Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
schon immer schwarz oder weiß gesehen.« Armitage warnte Ahmed, dass die USA eine Liste mit Forderungen für Pakistan vorbereiteten, die in Islamabad wahrscheinlich »eine tiefgreifende Selbstprüfung« auslösen werde.
Die Bedingungen für die Ehe zwischen der CIA und dem ISI wurden am folgenden Tag diskutiert. Armitage sagte Ahmed, dass die USA uneingeschränkten Zugang zum pakistanischen Luftraum haben und innerhalb Pakistans Geheimdienstoperationen durchführen wollten. Außerdem fordeten sie Zugang zu den Häfen des Landes, seinen Start- und Landebahnen und seinen Stützpunkten entlang der Grenze zu Afghanistan. Auch bestand er darauf, dass der ISI alle Informationen, die er über al-Qaida besaß, an die CIA weitergab.
Ahmed versicherte Armitage, dass er die Liste an Musharraf weiterleiten werde, forderte aber als Gegenleistung, dass Pakistan für seine Hilfe im Krieg gegen al-Qaida entschädigt würde. Wenn sich Pakistan gegen die Taliban wende und einem Krieg an seiner Westgrenze zustimme, müsse es dafür belohnt werden.
Die Prämissen der gestörten Beziehung zwischen Amerika und Pakistan in der Ära nach dem 11. September waren damit gesetzt: Die Vereinigten Staaten wollten das Recht, in Pakistan einen geheimen Krieg zu führen, und Islamabad nahm dafür Geld. Präsident Musharraf hatte nicht allen Forderungen Washingtons zugestimmt. Zum Beispiel schränkte er die Bewegungsfreiheit amerikanischer Flugzeuge im pakistanischen Luftraum ein, weil er befürchtete, dass die Vereinigten Staaten Aufklärungsflüge über pakistanische Atomanlagen machen könnten. Auch verweigerte er den Amerikanern den Zugang zu den meisten Militärstützpunkten. Nur auf Luftwaffenstützpunkten durften sie Militärpersonal stationieren: in Shamsi, das in der Region Belutschistan im Südwesten des Landes liegt, und in Jacobabad in der nördlichen Provinz Sindh. Am Ende hatten sowohl Islamabad als auch Washington bei der Erneuerung ihrer Treueschwüre das Gefühl, mehr gegeben als bekommen zu haben, ein Umstand, der Jahre später zu Vorwürfen und Ressentiments führen sollte.
Washington hatte an seiner Haltung keinen Zweifel gelassen, und Musharraf war sich über die Bedeutung der amerikanischen Position voll im Klaren. Er hatte sein ganzes Berufsleben beim Militär verbracht und kalkulierte seine Möglichkeiten wie bei einem militärischen Planspiel. Später schrieb er in seinen Memoiren, wenn er sich dafür entschieden hätte, die Taliban zu schützen, hätten die USA Pakistan als terroristischen Staat betrachtet. Dann hätten sie das Land höchstwahrscheinlich angegriffen, sein Militär vernichtet und sein Atomwaffenarsenal beschlagnahmt. Indien hatte damals schon angeboten, seine Stützpunkte für den Afghanistankrieg zur Verfügung zu stellen, und Musharraf vermutete, dass die Amerikaner schon bald einen Stützpunkt im nordwestindischen Amritsar genutzt hätten, um Kampfeinsätze zu fliegen. Die Bomber hätten auf ihrem Weg nach Afghanistan und auf dem Rückweg, wenn sie ihre tödliche Last abgeworfen hätten, pakistanisches Gebiet überflogen. Schlimmer noch, die Inder hätten die Gelegenheit ergreifen und mit amerikanischer Zustimmung eine Offensive in Kaschmir eröffnen können. Das strategische Gleichgewicht in Südasien, das lange von einem Bündnis zwischen Pakistan und den USA gegen Indien und dessen historischen Verbündeten Russland geprägt gewesen war, hätte sich für immer verändert, und Pakistan wäre zu einem zerrütteten, verarmten Pariastaat geworden.
Am Abend des 19. September erklärte Musharraf dem pakistanischen Volk, wie er auf die Washingtoner Forderungen reagiert hatte. Er trug eine elegante Militäruniform, aber sein Gesicht wirkte abgehärmt und gezeichnet von den endlosen Besprechungen mit Generälen, Politikern, religiösen Führern und amerikanischen Diplomaten. Seine Rede, die im Fernsehen übertragen wurde, enthielt keine Anklage gegen al-Qaida oder die Taliban, und er verurteilte die Angriffe auf das World Trade Center und das Pentagon nicht ein einziges Mal. Stattdessen begründete er seine Entscheidung, Amerika zu helfen, ausschließlich mit nationalistischen Argumenten: Indien habe Washington bereits seine volle Unterstützung zugesagt, und es wolle unbedingt dafür sorgen, »dass in Afghanistan eine antipakistanische Regierung an die Macht kommt, falls dort ein Regierungswechsel stattfindet«. Er sagte, Pakistan habe vier Prioritäten: die Sicherheit seiner Grenzen; das
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