Kinder, Computer und Co - Familie ist lebenswert
Erfolg einmalig ist, alle weiteren Versuche scheitern, an diese große Leistung anzuknüpfen? Aus der Kino- und Fernsehgeschichte gibt es viele Beispiele von Schauspielern, die als Kind brillierten und als Erwachsene nie wieder an ihre großen Erfolge anknüpfen konnten (zum Beispiel Macaulay Culkin in Kevin allein zu Haus ).
Junge Menschen und frische Gesichter sind eben auch Quotenbringer. Das Fernsehen ist kommerzialisiert und braucht die jungen Schönen – die Talentierten ebenso wie die Hässlichen und Versager.
Weil es ein erfolgreiches Geschäftsmodell ist, wird fleißig weiter inszeniert. Der Gewinn zählt und nicht der Jugendschutz. Letzterer passt zwar auf, dass Kinder und Jugendliche nicht unter die Räder kommen, doch das ist leichter gesagt als getan.
Richtig unappetitlich wird es beim Dschungelcamp , das in der Altersklasse der Jugendlichen von 14 bis 19 Jahren sehr beliebt ist. Angebliche Promis werden in den Dschungel nach Australien geflogen, wo sie Prüfungen ablegen. Weil der Status „Star“ immer weniger zieht, werden die Prüfungen immer ekliger. Wenn Kandidaten mit Kakerlaken überschüttet werden, bekommt der Begriff „Ekel-TV“ seinen eigentlichen Sinn. Die Quote macht’s möglich, die Werbeeinnahmen sprudeln kräftig. Da gibt es kaum Gründe, das Format nicht weiter auszubauen.
Dass damit der Voyeurismus salonfähig, quasi selbstverständlich akzeptiert wird, spielt keine große Rolle. Welche Vorbilder werden hier wohl Kindern und Jugendlichen angeboten? Die Massen stimmen darüber ab, welche Sendungen top sind oder abgesetzt werden.
Die Fernsehzuschauer entscheiden, ob das Fernsehen immer seichter wird, wir immer mehr „verblöden“ oder ob Qualität siegt. In Teilen tobt hier ein Kulturkampf. Wo sind die Grenzen des guten Geschmacks? Was dürfen wir den Kindern zumuten? Wovor müssen wir die Jugend schützen? Bei hunderten von Fernsehprogrammen und der Dauerberieselung bedürfen diese Fragen einer Antwort.
Nehmen wir nochmals Heidi Klum und ihre Castingshow Germany’s Next Topmodel. Welches Mädchenbild liegt der Sendung wohl zu Grunde, welche Ideale vermittelt das Format? Nur die Besten kommen durch und Leistung bis zur Selbstaufgabe zählt. Womit wir bei der Elite und Ellbogengesellschaft angekommen wären. Diese Botschaft unserer Zeit lautet vereinfacht ausgedrückt: Beste Leistungen in der Schule bringen, Englisch und Französisch fließend, mehrere Auslandspraktika und ein globales Netzwerk von Kontakten. Die Wirklichkeit der Jugendlichen sieht meistens jedoch anders aus, und so sehen viele Jugendliche ihre Berufsaussichten und die Zukunft durchwachsen. Nicht von ungefähr spricht die Shell Studie 2006 von der „Generation unter Druck“. Der Leistungsdruck wird durch die Castingshows nicht nur angetrieben, sondern als erstrebenswertes Ziel proklamiert. Doch was passiert mit all jenen, die diesem Erfolgsdruck – aus welchen Gründen auch immer – nicht standhalten, die eben nie zu den Schönsten und Besten gehören werden? Was bleibt für diese Kinder und Jugendliche?
Verweilen wir noch mal kurz bei Dieter Bohlens DSDS. Die Qualität der künstlerischen Beiträge ist – wie nicht anders zu erwarten – sehr verschieden und ist Teil des Programmformats. Damit bekommt Dieter Bohlen seine Bühne, um die Darbietungen der Künstler zu kommentieren, wobei es häufig Beleidigungen sind, welche die Kandidaten teilweise zutiefst verletzen. Die Frage, ob diese Beleidigungen überhaupt gerechtfertigt sind, wird nicht gestellt, sondern kommentarlos entgegengenommen. Da guckt der Kandidat auf den großen Meister, der alles weiß und vor allem immer recht hat.
Jugendliche, die einem solchen Modell hinterherlaufen, werden es schwer haben, eine eigene Persönlichkeit zu entwickeln. Dabei suchen Jugendliche ihren Platz im Leben, lechzen nach Vorbildern, die ihnen zeigen, wie gelingendes Leben sein kann. Jugendliche bei DSDS müssen brav sein. Und wenn es ihnen auf Schulhöfen ähnlich wie bei Bohlen ergeht, können sie sich dann überhaupt dagegen wehren? Könnte die Botschaft vielleicht so lauten: Durch Dieter Bohlen wird uns vorgemacht, wie Kritik heute geäußert werden muss, und der Kandidat hat gefälligst seinen Mund zu halten?
Da klingt es wie aus fernen Zeiten, wenn es heißt: Jedes Kind ist einzigartig, individuell und wertvoll. Das passt nicht in die Philosophie der Castingshows, die wollen ja Stars kreieren.
„Ausschalten gilt nicht“ – die
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