Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert
weil sie den Interessen und Neigungen von Jungen in diesem Lebensabschnitt besonders nahe kommen und sie damit ihre männliche Rolle zum Ausdruck bringen können. Die Spiele bedienen sich dabei der Technikbegeisterung von Jungen durch die Verwendung moderner Waffengattungen oder Tabubrüche (z. B. Splatterspiele). Jugendliche können damit demonstrieren, dass sie ein „richtig harter Kerl“ sind, dem so was nichts ausmacht. Eine weitere Faszination besteht für Jugendliche darin, eigene Machtphantasien auszuleben und sich durchzusetzen.
Bei den „Ballerspielen“ dreht sich alles um die Vernichtung eines virtuellen Gegners. Die Motive, sie zu spielen, sind verschieden: die Bandbreite reicht von der Freude, monströse Waffengattungen auszuprobieren, bis zum Glücksgefühl, als siegreicher Terminator aus der Schlacht hervorgegangen zu sein.
Entwicklungspsychologisch sind „Ballerspiele“ eng mit der Inszenierung von Männlichkeit verbunden, ein Prozess, der für Jungen in der Pubertät zur Identitätsfindung beiträgt. Im Computerspiel können sie zeigen, was in ihnen steckt, wie sie im Einzelkampf den blutrünstigen Gegner taktisch und kämpferisch besiegen, ihn töten. Der Mehrspielermodus ist besonders beliebt, wird doch damit das Spiel zum Gemeinschaftserlebnis, und Siege stärken die Anerkennung in der Gruppe.
„Ballerspiele“ sind simpel aufgebaut, während die Programmierung teilweise sehr aufwändig ist. Bezüge zur Wirklichkeit sollen den Spieler besonders motivieren, genauso wie die konsequente Ich-Perspektive, die durch den Erfolgsdruck, um Leben und Tod zu kämpfen, weiter angeheizt wird.
Forschungen gehen davon aus, dass Computerspiele eher eine verstärkende Funktion einnehmen, als der eigentliche Verursacher zu sein.
Zu glauben, von den „Ballerspielen“ ginge keine Gefahr aus, wäre nicht nur realitätsfremd, sondern widerspräche auch dem aktuellen Forschungsstand. Die Schwierigkeit in der Forschung besteht darin, genau zu lokalisieren, wann genau das Spielen dieser Computerspiele „gefährlich“ wird.
Einen Amoklauf ausschließlich auf den Konsum von „Ballerspielen“ zurückzuführen ist zu kurz gedacht und vereinfacht die menschliche Psyche unzulässig. Hier spielen noch viele andere Faktoren eine Rolle. Unbedenklich sind sie dennoch keineswegs. Ihr Spielprinzip lautet: Zeige kein Mitgefühl für den Gegner. Erlaubt ist es, den Gegnern Schmerzen zuzufügen und sie zu töten.
Computerspieler lehren (zumindest indirekt), dass Gefühle und Empathie in der virtuellen Welt nicht vorkommen dürfen.
Jugendliche, die intensiv „Ego-Shooter“ spielen, sind im realen Leben nicht unbedingt gewalttätiger als andere Menschen. Die Schwierigkeiten liegen in der möglichen Gleichgültigkeit und der Gefühllosigkeit, mit der im virtuellen Spiel Menschen getötet werden, und die auf diese Weise trainiert werden können. Die amerikanischen Streitkräfte nutzen schon seit längerer Zeit diesen Spieltyp zum Training der Soldaten. Nicht etwa um die Gewaltbereitschaft der Soldaten zu erhöhen, sondern um das Mitgefühl gegenüber dem Gegner abzumildern.
„Ego-Shooter“ sind ein jungenspezifisches Problem. Jungen sind es, die in der Mehrzahl dieses Genre intensiv spielen. Die „Killerspiele“ zu verbieten löst das eigentliche Problem nicht. Notwendig sind medienpädagogische Projekte, um die Motive der Jugendlichen zu erfahren, warum sie die Spiele spielen, und mit ihnen das eigene Verhalten zu reflektieren. Auch Eltern benötigen hier weitere Unterstützung. Für sie ist es nicht einfach zu unterscheiden, ob das richtige Maß bei den Computerspielen bereits überschritten ist.
Eines ist auch klar: Eltern, die glauben sie können mit der Medienerziehung erst im Jugendalter beginnen, werden damit scheitern. Jugendliche wollen gesehen werden, sie wollen zeigen, was sie können, sie wollen selbständig Entscheidungen treffen.
Exhibitionismus, Sex und Horror – Gibt es noch Tabus?
Medienkompetenz ist wichtig, keine Frage, doch was kann sie leisten, wenn das Internet voll von Voyeuren ist, wenn Millionen Seiten nicht anderes bieten als Pornografie? Wenn die Eltern wüssten, was sich im Netz so alles tummelt, nicht wenige würden in Sorge den Computer aus dem Kinderzimmer verbannen. Die Tatsachen sind schnell berichtet: Es genügt schon, bei Google bestimmte Begriffe einzugeben, und schon ist man mittendrin in der Pornografie. Die Anbieter locken die Minderjährigen mit kostenlosen Trailern als
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