Killerwelle
Knopf auf seiner Konsole drückte, augenblicklich ein weiteres Projektil auf die Reise schickte.
Diesmal zielte er auf ein Fenster der Kommandobrücke. Hätte er eine Geschützgranate abgefeuert, hätte sie jeden im Raum getötet. Das Treibkäfiggeschoss schlug mit massiver Wucht ein, sprengte sämtliche Fenster aus den Rahmen, zerstörte die Ruderkontrolle und verwandelte den Funkraum gleich hinter der Kommandobrücke in ein verschmortes Trümmerfeld.
Der Zerstörer wurde langsamer. Er hätte sicherlich auch den Kurs geändert, jedoch war die Steuerelektronik auf der Kommandobrücke ausgefallen, und es würde sicherlich mehrere Minuten dauern, ehe jemand mit entsprechend hohem Dienstrang den Befehl gäbe, auf das Reservesystem der Ruderkontrolle umzuschalten.
»Gut gemacht«, lobte Juan seinen Waffenspezialisten Mark Murphy. Ein Lächeln spielte um seine Lippen, als er Maurice mit einem seiner künstlichen Beine hereinkommen sah. Dieses Bein bestand aus Titanstreben und einer offen liegenden Mechanik und sah wie eine Requisite aus einem Terminator- Filmaus. Der Steward war so umsichtig gewesen, auch noch ein anderes Paar Schuhe mitzubringen, da Juan zurzeit nur einen einzelnen Kampfstiefel trug. »Sie glauben ja gar nicht, wie lächerlich ich mir ohne dieses Ding vorkomme.«
»Und aussehen, Käpt’n«, meinte Maurice mit todernster Miene. »Wie lächerlich Sie außerdem aussehen.«
»Wie lautet unser neues Ziel, Juan?«, fragte Eric.
»Bring uns so schnell wie möglich nach Brunei. Maurice, zaubern Sie doch bitte irgendwas Essbares zusammen und bringen Sie es bitte in den Konferenzsaal. Ich möchte dort in einer halben Stunde sämtliche Abteilungschefs sehen, bis auf Hux natürlich, die bei MacD bleiben muss. Wir haben einiges zu besprechen.«
Cabrillo hatte ihnen eine kurze Frist gesetzt, weil er nicht die Absicht hatte, sich den Genuss einer ausgiebigen heißen Dusche zu gönnen. Er wollte sich nicht entspannen. Er wollte die Schrecken der jüngsten Vergangenheit nicht hinter sich lassen. Er wollte so angespannt und konzentriert wie möglich bleiben. Er wollte sich den Zorn erhalten, der seine Gedanken beherrschte und leitete, bis Linda Ross wohlbehalten an Bord der Oregon zurückgekehrt wäre.
Dann ging er durch seine Kabine und befreite sich gleichzeitig unbeholfen von seiner Armschlinge und seiner Kleidung. Sich einzuseifen, während er seinen lädierten Arm gegen die Brust presste, erforderte die Gelenkigkeit eines Gummimenschen. Er verzichtete auf den meditativen Akt einer Nassrasur mit dem altmodischen geraden Rasiermesser seines Großvaters und fuhr sich stattdessen mit einem Elektrorasierer durchs Gesicht. Danach zog er eine Jeans und ein T-Shirt an und schlüpfte in dunkle Cowboystiefel. Irgendwie erzeugten sie bei ihm eine Was-kostet-die-Welt-Haltung. Er vermutete, dass es an den wenigen Zentimetern hinzugewonnener Körpergröße lag, dass sich seine Perspektive ein wenig veränderte, obgleich sie ihm stets zusätzliche Phantomschmerzen bereiteten, weil sich seine nicht mehr vorhandenen Zehen eingeengt fühlten. Seinen richtigen Zehen dagegen ging es ausgezeichnet. Das sollte einer verstehen.
Juan traf als Erster im Konferenzsaal ein. Der schwere Glastisch bot mit seinen gemütlichen schwarzen Ledersesseln einem Dutzend Personen ausreichend Platz. Die Wände waren schokoladenbraun und grau gestrichen, die Beleuchtung bestand aus versenkt eingebauten Punktstrahlern, und an den beiden schmalen Stirnwänden waren Flachbildschirme installiert. Verstellbare Jalousien vor großen quadratischen Fenstern konnten hochgezogen werden, um Tageslicht hereinzulassen. Aber Maurice hatte sie wohlweislich nicht geöffnet. Der Steward war damit beschäftigt, silberne Warmhalteschalen mit verschiedenen indischen Curry-Gerichten und einer reichhaltigen Auswahl an Samosas aufzubauen.
Ein Sanitäter in blauem Kittel mit einem Infusionsbeutel an einem Metallständer war ebenfalls dort.
»Anordnung von Dr. Huxley«, sagte er, als Juan den Grund für seine Anwesenheit erfahren wollte. »Der Grad an Dehydrierung, unter dem Sie gelitten haben, hat Ihren Elektrolythaushalt völlig in Unordnung gebracht und Ihre Nieren in Mitleidenschaft gezogen. Das wird Ihnen ein wenig helfen.«
Cabrillo musste zugeben, dass er noch nicht hundertprozentig wiederhergestellt war. Er hatte Kopfschmerzen und fühlte sich ein wenig verwirrt. Er nahm am Kopfende des Tisches Platz, während Maurice ihm einen Teller mit Speisen und ein
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