Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
des Weißen Hauses abstürzt sei, habe in Wirklichkeit nur eine Audienz beim Präsidenten zu bekommen versucht.
Der Dienst wurde damals noch für die aggressiven Operationen zur Rechenschaft gezogen, die in den 1980er-Jahren unter Führung von Dewey Clarridge in Lateinamerika stattgefunden hatten. Im Jahr 1996 brachte ein Geheimdienstkontrollausschuss ein Gutachten heraus, das die zahlreichen Menschenrechtsverletzungen detailliert aufführte, die CIA -Mitarbeiter mehr als ein Jahrzehnt lang in Guatemala begangen hatten. In dem Gutachten hieß es, dass zwischen 1984 und 1986 mehrere CIA -Informanten »schwere Menschenrechtsverletzungen wie Mord, widerrechtliche Hinrichtung, Folter oder Entführung anordneten, planten oder sich daran beteiligten, während sie V-L eute waren – und dass die CIA damals schon über viele dieser Beschuldigungen informiert war«. Die Enthüllungen über Guatemala waren seit Jahren durchgesickert und hatten CIA -Direktor John M. Deutch bereits veranlasst, sämtlichen Führungsoffizieren den Umgang mit zwielichtigen Personen zu verbieten. Der Verkehr mit Figuren wie den Drogenbaronen, mit denen Ross Newland einst in Bolivien bei Hahnenkämpfen gewettet hatte, war für CIA -Beamte jetzt untersagt, und dasselbe galt auch für Terroristen, die vielleicht versuchen würden, Amerikaner zu töten.
Deutch, ein Chemiker, der am Massachusetts Institute of Technology seinen Doktor gemacht hatte, kam 1995 vom Pentagon nach Langley, nachdem Clinton Woolsey entlassen hatte. Er wollte Spionagesatelliten und Abhöranlagen in Übersee bauen, statt Geheimagenten auf abenteuerliche Einsätze zu schicken. Er hatte kein Vertrauen in den geheimen operativen Dienst der CIA , und dieser behandelte ihn im Gegenzug wie einen Virus, der einen Wirt befallen hatte.
Eine seiner Initiativen bestand darin, auch in anderen Bereichen enger mit dem Militär zusammenzuarbeiten als in der Terrorismusbekämpfung, die bei der CIA in den 1990er-Jahren wieder recht unwichtig geworden war. Seit dem Ende des Golfkriegs im Jahr 1991 hatten sich die Generäle im Pentagon beschwert, dass die CIA bei der Infiltrierung von Saddam Husseins Regime vor Ausbruch des Kriegs nutzlos gewesen sei und auch bei der Jagd auf irakische Truppen in der Wüste versagt habe. Deutch ließ CIA -Beamte auf militärischen Kommandoposten rund um den Erdball dienen, um sicherzustellen, dass der Geheimdienst optimale Erkenntnisse über globale Bedrohungen besaß.
Er hielt die Unterstützung des Militärs durch die CIA für so wichtig, dass er 1995 den Spitzenposten eines Verbindungsoffiziers zum Pentagon schuf, der von einem ranghohen Militär bekleidet wurde. In der CIA kursierte der Witz, die Einbettung von CIA -Agenten in militärischen Kommandoposten und von hohen Offizieren in die CIA sei das bürokratische Äquivalent eines Geiselaustauschs.
Der erste hohe Offizier, der den neuen CIA -Job bekam, war Vice Admiral Dennis C. Blair, ein drahtiger Nordstaatler aus Kittery in Maine. Er hatte 1968 seinen Abschluss an der Marineakademie gemacht und dann als Rhodes-Stipendiat an der Oxford University studiert, wo er mit dem jungen Bill Clinton Freundschaft schloss. Blair traf fast sofort auf Widerstand von CIA -Beamten, die dem Dreisterneadmiral eine gehörige Portion Misstrauen entgegenbrachten, weil er über die Leistungsbilanz der CIA bei verdeckten Operationen nicht gerade erbaut war.
Seiner Ansicht nach sollte sich der Dienst auf die Beschaffung und Analyse von Nachrichten konzentrieren und nicht auf Geheimoperationen, die die Vereinigten Staaten nur in Schwierigkeiten brachten. »Wer auf die Geschichte der verdeckten Operationen der CIA zurückblickt«, sollte er Jahre später erklären, »kann, glaube ich, mit einigem Recht sagen, dass wir heute besser und keinesfalls schlechter dastehen würden, wenn wir ganz auf sie verzichtet hätten.«
Manche in Langley betrachteten Blair als einen Maulwurf des Pentagons. Doch seine Anwesenheit weckte auch die noch schlimmere Befürchtung, dass das Pentagon die CIA schlucken und sie ihre Stellung als treuer Nachrichtendienst des Präsidenten verlieren könnte. Denn die Männer marschierten für den Präsidenten, wie Dewey Clarridge gesagt hatte.
Blair geriet schon bald mit dem Directorate of Operations über das wichtigste Thema jener Zeit in Konflikt – den Balkankrieg. Eine der Streitfragen war ein neues Überwachungsinstrument, das sich die CIA für Aufklärungsflüge in Bosnien von der Air Force
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