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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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ein womöglich noch längeres Paar Zähne als Gerlinde. Carol bekam es mit der Angst zu tun. Sie wissen, dass André sie nicht mehr alle hat, wurde ihr nun klar, und sind genauso verrückt wie er. Ihr kam der grässliche Gedanke, dass sie in die Fänge einer jener absonderlichen Sekten geraten war, die bei ihren Kulthandlungen Menschenopfer darbrachten, und sie konnte sich nur zu gut vorstellen, wozu sie wohl ausersehen war. Doch sie schob den Gedanken beiseite, und ihr Zorn gewann die  Oberhand. Unfähig, sich zu beherrschen, platzte sie heraus: »Und was  machst du hinterher, Mädchen? Etwa kleine Kinder fressen?«
    Gerlinde hörte auf zu lachen und bedachte Carol mit einem breiten Grinsen, ehe sie aus der Diele verschwand. »Komm, Karl, machen wir’s uns gemütlich. Gleich können wir ihr sowieso beim Stöhnen zuhören!«
    Sie waren kaum gegangen, da packte André Carol direkt über dem Ellenbogen am Arm und führte sie zur Treppe. Sie war barfuß und hatte sich die Beine völlig zerschrammt. Die Wunde an ihrem rechten Fuß schien ernst. Hoffentlich, dachte sie, versaue ich ihnen mit meinem Blut den ganzen Teppich!
    Oben angekommen, gingen sie gleich ins erste Zimmer zur Rechten. Eigentlich waren es anderthalb Zimmer. Im kleineren Teil des Raumes standen ein dunkelgrünes Sofa und ein Mahagoni-Tischchen und vor dem Kamin ein Stuhl aus Rosenholz. Den größeren Teil nahmen eine Kirschholz-Kommode und ein ebensolcher Schrank, ein Toilettentisch aus Messing mit einer Glasplatte und ein antikes Bett mit einem Messinggestell ein. Über Letzterem hing ein riesiges abstraktes Ölgemälde in gedämpften Farben. Alles war in Grün- und Rosatönen gehalten, bis auf den Teppich, der ins Bläuliche ging. An einer Seite befand sich ein Badezimmer.
    Abgesehen von der Tür, durch die sie eingetreten waren, gab es noch eine weitere, ein Wandschrank, wie sie annahm. Es blieben die Fenster als Fluchtweg, aber sie ließen sich nicht öffnen. Blieb das Fenster im Bad, sofern es eines hatte, von ihrem Standpunkt aus konnte sie es nämlich nicht sehen. An der Decke zogen sich mehrere Rauchmelder und die Leitungen einer Sprinkleranlage entlang, so als habe hier jemand eine Heidenangst vor einem Feuer.
    »Hier wirst du in den nächsten zwei Wochen wohnen«, wies André sie an. »Deinen Tagesablauf wirst du an mich anpassen müssen - geschlafen wird tagsüber, und nachts sind wir wach. Eine Bedienstete wird dir das Essen bringen. Die Mahlzeiten werden ebenfalls nicht zu den üblichen Zeiten eingenommen. Und versuche lieber nicht, dieses Zimmer zu verlassen. Es ist ohnehin unmöglich. Die Fenster sind aus Kunststoff - einschlagen kannst du sie nicht -, und jede Tür nach draußen wird abgeschlossen. Alles ist an die Alarmanlage angeschlossen, und den Schlüssel zu diesem Zimmer habe ich.«
    »Und was, wenn dir etwas passieren sollte?«
    »Das hättest du wohl gern!«, sagte er knurrend.
    Er ging zum Kamin. »Weißt du, wie man Feuer macht?«
    »Ja.«
    »Gut! Dann machst du jetzt eins! Und von nun an wirst du das jeden Abend tun, bevor ich komme.«
    Carol trat an den Kamin und fragte sich, in was sie hier nur hineingeraten war. Die Angst drohte sie zu überwältigen, und sie musste all ihre Willenskraft aufbieten, um sich abzulenken und aufs Feuermachen zu konzentrieren. Sie öffnete die Glastüren und sah nach, ob der Abzug offen war. Dann zerknüllte sie ein paar Zeitungsseiten, legte sie auf den Rost und häufte das Holz darüber. Direkt neben dem Kamin befanden sich die Gerätschaften, die sie brauchte - ein Blasebalg, eine Ofenschaufel und der Schürhaken.
    Als sie fand, dass es genug sei, fragte sie: »Hast du vielleicht Streichhölzer oder soll ich lieber mit zwei Steinen Funken schlagen?«
    Er nahm eine Schachtel langer Streichhölzer vom Kaminsims und reichte sie ihr mit den Worten: »Du hast eine ganz schön spitze Zunge; aber genauso bin ich ja auch. Ich glaube, wir werden gut miteinander auskommen.«
    Sie entzündete das kleine Häufchen, und als es brannte, legte sie zwei kleinere Scheite auf und schob sie mit dem Schürhaken in die gewünschte Position. Ein Feuer anzuzünden war gar keine so schlechte Idee. Wenn der Feuermelder losging, würde die Feuerwehr anrücken, und die Sprinkleranlage würde sie - hoffentlich - davor bewahren, zu verbrennen. Sie könnte die Tür niederbrennen und dann...
    »Du solltest noch nicht einmal daran denken, ein Feuer zu legen. Dieses Haus

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