Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert
das dürfte für viele eine Horrorvorstellung sein. Dennoch ist dieser Vorschlag ernst gemeint, denn wie sollen Eltern ihre Kinder im Mediendschungel begleiten, wenn sie nicht über die notwendigen technischen und inhaltlichen Kompetenzen verfügen, nach denen sie Medien beurteilen können? Das bedeutet unter Umständen: Computerspiele spielen, in Foren posten oder einen Weblog mit Inhalt bestücken.
Wie das Gehirn Medienbilder verarbeitet
Was passiert eigentlich im Gehirn, wenn Kinder Sex und Crime (Verbrechen) im Fernsehen sehen? Oder anders gefragt: Sind Kinder den Medien ungeschützt ausgeliefert?
Neurologen haben in den vergangenen Jahren viele Untersuchungen durchgeführt, um diese Fragen zu beantworten. Die Ergebnisse sind zwar nicht so eindeutig, wie man vermuten möchte, und die Hirnforschung steht bei vielen Fragen noch am Anfang. Dennoch sind die Ergebnisse teilweise überraschend. Gesichert scheint: Kinder entwickeln Vorlieben und Präferenzen für bestimmte Medien, sind aktiv bei der Medienaneignung beteiligt und filtern die Medieninhalte mit der Folge, dass man nicht über die Häufigkeit der Mediennutzung gleich auf eine bereits feststehende Wirkung schließen kann.
Medienwirkungen gibt es, nur wirken die Medienbilder und Medieninhalte sehr unterschiedlich, so wie das bei Umwelteinflüssen eben auch der Fall ist.
Die Forschung ist sich einig: Die Medienrezeption verläuft individuell.
Jedes Kind nimmt Medienbilder unterschiedlich wahr und deutet diese auf verschiedene Weise. So müssen Fernsehbilder zunächst von den Kindern wahrgenommen, bewertet und schließlich verarbeitet werden, wobei dieser Prozess durch verschiedene Einflüsse mit gesteuert wird. Da spielt das Alter der Kinder eine Rolle, die eigene Lebensbiografie, bestimmte Lebensumstände, die kognitive Reife, das soziale Milieu oder die kulturelle Verortung.
Das Gehirn nimmt – einfach gesprochen – die Medienbilder nicht wie in einem Trichter ungefiltert auf, sondern viele andere Erfahrungen und Eindrücke kommen hinzu und verwässern die Medienerlebnisse. Ob ein Film oder eine Serie das Kind anrühren, hängt eben auch davon ab, ob es einen Realitätsbezug gibt und welche Lebenserfahrungen das Kind damit verbindet. Das erklärt auch, warum gleiche oder ähnliche Fernsehbilder in unterschiedlicher Weise auf gleichaltrige Kinder wirken können.
Der Einfluss der Bilder auf den Zuschauer wird damit enorm relativiert, weil die Bilder von Kindern und Erwachsenen verschieden aufgenommen werden. Würden wir nämlich die auf uns einwirkenden Bilder nicht filtern können, würde unser Gehirn angesichts der Bilderfülle sprichwörtlich überlaufen. Nur Bilder, die eine Relevanz haben, können sich im Gehirn festsetzen und werden dauerhaft abgespeichert.
Werden die Bilder allein im Kinderzimmer gesehen, verläuft der Aneignungsprozess deutlich anders als beim gemeinsamen Gruppenerlebnis. Erheblichen Einfluss darauf, ob und wie Medienbilder angeeignet werden, üben medienbezogene Interessen aus. Untersuchungen zeigen, dass bereits Kinder im Vorschulalter Interessen ausprägen. Zwar sind diese Interessen bei Kindern leichter von außen beeinflussbar als bei Jugendlichen und Erwachsenen, sie haben jedoch eine wichtige Bedeutung bei der Selektion von Bildern.
Sämtliche Nervenzellen sind bei der Geburt des Kindes vorhanden, die Synapsen wachsen und verknüpfen sich, wobei sich eine Nervenzelle mit bis zu eintausend anderen verbinden kann; diese werden mit zunehmendem Alter durch Sinneswahrnehmungen und eigene Gedanken weiter angeregt. Verknüpfungen, die brachliegen, entwickeln sich zurück. Dieser Vorgang hält bis ins Erwachsenenalter an. Für das Lernen bedeutet dies, dass die Lern- und Lebenserfahrungen möglichst ganzheitlich ausgerichtet sein sollten. Je mehr Areale im Gehirn angesprochen werden, desto besser und differenzierter können sich die Verknüpfungen ausbilden und bieten die besten Voraussetzungen für Intelligenz, Sozialkompetenz oder Kreativität.
Erfahrungen, die alle Sinnesbereiche ansprechen, sind für die gesunde Entwicklung des Kindes notwendig. Der Besuch eines Zoos ist unter diesen Bedingungen förderlicher als etwa ein Fernsehbeitrag über einen Zoo. Im Zoo sehen Kinder die Tiere nicht nur, sie können das Pony anfassen, riechen den Geruch des Stachelschweins, hören das Brüllen eines Löwen oder beobachten, wie die Affenkinder klettern. Diese Sinneseindrücke kann uns ein Film in dieser Komplexität nicht
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