem Vermächtnis von Coca Cola Denmark in der Hüfte herum!
Der Operator friert die Szene hier ein und lauscht aufmerksam in sein Headset. »Die Frau ist tot. Zwei von den anderen auch«, meint er dann. »Jerzy sagt, der letzte hat von dem ganzen Magazin nur einen Durchschuss in der Hand und einen Streifschuss abbekommen. Er versucht gerade, die Leichen wegzuschaffen. Dürfte schwierig werden, die Polizei trifft gerade ein.«
Bren sieht mich an, seine Mundwinkel geringschätzig verzogen. Ich zucke mit den Schultern. Dieses Herumgeballere auf Automatik war noch nie mein Ding. Aber das Magazin hat seinen Zweck erfüllt, es hat Mr Left davon abgehalten, mich von der Flucht abzuhalten.
Mein Atem beruhigt sich langsam. Ebenso die sprühenden, wie elektrostatisch aufgeladenen Nerven. Die Welt verliert ein wenig von der übernatürlichen Schärfe, dem harten Kontrast, die sie gerade noch ausgezeichnet hatte. Details tauchen wieder auf. Unwichtige Details, wie das Wetter – milchiger Sonnenschein, der von einem diesigen Himmel durch die Seitenfenster fällt – Brens Kleidung – schwarze Jeans, schwarzes Hemd, schwarze Lederjacke – oder das beharrliche Ziehen in den überbeanspruchten Muskeln meiner Beine.
Ich lebe noch, ich habe meinen Auftrag erfüllt, und ich bin jetzt offenbar in einem neuen Team aufgenommen. Und, das Allerwichtigste: Niemand scheint bemerkt zu haben, dass ich Antonia nicht getötet habe. Dass meine ersten beiden Schüsse aus Platzpatronen kamen. Dass das Blut auf ihrer Bluse aus dem Plastikbeutel in meiner Puppe stammte. Mein Blut! 100 Milliliter, die ich am Vorabend sorgfältig aus der Vene auf der Innenseite meines rechten Schenkels gezogen hatte.
Diese Splitter in der Hüfte tun verdammt weh!
Kapitel 18
Freitag, 29.08.08, 12:25 Uhr
Fünf Minuten später verschwindet der Bus in einem alten Schuppen auf dem Gelände einer aufgegebenen Baufirma. Darin stehen zwei andere Autos, ein Mercedes-Kombi und ein hochbeiniger SUV, ein Japaner. Bren schnappt mich am Arm und geleitet mich zum Mercedes. Meine schöne Glock hat er mir bereits im Bus wieder abgenommen.
»Mein Gepäck ist noch in einem Schließfach am Hauptbahnhof.« Ich hole den kleinen Schlüssel mit einer eingestanzten Nummer darauf heraus.
»Vergiss es«, meint Bren nur.
»Nein. Ich brauche mein Notebook.« Ich stemme die Fersen in den Boden und mache Anstalten, echten Ärger zu produzieren. Bren sieht mich eine Sekunde an, dann zuckt er die Schultern. »Paul?«, ruft er über das Dach des Mercedes. Der Junge schaut auf und ich werfe ihm den Schlüssel zu. Er hat gute Reflexe.
Der ältere Mann mit dem militärischen Haarschnitt setzt sich ans Steuer und wir fahren schon wieder. Die anderen zwei, der schweigsame Fahrer und Paul, der Typ mit den IT-Koffern, bleiben zurück und machen sich sofort daran, den Bus zu säubern. Ich schließe die Augen und lehne den Kopf gegen das Lederpolster. Im Moment kann ich keine weiteren Eindrücke brauchen. Brens Nähe, die Wärme seines Schenkels an meinem Knie, sein hauchfeiner Geruch nach Leder, das genügt mir völlig.
Nach einer halben Stunde verlassen wir die Landstraße und holpern über einen nur nachlässig befestigten Weg. Ich hebe meine Augenlider halb. Vor uns liegt ein kleiner Bauernhof, umgeben von nackten, abgeernteten Feldern und Wiesen. Man sieht kilometerweit in alle Richtungen. Plattes Land, nicht der Hauch eines Hügels weit und breit.
Der Mercedes rollt in eine Garage neben dem Wohngebäude. Darin wartet bereits ein weiterer dunkel gekleideter Mann und schließt das Tor. Wortlos steigen wir aus und gehen ins Haus.
»Kümmere Dich um sie«, weist der Ältere Bren an. »Lage um zwei.«
Bren nickt und zieht mich nach rechts, in die Küche. Ein gemütlicher Raum mit einfachen Kiefernholzmöbeln und dem typischen, nicht zueinander passenden Sammelsurium an Kochutensilien, Plastikschüsseln und sperrigem Geschirr ringsum auf den Borden und in den Schränken, das die regelmäßige
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