Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
bat Cheney einen der referierenden Militärs, in der Datenbank nach seinem Namen zu suchen. An erster Stelle kam ein Artikel über ein Gesetz im Repräsentantenhaus, das Cheney eingebracht hatte, und darüber, dass ein anderer Abgeordneter einen Tag zuvor gesagt hatte, er werde dagegen stimmen.
Cheney wurde wild. Er befahl dem diensthabenden Offizier, den Abgeordneten ausfindig zu machen und kanzelte ihn dann am Telefon im Operationszentrum lautstark ab. »Wir mussten den Saal räumen«, erinnerte sich Thomas O’Connell, damals ein hochrangiger Nachrichtenoffizier beim JSOC . Er sagte, Cheney sei »wie verwandelt« gewesen, als er erkannte, wie man mittels einer Datenbank Informationen über bestimmte Personen gewinnen konnte. »Von da an war Cheney ganz in seinem Element, wenn er mit Spezialeinsatzkräften zu tun hatte.«
Cheneys alter Mentor Donald Rumsfeld bekam ebenfalls das Gefühl, einen Blick in die Zukunft zu erhaschen, als er siebzehn Jahre später selbst nach Fort Bragg pilgerte. In seiner Begleitung war Robert Andrews, der ihm in den Wochen seit dem 11. September fast nicht mehr von der Seite gewichen war. Er diente als höchster für Spezialeinsatzkräfte zuständiger Zivilbeamter im Pentagon und führte Rumsfeld wie Vergil in Dantes Inferno durch eine finstere Welt, die dramatisch gewachsen war, seit sie Rumsfeld als Verteidigungsminister unter Ford zum ersten Mal besucht hatte.
Rumsfeld hätte keinen erfahreneren Führer als Andrews finden können. Der gesellige Mann war in Spartanburg, South Carolina, geboren und hatte 1960 an der University of Florida einen Abschluss in Chemotechnik gemacht. Bei der Army war er aufgrund eines ROTC -Stipendiums gelandet, für das er nur zwei Jahre die Uniform hätte tragen müssen. Stattdessen verpflichtete er sich 1963 bei den Green Berets und geriet damit in die Welt der Spezialeinsätze und Geheimdienste, in der er fünf Jahrzehnte bleiben sollte. Im Jahr 1964 ging er als junger Captain der Special Forces nach Vietnam zum ersten von zwei Einsätzen bei einer verdeckt operierenden paramilitärischen Einheit, die mit Sabotage, Attentaten und schwarzer Propaganda einen geheimen Krieg gegen Nordvietnam führte. Die Gruppe mit der unverdächtigen Bezeichnung Military Assistance Command, Vietnam – Studies and Observation Group ( MACV - SOG ), führte die größten und kompliziertesten Geheimoperationen durch, die die Vereinigten Staaten seit den Tagen des OSS unternommen hatten.
Nach seiner Rückkehr aus Vietnam schrieb Andrews das Buch The Village War über die gewaltigen Geheimdienstnetze, die die Kommunisten Anfang der 1960er-Jahre in südvietnamesischen Dörfern aufgebaut hatten und die sie nutzten, um während des Kriegs die südvietnamesischen und amerikanischen Streitkräfte auszumanövrieren. Das Buch stützte sich fast ausschließlich auf Verhörprotokolle gefangener Soldaten der Nordvietnamesischen Armee und des Vietcong sowie auf die Berichte nordvietnamesischer Deserteure. Es wurde bei der CIA viel gelesen, und 1975 , unmittelbar nach dem Fall Saigons, bekam Andrews das Angebot, in Langley als Chef eines Teams zu arbeiten, das die geheime CIA -Analyse Vietnams auf den neusten Stand brachte.
»Hauptsächlich ging es um die Suche nach nachrichtendienstlichen Fehlern«, erinnerte sich Andrews, der zu der Erkenntnis gelangt, dass die Probleme der Amerikaner in Vietnam genauso viel mit ihrer radikalen Unkenntnis der Kultur und Psychologie der Vietnamesen wie mit konkreten militärischen Patzern zu tun hatten. Er blieb fünf Jahre lang bei der CIA , bevor er eine Stelle in der Rüstungsindustrie annahm und eine Reihe von Spionage- und Agententhrillern schrieb, darunter The Towers . Dieses Buch handelt von einem ehemaligen CIA -Agenten, der verzweifelt versucht, eine terroristische Verschwörung in den USA auffliegen zu lassen. Auf seinem Cover ist ein Bild des World Trade Centers zu sehen.
Andrews war vierundsechzig, als er 2001 in das Pentagon zurückkehrte, und er saß am 25. September neben Rumsfeld, als General Charles Holland, der Chef des U.S. Special Operations Command ( SOCOM ), den Verteidigungsminister erstmals darüber informierte, wie das Militär Krieg gegen al-Qaida führen würde. Rumsfeld hatte Holland befohlen, einen Plan für einen weltweiten Feldzug gegen das Terrornetzwerk jenseits der Qaida-Festung in Afghanistan zu machen, und als Rumsfeld seine Berater um den Konferenztisch versammelte, rechnete er mit der Aussage, dass dies
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