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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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aufgesprungen, doch ehe sie irgendetwas unternehmen konnte, vertrat Gerlinde ihr bereits den Weg.
    Endlich wurde Carols Keuchen wieder zu einem regelmäßigen Atemholen, und ihre gereizte Kehle fühlte sich nicht mehr ganz so wund an. »Genug!«, hörte sie Morianna sagen.
    Carol machte, dass sie zurück auf ihren Teppich kam. Ihr Gesicht und Mund waren von Andrés Blut verschmiert, sie zitterte unkontrolliert am ganzen Körper.
    Was sie getan hatte, verschlug ihr die Sprache, umso mehr, als sie wusste, dass es jetzt kein Zurück mehr gab.
    Wie sie so auf ihrem Teppich saß, schossen ihr Erinnerungsfetzen durch den Kopf. »Blut von meinem Blut, Fleisch von meinem Fleisch!« - »Denn das Blut ist das Leben!« Sie hatte keine Ahnung, wessen Blut durch Andrés Adern floss, wessen Blut sie gerade getrunken hatte. In groben Umrissen begann sie zu begreifen, wie ernst dieses Blutritual war, und darum auch die Verbindung, die sich zwischen ihr und André anbahnte. Überdies ließ dieses Band sich wohl nicht mehr so ohne Weiteres auflösen.
    Als die Sonne aufging, verließ die Gruppe den Raum. Rene, die in einer Tour redete, wurde ins Gästezimmer gebracht, wo sie vermutlich bis zum nächsten Abend unter Verschluss bewahrt wurde.
    Carol und André stiegen gemeinsam ins Untergeschoss hinab. Schweigend legten sie sich ins Bett, getrennt, darauf bedacht, einander im Dunkeln nicht zu berühren.
    Die erste Nacht war vorüber; abgesehen von dem einen kurzen Schock schien ja alles ganz gut zu laufen. Soweit sie es zu sagen vermochte, hatte André keinerlei Schwierigkeiten, sich unter Kontrolle zu halten. Und wenn es irgendwie schwierig wurde, unterstützte die Gruppe sie beide. Carol fing an, sich bei der Sache eigentlich ganz gut zu fühlen, und freute sich schon beinahe auf den morgigen Abend.
    Doch mit einem Mal zerschnitt eine eiskalte Stimme das Dunkel: »Wenn du noch einmal zögerst...«

32
    Carol wurde wach, als André das Licht anknipste. Langsam schlug sie die Augen auf. Über ihr schwebte eine starre
Maske mit steingrauen Augen. Sein kalter Blick jagte ihr im ersten Moment Angst ein, bis sie schließlich wieder ganz bei sich war.
    So verändert er aussah, so anders fühlte auch sie sich. Ihr ganzer Körper bebte vor Sinnlichkeit. Sie vermochte nicht zu sagen, ob dies nun vom Bluttrinken oder sonst woher kam - vielleicht bildete sie es sich ja auch lediglich ein -, aber sie verspürte eine Zuversicht, wie sie sie schon gar nicht mehr kannte. Und so, wie André heute Abend aussah, zumal noch, da sie mit ihm allein war, brauchte sie alle Zuversicht, die sie aufbringen konnte.
    Wortlos verließen sie gemeinsam das Zimmer. Auf dem Absatz zum zweiten Stock bedeutete Jeanette ihr abermals, ins Gästezimmer zu kommen.
    Rene saß, auf einen Arm gestützt, auf dem Bett, diesmal am Fußende. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, die etwas zu sehr glänzten, und wirkte leicht verwirrt.
    »Ist alles in Ordnung mit Ihnen?«, wollte Carol wissen.
    »Nichts, wogegen ein Drink nicht helfen würde!«
    Die anderen sagten nichts darauf.
    »Warum gebt ihr ihr denn nichts?«
    »Mhmh, Kleines. Sie hat ihre Grenze schon überschritten.«
    »Hör zu, ich glaube, sie hat ein Alkoholproblem ...«
    »Du machst wohl Scherze! Das Zeug strömt ihr wie giftiger Dampf aus den Poren.«
    »Sie ist daran gewöhnt, sie braucht es, um ihren Tag zu bewältigen. Vielleicht können wir...«
    »Ich und ein Alkoholproblem?«, lachte Rene. »Sagen Sie, Carol, was für einen Abschluss haben Sie denn, um eine solche Diagnose zu stellen?« Ihre Hand glitt vom Bett, und sie fiel auf die Seite.
    Carol hatte Rene noch nie so gesehen und fühlte sich, um der Wahrheit die Ehre zu geben, in ebendem Maße, in dem Rene die Kontrolle verlor, selbst als Herrin der Lage.
    »Ich bin hergekommen, um Ihre Vampire kennen zu lernen«, sagte Rene, indem sie sich aufrichtete, »und das habe ich auch. Und ich muss sagen, sie sind eine Enttäuschung!«
    Carol blickte sich um. Überall begegnete sie dem gleichen Gesichtsausdruck. Es war klar, dass Rene für sie alle ein Problem darstellte.
    »Julien ist früher aufgewacht«, sagte Gerlinde. »Als die Sonne unterging, traf er sie stockbesoffen an.« Sie schraubte den Deckel von dem silbernen Flachmann und drehte ihn um. »Leer.«
    »Er ist wundervoll«, schwärmte Rene. »Genau wie Sie ihn beschrieben haben, Carol. So voller Leben, aus einer ganz anderen Zeit. Er kennt mein tiefstes Inneres, das

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