Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Dinge schon immer schwarz oder weiß gesehen.«
Generalleutnant Mahmud Ahmed, Chef des pakistanischen Geheimdiensts Inter-Services Intelligence, 12. September 2001
Generationen von CIA -Beamten, die auf der »Farm«, dem Ausbildungszentrum des Geheimdiensts im Marschland von Virginia, ausgebildet wurden, lernten dabei die erste Lektion des Spionagehandwerks: Es gibt keinen befreundeten Geheimdienst. Die Geheimdienste anderer Nationen hat man gefälligst zu infiltrieren, und ihre Spione müssen »umgedreht« werden, damit sie zukünftig für die Vereinigten Staaten arbeiten und ihre eigenen Länder ausspähen. Ausländische Geheimdienste können für gemeinsame Operationen zwar nützlich sein, ganz trauen sollte man ihnen aber nie. Je mehr man sich bei einer Operation auf verbündete Geheimdienste verlässt, umso größer ist die Gefahr, dass sie scheitert.
Diese Philosophie funktionierte ganz gut während des Kalten Kriegs, als die wichtigste Aufgabe der CIA darin bestand, die Geheimnisse der Sowjetunion und ihrer Satellitenstaaten zu stehlen – traditionelle Auslandsspionage. Die Führung in Langley wusste, dass die Sowjets mit den Vereinigten Staaten genau das Gleiche tun wollten, und sie wusste, dass Moskau seine eigenen Spione in ausländischen Nachrichtendiensten hatte, um sich besseren Zugang zu amerikanischen Geheimnissen zu verschaffen. Der wichtigste Grund, einem ausländischen Spion nahezukommen, war Gegenspionage: herauszufinden, wie stark ein anderer Auslandsgeheimdienst die CIA infiltriert hatte, und Maulwürfe zu fangen, bevor sie zu tief gruben.
Doch durch die Erfordernisse des neuen Kriegs veränderten sich die Regeln des Spionagehandwerks rapide. Die wichtigste Priorität der CIA war nicht mehr die Beschaffung von Nachrichten über andere Regierungen und deren Länder, sondern die Menschenjagd. Bei dieser neuen Aufgabe galt es nun vor allem, detaillierte Informationen über ganz bestimmte Personen zu bekommen, und es kam kaum darauf an, wie dieses Material beschafft wurde. Die Folge war, dass sich die CIA von Anfang an auf andere Geheimdienste stützte, die schon jahrelang Dossiers über Terrororganisationen angelegt hatten. Auf ihrer verzweifelten Suche nach Informationen zur Verhinderung des nächsten Angriffs war die CIA bei der Auswahl ihrer Freunde nicht wählerisch. In den ersten Jahren nach dem 11. September intensivierte sie ihre Beziehungen zu Geheimdiensten, die eine ausgesprochen brutale Geschichte hatten – darunter der ägyptische Muchabarat, das General Intelligence Directorate in Jordanien und sogar der Geheimdienst Muammar al-Gaddafis.
Für einige Führer dieser Länder war es ein Hochgenuss, die Vereinigten Staaten über das schmutzige Geschäft der Terroristenjagd zu belehren. Bei einem Dinner in Kairo Anfang Oktober 2001 sagte der ägyptische Präsident Hosni Mubarak zu Donald Rumsfeld, dass Bomben in dem neuen amerikanischen Krieg wenig ausrichten würden und die Vereinigten Staaten »ihr Geld besser dazu verwenden sollten, sich in Afghanistan am Boden Verbündete zu kaufen«. Mubarak, ein moderner Pharao, der seine Macht unter anderem durch die brutale Unterdrückung der islamistischen Bewegungen in seinem Land gefestigt hatte, war sich zweifellos bewusst, dass er durch eine robuste Partnerschaft mit einem Amerika, das nach einer neuen Strategie für die Terrorismusbekämpfung suchte, viel zu gewinnen hatte. Also erklärte er Rumsfeld mit viel Pathos, dass der Kampf gegen den Terrorismus nötig sei, »um den Planeten zu retten«.
Keine Beziehung jedoch war für die inzwischen kriegführende CIA wichtiger als die zum pakistanischen Directorate for Inter-Services Intelligence ( ISI ). Leider war diese Beziehung schon seit Jahren durch die schlimmsten Eigenschaften einer zerrütteten Ehe gekennzeichnet: Beide Partner hatten schon lange das Vertrauen zueinander verloren, aber keiner konnte sich jemals eine Trennung vorstellen.
Das Verhältnis zwischen beiden Geheimdiensten war ein Abbild der Beziehung zwischen beiden Ländern en miniature . Die enge Verbindung von CIA und ISI in den 1980er-Jahren, als amerikanische und pakistanische Agenten Waffen nach Afghanistan schmuggelten und Mudschahedin darin ausbildeten, sowjetische Hubschrauber abzuschießen, hatte sich in den 1990er-Jahren verschlechtert, als die USA am postsowjetischen Afghanistan das Interesse verloren und Pakistan für sein geheimes Atomwaffenprogramm mit schweren Sanktionen belegten. Pakistan reagierte,
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