Killerwelle
Sein Haar sah aus, als hätte es seit Monaten keinen Kamm mehr gesehen, und seine Augen glänzten, als hätte er zu viel Red Bull intus. »Wie wurde das Militär in die Geschichte hineingezogen? Ich meine, wenn Croissard so gute Kontakte zu Regierungskreisen hat, warum hat er nicht das Militär benutzt, anstatt solche Umwege zu machen?«
Die Frage stand ungelöst im Raum, weil niemandem eine einleuchtende Antwort darauf einfiel.
Eddie erklärte schließlich: »Könnte er einen Last-Minute-Deal vermittelt haben?«
Jeder stimmte sofort zu, zumal es der einzige Vorschlag war. Cabrillo wusste zwar, dass es gefährliches Gruppendenken war, aber er hatte gleichzeitig das Gefühl, dass es in diesem Fall die richtige Antwort sei.
Er sagte: »Was haben wir noch über Croissard herausbekommen?«
»Nun …«, begann Mark, aber dann ergriff Eric Stone das Wort.
»Max hat uns darauf angesetzt, seit du und Linda nichts mehr von euch habt hören lassen und mit dem Hubschrauber aus dem Dschungel ausgeflogen seid. Natürlich haben wir ihn gründlich durchleuchtet, wie wir es mit jedem neuen Kunden tun. Dabei stellten wir fest, dass er absolut sauber ist. Und so sehr wir es auch bedauern, aber je tiefer wir gruben, desto strahlender stand der Knabe da.«
Mark Murphy nickte. »Aber wir wissen, dass da irgendetwas ist, nicht wahr? Ich meine, dieser Typ hat ziemlich schlimme Hintergedanken. Wir haben sogar seine Tochter Soleil überprüft. Die Informationen unter ihrer Facebook-Adresse, in denen von ihrem bevorstehenden Ausflug die Rede ist, kamen von einem Laptop, der die WiFi-Verbindung in einem Café benutzt hat, das zwei Blocks von ihrem Apartment in Zürich entfernt ist. Sie hatte einen Lufthansa-Flug von Zürich nach Dubai und von dort weiter nach Dhaka, Bangladesh, gebucht. Sie hat ihr Zimmer im Hotel Sabrina bezogen und ist am nächsten Tag nach Chittagong geflogen, wo, wie sie gesagt hat, sie selbst und ihr Freund …«
»Paul Bissonette«, half Cabrillo aus und wusste, dass dieser Name für immer in seinem Gehirn eingebrannt wäre. »Smith hat seine Leiche eindeutig identifiziert, aber ich vermute, selbst das war geschwindelt.«
»Wie dem auch sei, seine Reiseroute entspricht der ihren, obwohl er ein Standardzimmer hatte und sie in der Präsidentensuite wohnte. Sie hatten die Absicht, in Chittagong zu ihrem Ausflug zu starten.«
»Irgendeine Idee, wie sie in den Dschungel oder zu ihrem Ziel gelangen wollte?«
»Nein. Darüber hat sie sich auch auf Facebook ziemlich zurückhaltend geäußert. Sie hat von Chittagong eine Twitter-Nachricht mit dem Inhalt geschickt, dass das eigentliche Abenteuer jetzt beginne, und danach kam nicht mehr als das, was sie laut Croissard per Telefon übermittelt hat.«
»Demnach hat Croissard die geplante Expedition seiner Tochter in die Urwälder von Bangladesh als Tarnung für seine eigene Mission benutzt. Wir können also durchaus davon ausgehen, dass sie in Kürze mit ihrem Begleiter wieder auftauchen wird, oder?«
»Das ist sogar mehr als wahrscheinlich«, gab Murph ihm recht.
Cabrillo verstummte für einen Moment und stützte das Kinn in die Hand. Wenn er noch länger nachgrübelte, würde die Wut darüber, dass er ausgetrickst worden war, kaum mehr zu bändigen sein. Einen derartigen Gefühlsausbruch würde er sich vor seiner Mannschaft aber niemals erlauben, daher verdrängte er diese düstere Stimmung. »Okay, das gehört jetzt alles der Vergangenheit an«, sagte er. »Erzählt mir von der Gegenwart. Wohin wurde Linda gebracht?«
Eric klappte seinen Laptop auf und ließ die Finger kurz über die Tasten huschen. Ein Luftbild vom offenen Meer erschien auf den zwei Displays an den beiden Enden des Raums. Das Bild war ziemlich klein, daher war die Auflösung nur gering. »Das ist ein Google-Earth-Schnappschuss von genau dem Punkt, an dem das Signal ihres Ortungschips erloschen ist.«
»Und dort ist gar nichts«, schimpfte Cabrillo. Er brauchte Antworten, keine weiteren Rätsel. »Sie wurde auf ein Schiff gebracht, wahrscheinlich auf Croissards private Jacht, und ist schon lange von dort verschwunden.«
»Das war das Erste, was wir überprüft haben«, sagte Stone. Er tippte auf einige Tasten, und das Bild eines schneeweißen Luxusboots erschien auf den Bildschirmen. Die Jacht sah aus, als sei sie an die fünfunddreißig Meter lang und fähig, die wildesten Ozeane zu befahren. »Das ist die Pascal, Croissards privates Schiff, und sie ankert seit fünf Monaten vor Monte Carlo. Ich
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