Killing Business. Der geheime Krieg der CIA (German Edition)
andere Juristen später die Maßnahmen der Präsidenten George W. Bush und Barack Obama rechtfertigen sollten. Terroristische Gruppen planten Anschläge auf amerikanische Staatsbürger, argumentierten die Anwälte – ihre Mitglieder zu töten war somit Selbstverteidigung und nicht Mord.
Doch die Zustimmung der Juristen bedeutet noch keine Garantie dafür, dass auch die Politik bestimmte tödliche Operationen absegnet. In den ersten Jahren des Counterterrorist Center besaß das Weiße Haus kaum noch das politische Kapital, um den Kongress zu überzeugen, dass es notwendig war, heimlich Terroristen zu töten. Die Ermittlungen im Iran-Contra-Skandal hatten die Falken in der Reagan-Regierung viel Energie gekostet und Leuten wie dem Nationalen Sicherheitsberater Colin Powell und Außenminister George Shultz, die sich scharf gegen weitere Abenteuer in Übersee wandten, mehr Gewicht verschafft. Es habe der Mumm für einen weiteren Kampf gefehlt, erinnerte sich Fred Turco, damals Dewey Clarridges Stellvertreter am CTC und später sein Nachfolger. »Reagan konnte nichts mehr bewegen.«
Ross Newland hatte für die Verheerungen, die der Iran-Contra-Skandal im operativen Dienst der CIA angerichtet hatte, nur noch Zynismus übrig. Aber im Gegensatz zu seinen Vorgesetzten war er nicht in die Affäre verwickelt gewesen und wurde sogar befördert, als er aus den Dschungeln Mittelamerikas zurückkehrte. Er und mehrere andere Agenten seiner Generation erhielten Posten als Stationschefs in Osteuropa – Stellen, auf denen sie die Operationen des Geheimdiensts in verschiedenen Satellitenstaaten der Sowjetunion leiteten. Newland wurde mit Anfang dreißig der jüngste Stationschef in der Geschichte der für Osteuropa und die Sowjetunion zuständigen CIA -Abteilung. Im Jahr 1988 sah man das bei der CIA nicht als großes Risiko an.
»Sie schickten uns dahin, weil sie ziemlich sicher waren, dass dort nichts passieren würde«, sagte Newland. »Aber lieber Mann, da lagen sie verdammt falsch.«
Innerhalb eines Jahres war die Berliner Mauer gefallen und die Revolution hatte sich in ganz Osteuropa ausgebreitet. Als höchster Vertreter der CIA in Rumänien hatte Newland die Aufgabe, die Regierung Bush über den Zusammenbruch des Regimes von Nicolae Ceau ş escu auf dem Laufenden zu halten. Dieser floh in der Woche vor Weihnachten 1989 , als die Massen auf die Straßen strömten, mit seiner Frau Elena aus Bukarest. Am ersten Weihnachtsfeiertag befand sich das Ehepaar im Gewahrsam rumänischer Fallschirmspringer, und Newland versuchte die Offiziere der Einheit davon zu überzeugen, die beiden nicht hinzurichten, ohne sie wenigstens auf irgendeine Art vor Gericht zu stellen. Zumindest hatten seine Vorgesetzten in Langley ihm aufgetragen, in diesem Sinne auf die rumänischen Soldaten einzuwirken. »Also zwangen wir sie, einen Prozess zu machen, und der dauerte vielleicht zwanzig Minuten«, berichtete er. Als diese Formalität erledigt war, suchte der Zugführer drei Freiwillige für ein Erschießungskommando. Doch als der rumänische Diktator und seine Frau mit auf den Rücken gefesselten Händen an die Wand gestellt wurden, eröffnete der ganze Zug das Feuer.
Mit dem Ende des Kalten Kriegs existierte der Gründungsauftrag der CIA nicht mehr. Der Kampf gegen die Ausbreitung des Kommunismus war der Leitstern des Geheimdiensts gewesen und hatte jahrzehntelang als Rechtfertigung für breit gefächerte Einsätze in Lateinamerika, dem Nahen Osten und Europa gedient. Die Haushaltskürzungen bei Pentagon und CIA in den 1990er-Jahren trafen den operativen Geheimdienst der CIA besonders hart: Stationen wurden geschlossen und die Zahl der Führungsoffiziere radikal zusammengestrichen. Insgesamt wurden die Ausgaben für die Nachrichtenbeschaffung durch menschliche Quellen im Laufe des Jahrzehnts um 22 Prozent gekürzt. Bill Clinton, der erste Babyboomer, der US -Präsident wurde, hatte einst gegen den Vietnamkrieg demonstriert und stand der CIA naturgemäß misstrauisch gegenüber. Er widmete seinen Geheimdienstchefs während seiner Regierung kaum Zeit. Laut R. James Woolsey jr., Clintons erstem CIA -Direktor, schenkte der Präsident Geheimdienstangelegenheiten nur wenig Aufmerksamkeit und traf sich nur einmal im Jahr mit seinem obersten Geheimdienstler. »Wir hatten offen gesagt nur wenig Zugang«, berichtete Woolsey. Nachdem er die CIA verlassen hatte, sagte er im Scherz, der Mann, der im September 1994 mit einer gestohlenen Cessna auf dem South Lawn
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