Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert
Auch wenn diese Programmformate nur ein bestimmtes Publikum erreichen, für die Sender sind sie preisgünstig zu produzieren und binden Zuschauer. Warum also sollte ein Sender dieses Format nicht ausbauen?
Die Verantwortlichen in Radio und Fernsehen beobachten sehr genau ihre Kunden und entwickeln ein Programmschema, das für diese passt. Die Tagesschau wird immer um 20 Uhr gesendet. Kinder, Jugendliche und Eltern wissen genau, zu welcher Uhrzeit ihr Programm am Tag gesendet wird. Dieses Programmschema strukturiert zu einem nicht unerheblichen Teil den Alltag von Familien und wird von Kindesbeinen gelernt. Samstagabend die Familienshow und Sonntagabend der Krimi.
Und wenn die Eltern bereits mit ihren Kleinkindern fernsehen, warum sollten die Fernsehmacher nicht ein Programm für die Jüngsten anbieten? Das wäre ja allemal besser als gar kein Kinderprogramm, vor dem Fernseher werden sie ja sowieso geparkt.
Erzieher und Pädagogen mögen darüber den Kopf schütteln. Sicher gibt es Eltern, die den Medienkonsum ihrer Kinder kontrollieren, auf Elternabenden präsent sind, sie sind jedoch nur ein Teil der Gesellschaft. Radio und Fernsehen sind Massenmedien, sprechen ein Millionenpublikum an, da sitzen die bürgerlichen Familien nicht in der ersten Reihe und die Auswirkungen der „Medienverwahrlosung“ sind bereits deutlich erkennbar.
Wie wirkt sich nun Fernsehkonsum in der frühen Entwicklung aus? Untersuchungen zeigten, dass die Entwicklung der Sprachkompetenz von Kindern im Alter von null bis drei Jahren, die ausgiebig fernsehen, leidet. Tests brachten hervor, dass diese Kinder deutlich mehr Fehler in der Zuordnung von Wort und Bild machten. Auffallend waren besonders die nicht unerheblichen Fehlleistungen im flexiblen Umgang mit der Sprache.
Kinder mit hohem Fernsehkonsum sind in der eigenen Sprachentwicklung gehemmt und verfügen über deutlich weniger Begriffsstrukturen als Kinder, die kaum bis gar nicht fernsehen. Frühkindliche Fernsehformate (z. B. Teletubbies ) wirken dem nicht entgegen, sie verstärken diesen Effekt eher noch, weil den Eltern suggeriert wird, Fernsehen sei für die Jüngsten entwicklungsfördernd.
Anders sieht die Forschungslage bei Kindern im Alter von drei bis fünf Jahren aus: hier können auch positive Effekte bei der Sprachentwicklung nachgewiesen werden (wie Die Sendung mit der Maus oder Sesamstraße zeigen, die sich an diese Altersgruppe richten).
Im Alter von drei Jahren ist die Sprachkompetenz in gewissen Grundzügen erworben. Die Aneignung ist noch stark von Bildern geprägt, Vorschulkinder lassen sich daher auch leicht von Bildern täuschen (z. B. Werbung) und können (noch) nicht mehrere Aspekte einer Situation reflektieren.
Pädagogisch didaktische Kindersendungen (z. B. Löwenzahn ) führen Kinder an Problemlösungen heran. Auch hierzu gibt es eine Reihe von Untersuchungen, die belegen, dass diese Sendungen zweifelsohne positiv dazu beitragen, Problemlösungen zu erkennen.
Unstrittig ist, dass die Fettleibigkeit bei Kindern in Deutschland zunimmt, die Gründe liegen in falscher und ungesunder Ernährung und zu wenig Bewegung. Manfred Spitzer sieht dies im Medienkonsum begründet, weil die Kinder mehr Zeit mit Bildschirmmedien verbringen und damit weniger Zeit für Sport haben.
Allerdings: Übergewichtige Kinder verbringen nicht mehr Zeit vor dem Fernseher als Kinder mit einem durchschnittlichen Gewicht.
Die These „Fernsehkonsum führt zu Fettleibigkeit“ ist damit in Frage gestellt, allerdings fördert der Fernsehkonsum nun nicht eine gesunde Ernährung und reichlich Bewegung.
Auch die These von einer „verdummenden Gesellschaft“ ist wissenschaftlich so nicht haltbar. Die Frage ist nach wie vor offen: Verdummen wir, weil unser Fernsehkonsum zu hoch ist oder ist es unsere „Dummheit“, die zum erhöhten Fernsehkonsum führt?
Zustimmen wird man den Medienkritikern in jedem Fall, dass exzessiver Medienkonsum für Kinder schädlich sein kann. Auch wenn die Forschungslage bisher noch keine befriedigende Antwort auf eine Kausalität zwischen Medien und Fettleibigkeit oder Dummheit hergibt, bedeutet das nicht, dass es keine Medienwirkungen gibt. Tatsache ist nämlich auch, dass es Kinder und Jugendliche gibt, die zunehmend verwahrlosen, die den Medienwelten nicht entrinnen können. Die Folgen eines ausufernden Medienkonsums gibt es, und Marcel Reich-Ranicki hat Recht, dass es Fernsehformate gibt, die kritisch zu hinterfragen sind.
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