Killerwelle
Bauwerk war eine Moschee mit einem Minarett, das aussah, als ob es jeden Moment umkippen könnte.
Die wenigen Frauen, die Cabrillo und sein Team gesehen hatten, hatten sich ausnahmslos in schwarze Burkas gehüllt, während die Männer weite Hosen unter einer Jacke, chapan genannt, sowie Turbane und flache Wollmützen trugen, so genannte pakols.
»Juan.« Linda Ross’ Stimme hatte einen elfenhaften Klang, der zu ihrem feenhaften Aussehen passte. »Sieh dir mal die Moschee an.«
Vorsichtig, um nicht aufzufallen, schwenkte Cabrillo sein Fernglas ein paar Bogengrade zur Seite und zoomte den Eingang der Moschee heran. Wie die anderen drei Angehörigen seines Teams hatte er sich in den Berghang eingegraben, eine Plane über das Schützenloch gedeckt und Geröll darauf geschaufelt. Bereits aus ein paar Schritten Entfernung waren sie unsichtbar.
Er justierte die Scharfeinstellung. Drei Personen kamen aus der Moschee. Der Mann mit dem langen grauen Bart musste der Imam sein, während seine Begleiter viel jünger aussahen. Sie gingen rechts und links von dem älteren Mann und lauschten mit ernsten Gesichtern auf das, was er ihnen gerade mitteilte.
Juan konzentrierte sich auf die beiden. Sie hatten asiatische Gesichtszüge und nicht die Spur eines Bartes. Ihre Kleidung passte auch nicht zu dieser ärmlichen Gegend. Ihre Parkas, wenn auch von eher düsterer Farbe, waren von hervorragender Qualität, und beide trugen neue Wanderstiefel. Der Kleinere der beiden interessierte ihn besonders. Schon vor Beginn der Operation hatte er sein Gesicht stundenlang studiert und es für genau diesen Moment in seinem Gedächtnis gespeichert.
»Bingo«, sagte er leise über ihre abhörsichere Funkverbindung. »Das ist Setiawan Bahar. Behaltet ihn genau im Auge. Wir müssen wissen, wohin sie ihn bringen.«
Das seltsame Trio stieg hinter der Hauptstraße bergauf. Dabei gingen die drei sehr langsam, weil der Imam stark humpelte. Der Geheimdienst meinte, er habe sich dieses Hinken eingehandelt, als Kandahar im Jahr 2001 von den Amerikanern eingenommen wurde. Schließlich erreichten sie eines der gleichförmig aussehenden Häuser. Ein bärtiger Mann begrüßte sie. Sie unterhielten sich einige Minuten lang vor der Haustür, dann geleitete der Hausbesitzer die zwei Jungen, beides Indonesier, in sein Haus. Der Imam kehrte zu seiner Moschee zurück.
»Okay, wir wissen Bescheid«, sagte Juan. »Von jetzt an das Haus nicht mehr aus den Augen lassen, damit wir sicher sein können, dass er es nicht verlässt.«
Cabrillo hörte ein mehrstimmiges »Roger«.
Dann, entgegen seinem eigenen Befehl, schwenkte Juan sein Fernglas zurück auf die Hauptstraße, während eine weiße Toyota-Limousine, die wahrscheinlich schon einige hunderttausend Kilometer auf dem Buckel hatte, auf die kleine Ortschaft zukam. Kaum hatte sie angehalten, wurden auch schon die vier Türen aufgestoßen, und bewaffnete Männer sprangen heraus. Ihre Gesichter waren hinter den Zipfeln ihrer Turbantücher verborgen. Sie brachten ihre Gewehre in Anschlag, während sie sich im Halbkreis um den Kofferraum des Wagens aufbauten. Einer beugte sich vor und entriegelte mit einem Schlüssel das Schloss. Die Klappe öffnete sich dank ihrer Hydraulik, und drei Männer traten dicht an den Kofferraum heran und steckten die Läufe ihrer Kalaschnikows hinein.
Juan konnte nicht erkennen, was sich in dem Kofferraum befand oder, dies schien eher wahrscheinlich, wer dort war, und wartete gespannt, während einer der Männer sein Gewehr sinken ließ, so dass es unter seinem Arm hing, und in den Kofferraum hineingriff. Er zog einen fünften Mann heraus, der dort zusammengerollt gelegen hatte. Der Gefangene trug offensichtlich einen standardmäßigen Kampfanzug der amerikanischen Army. Die Stiefel sahen auch nach Militär aus. Er hatte einen Knebel im Mund, und seine Augen waren mit einem Tuch verbunden. Das Haar war ein wenig länger, als die Vorschriften der Army es gestatteten, und außerdem blond. Er war zu schwach, um aus eigener Kraft auf den Beinen zu stehen, und sackte zu Boden, sobald er aus dem Kofferraum befreit worden war.
»Wir haben ein Problem«, murmelte Cabrillo. Er richtete das Fernglas wieder auf das Haus, in dem Setiawan Bahar untergebracht worden war, und wies seine Leute an, auf die freie Fläche zu achten, die offenbar so etwas wie der Marktplatz der Stadt sein sollte.
Eddie Seng sagte zunächst nichts, während Linda Ross zischend einatmete und Franklin Lincoln einen leisen
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