Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
Anstrengungen zur Umgestaltung des Pentagons brachten ihm sofort den Vergleich mit Robert McNamara ein, dem Verteidigungsminister unter Kennedy und Johnson, der mit seinen »genialen« Whiz Kids aus dem Ford-Konzern die Kultur des Pentagons hatte verändern wollen. Einige Generäle, denen Rumsfelds Ansatz nicht passte, bezeichneten die Gruppe älterer Geschäftsleute, die Rumsfeld mitgebracht hatte, um die verschiedenen Teilstreitkräfte zu führen, als Wheeze (»keuchende«) Kids . Zu dem Zeitpunkt, als der American Airlines Flug 77 am Morgen des 11. September 2001 in die Westfassade des Pentagons krachte, hatten die Militärs schon mehrere von Rumsfelds ehrgeizigeren Versuchen, teure Waffensysteme aus der Zeit des Kalten Kriegs abzuschaffen, erfolgreich abgeschmettert. Und in Washington wurde offen spekuliert, ob der Verteidigungsminister als erstes führendes Mitglied der Regierung Bush zurücktreten würde. Stattdessen sollte er im Lauf des folgenden Jahres zum exponiertesten und populärsten Kabinettsmitglied werden. Bis Dezember 2001 vertrieben die Vereinigten Staaten die Taliban aus den afghanischen Städten, und zwar mittels eines innovativen Kriegsplans, für den Rumsfeld öffentliche Anerkennung bekam, und er wurde durch seine unverblümten Äußerungen auf seinen höchst beliebten Pressekonferenzen zur Verkörperung der Rache, mit der die Regierung Bush auf die terroristischen Angriffe reagierte. Rumsfeld nahm kein Blatt vor den Mund, und er verfiel nicht in einen schwer verständlichen Militärjargon, wenn er über die Ziele des Kriegs sprach. Es ging darum, »Taliban zu töten«.
Auch war er sich früh darüber im Klaren, dass ein Großteil des neuen Kriegs in abgelegenen Weltregionen geführt werden würde, weit weg von den erklärten Kampfzonen. Der neue Krieg würde ganz anders aussehen als die Infanteriegefechte des 19. Jahrhunderts, der Grabenkrieg des Ersten Weltkriegs oder die Panzerschlachten des Zweiten. Das Pentagon musste Soldaten an Orte schicken, wo, nach Recht und Tradition, bisher nur Spione hatten operieren dürfen. Zum Beispiel besaßen die Streitkräfte zunächst noch keine separate Abteilung für Terrorismusbekämpfung wie das Counterterrorist Center der CIA , aber nur wenige Wochen nach dem 11. September machte sich Rumsfeld daran, eine solche aufzubauen. Nur größer sollte sie sein. In einem Memorandum für CIA -Direktor Tenet schrieb der Verteidigungsminister: »Nach allem, was ich höre, ist das CTC zu klein, um sieben Tage die Woche rund um die Uhr zu arbeiten«. Und er schickte dem CIA -Direktor seinen Vorschlag für die Gründung einer Joint Intelligence Task Force for Combating Terrorism ( JIFT - CT ), einer ganz neuen Terrorismusbekämpfungsorganisation, mit der das Pentagon möglicherweise die Kontrolle über den neuen Krieg erringen würde.
Vier Tage nachdem er seinen Vorschlag an Tenet geschickt hatte, formulierte er seine Gedanken über das Ausmaß des neuen Kriegs in einem streng geheimen Memorandum für George W. Bush. Der Krieg müsse global geführt werden, schrieb er, und die Vereinigten Staaten müssten in Bezug auf seine Endziele offen und ehrlich sein. »Wenn der Krieg die politische Landkarte der Welt nicht beträchtlich verändert«, schrieb Rumsfeld an den Präsidenten, »werden die USA ihr Ziel nicht erreichen.«
Das Pentagon verfügte noch nicht über die Maschinerie, um diesen neuen Krieg zu führen. Rumsfeld wusste das so gut wie jeder andere. Es gab viel zu tun.
In einer klaren Nacht Anfang Februar 2002 sprangen drei afghanische Männer und ein kleiner Junge aus einem weißen Kleinlaster. Ihre Gewänder bauschten sich, als die Rotoren eines amerikanischen Militärhubschraubers um sie herum Staub aufwirbelten. Sie hoben abwehrend die Hände, als eine amerikanische Spezialeinheit mit den Gewehren im Anschlag auf sie zukam.
Fünfundsechzig Kilometer weiter nördlich, in einer improvisierten Einsatzzentrale neben dem zerbombten Abfertigungsgebäude des Flughafens von Kandahar, beobachteten amerikanische Spezialeinsatzkräfte auf der Videoübertragung einer CIA -Drohne das Geschehen. Der Kommandeur der Elitesoldaten Navy Captain Robert Harward griff zu einem abhörsicheren Telefon und rief seine Vorgesetzten in Kuwait an, um sie über die Gefangenen zu informieren. Mullah Khairullah Khairkhwa, der Talibanführer, den alle suchten, sei gerade festgenommen worden.
Am anderen Ende der Leitung trat eine lange Pause ein. Dann endlich sagte Lt. General Paul
Weitere Kostenlose Bücher