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Kind der Nacht

Kind der Nacht

Titel: Kind der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Kilpatrick
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unbewegt vor ihr. Aus einem bestimmten  Blickwinkel konnte sie die Garage sehen. André und ein Mann in  Chauffeursuniform gingen hinein, gleich darauf fuhr die silbergraue  Limousine heraus. Anschließend sah sie, wie Gerlinde, Karl und die  ältere Frau in einem kleinen grünen Sportwagen wegfuhren. Es war  keiner mehr da, die ideale Gelegenheit, um zu fliehen.
    Sie nahm einen Stuhl und schleuderte ihn gegen das Fenster. Er  prallte davon ab, als handle es sich bei dem Glas um Gummi. Sie  probierte es ein zweites Mal. Nichts. Ein halbes Dutzend weiterer  Versuche belehrten sie darüber, dass ihre Kraft nicht ausreichte,  dieses Fenster einzuschlagen. Alles, was sie davon hatte, war ein  abgebrochenes Stuhlbein.
    Als Nächstes versuche sie, das Türschloss aufzubrechen. Sie bog  sich die Zinken einer Gabel zurecht und hantierte damit am Schloss  herum; da sie aber eigentlich keine Ahnung davon hatte, klappte es  natürlich nicht.
    Sie spielte mit dem Gedanken, Feuer an die Tür zu legen und sie  niederzubrennen, doch irgendetwas sagte ihr, dass André sie hinsicht lich der Sprinkleranlage nicht belogen hatte. Außerdem lief sie dabei  Gefahr, sich selbst einzuäschern.
    Die Stunden vergingen, doch er kam nicht zurück. Als die Standuhr  im Erdgeschoss neun schlug, warf sie einen prüfenden Blick auf ihre  Armbanduhr. Es wurde zehn, dann elf. Allmählich wurde sie nervös,  das Warten zerrte an ihren Nerven. Unruhig ging sie auf und ab.  Schon vor geraumer Zeit hatte sie Feuer gemacht, und so langsam  wurden die Scheite knapp.
    Carol ertappte sich dabei, dass sie sich auf seine Rückkehr freute. Ich muss doch wahnsinnig sein, sagte sie sich, ihn wiedersehen zu wollen! Allein der Gedanke an den Sex, den sie letzte Nacht gehabt hatten, jagte ihr einen Schauer über den Körper. Warum auch nicht? Ihre wildesten Fantasien waren Wirklichkeit geworden. Sie war eingesperrt, eine Gefangene, zwei Wochen lang ihrem wohlhabenden französischen Liebhaber ausgeliefert. So übel ist er doch gar nicht, dachte sie, auch wenn er sich für einen Vampir hält. Es gab weitaus Schlimmeres, als hin und wieder mal ein bisschen Blut zu trinken. Im Theater hatte sie jede Menge Leute kennen gelernt, die sich alles Mögliche einbildeten; ein paar verdienten sogar ihren Lebensunterhalt damit. Und der alte Mann hatte wahrscheinlich tatsächlich einen Herzschlag erlitten. Außerdem, dachte sie lächelnd, bleibt mir ja keine andere Wahl. Immerhin war es ihr ein wenig peinlich, einen solchen Gedanken auch nur zu denken. Insgeheim jedoch hegte sie die wilde Hoffnung, sich hier auf eine Art gehen lassen zu können, die sie weder mit Rob noch mit den beiden anderen Männern, mit denen sie vor ihm geschlafen hatte, je erlebt hatte.
    Allerdings reichte auch keiner von ihnen an André heran. Er benahm sich so direkt, beinahe wie ein Tier, dass sie nicht anders konnte, als ihren ganzen Körper zu spüren. Es war so erregend und verwirrend zugleich. Die anderen waren zwar ganz nett gewesen, aber nicht unbedingt das, was man leidenschaftlich nennt. Bei Rob hatte Sex vor allen Dingen in dem bestanden, was ihm gefiel, und das hieß in der Hauptsache Oralverkehr, es sei denn, sie insistierte auf etwas anderem. Damals hatte sie eine vage Enttäuschung empfunden, und irgendwie war es ihr vorgekommen, als fehle etwas und als könne sie eigentlich mehr erwarten. Jetzt dagegen bereute sie, dass sie jemals mit ihm geschlafen hatte. Ich habe nichts zu verlieren, dachte sie. Aber vielleicht etwas zu gewinnen.
    Sobald ihr Rob in den Sinn kam, dachte sie unweigerlich an den Virus. Sie musste Andrö sagen, dass er eventuell Gefahr lief, sich anzustecken. Ganz gleich, wer er war oder was er auch tat, es war ihm gegenüber einfach nicht fair. Heute Abend würde sie unter allen Umständen das Gespräch darauf bringen, damit er sich schützen konnte.
    Als die Uhr im Erdgeschoss Mitternacht schlug, hörte sie, wie sich ein Schlüssel im Schloss drehte. Sie sprang auf und kam sich dabei ziemlich töricht vor, denn ihr war klar, dass sie übers ganze Gesicht strahlte.
    André trat ins Zimmer und verriegelte sofort wieder die Tür und legte die Kette vor. Er starrte sie an, und der Ausdruck auf seinem Gesicht ließ ihr Lächeln ersterben.
    Mit großen Schritten durchmaß er den Raum und riss ihr das Handtuch vom Leib. »Ich habe dir doch gesagt, du sollst nackt bleiben! Nennst du das etwa Gehorsam?«
    Sie wollte ihm sagen,

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