Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Kaschmirproblem; die Wiederbelebung der Wirtschaft und schließlich den Schutz seiner »strategischen Aktivposten«.
Der letzte Punkt bezog sich nicht nur auf das Atomwaffenarsenal, mit dem Pakistan Indien zerstören konnte. Pakistans Militär verfügte noch über weitere »strategische Aktivposten«. Bis 2001 hatten sich die afghanischen Taliban und das Netzwerk von Guerillagruppen, das von Jalaluddin Haqqani geführt wurde, zu wichtigen Elementen der pakistanischen Verteidigung entwickelt, und Musharraf machte in seiner Rede klar, dass er die Taliban immer noch als Bollwerk gegen Indien betrachtete. Auch wenn er dazu neige, Mullah Omar die Auslieferung Bin Ladens zu empfehlen, verfolge er die Strategie, die Krise zu überwinden, »ohne den Taliban oder Afghanistan zu schaden«.
Tatsächlich waren die Dinge nicht schwarz oder weiß. Eine Woche nach den Angriffen des 11. September und eine Woche bevor Bush bei einer gemeinsamen Sitzung beider Kammern des Kongresses die Taliban der »Beihilfe zum Mord« beschuldigte, hoffte Musharraf immer noch, dass die Taliban an der Macht bleiben könnten. Washington hatte sich der Illusion hingegeben, dass Musharraf ausschließlich auf die Regierung Bush gesetzt hatte. Tatsächlich jedoch entschied er sich für eine deutlich differenziertere Strategie, die vielen amerikanischen Regierungsvertretern auch nach zehn Jahren Afghanistankrieg ein Rätsel sein sollte.
Der ISI hoffte immer noch, einen weiteren blutigen Krieg in Afghanistan vermeiden zu können, insbesondere wenn dabei die Taliban durch die Tadschiken und Usbeken der Nordallianz ersetzt werden würden. Nach seiner Rückkehr flehte Ahmed die amerikanische Botschafterin Wendy Chamberlin an, keinen Krieg aus Rache zu beginnen. Ein wirklicher Sieg in Afghanistan sei nur durch Verhandlungen zu erreichen. »Wenn die Taliban eliminiert werden«, sagte Ahmed, »fällt Afghanistan wieder den Warlords in die Hände.«
Der Geheimdienstchef lieh sich von der CIA ein Flugzeug und flog damit nach Kandahar, um den Talibanführer Mullah Mohammed Omar von der Auslieferung Bin Ladens zu überzeugen. Omar, ein früherer Kommandeur der Mudschahedin, der im Krieg gegen die Sowjetunion ein Auge verloren hatte, verhöhnte seinen langjährigen Wohltäter als Laufburschen der USA , lehnte seine Forderungen ab und entließ ihn mit einer scharfen Zurechtweisung: »Sie wollen den Amerikanern gefallen, und ich will Gott gefallen.«
Über die Afghanistanstrategie hatte es in der CIA von Anfang an Konflikte gegeben, wobei es insbesondere zwischen den Beamten in Langley und denen in der CIA -Station in Islamabad zu Zerwürfnissen kam. CTC -Chef Cofer Black drängte darauf, sofort die Nordallianz zu bewaffnen und nach Süden Richtung Kabul vorzustoßen. Doch Robert Grenier, der Stationschef in Islamabad, wandte sich gegen diesen Plan. Er warnte, jeder Versuch, eine von Indien und Russland unterstützte Miliz zu bewaffnen, werde die Beziehungen zu Pakistan sofort wieder zerstören, die sich nach jahrelangem gegenseitigem Misstrauen gerade wieder verbessern würden. Diese internen Meinungsverschiedenheiten wurden drei Wochen nach dem 11. September einem breiteren Publikum bekannt, als CIA -Beamte im Pentagon an einer Telekonferenz zwischen Washington, Islamabad und dem Hauptquartier des United States Central Command in Tampa teilnahmen.
Während der Konferenz sagte Grenier, eine Bodenoffensive unter Beteiligung der Nordallianz dürfe erst stattfinden, wenn der ISI mehr Zeit gehabt habe, um die Taliban zu einer Auslieferung Bin Ladens zu bewegen. Wenn man die Nordallianz unterstütze, könne dies zu einem weiteren blutigen afghanischen Bürgerkrieg führen. Ein Einsatz der amerikanischen Luftwaffe werde vorläufig ausreichen, um die Taliban an den Verhandlungstisch zu bringen. Hank Crumpton, ein Beamter des CTC , den Cofer Black ausgewählt hatte, um den Krieg der CIA in Afghanistan zu führen, hielt Greniers Position für naiv. Er gebe lediglich die Position des ISI wieder und leide unter einem schweren Fall von »Clientitis« [übertriebene Loyalität eines Diplomaten gegenüber dem Gastland, A.d.Ü.]. Nach der Sitzung sagte Crumpton zu Rumsfeld, seiner Ansicht nach läge Grenier völlig falsch.
Gut möglich, dass Grenier wirklich Befürchtungen des ISI weitergab, aber diese Bedenken waren keineswegs irrational. Vertreter des ISI warnten damals schon seit Wochen ihre CIA -Kollegen in Islamabad, dass ein Krieg in Afghanistan völlig außer
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