Kinder der Apokalypse
soll. Er wird Hilfe brauchen. Er braucht einen Beschützer.«
Logan seufzte. »Und das bin dann wohl ich?«
»Wer immer diesem Kind hilft, wird Angriffe von allen Seiten erfahren. Die Dämonen werden nichts unversucht lassen, um das Kind zu töten, damit es seine Aufgabe nicht erfüllen kann. Ich kenne keinen, der besser geeignet wäre als du, das zu verhindern. Die Herrin hat ihre Wahl getroffen, und ich denke, es ist eine gute Wahl.«
Die Eule schrie leise, diesmal näher. Früher waren die Sylvane auf Eulen geritten, erinnerte Logan sich. Sechs Zoll große Feen mit langem Leben und winzigen Körpern aus Stöcken und Moos. Ihre Aufgabe hatte darin bestanden, sich um Bäume und Pflanzen zu kümmern. Er hatte niemals einen Sylvan gesehen. Waren sie wirklich alle weg?
»Was macht dieses Kind so wichtig? Was soll es tun?«
Two Bears beugte sich vor und stützte die Ellbogen auf die gekreuzten Beine. Sein kupferfarbenes Gesicht war in Schatten gehüllt. »Es wird die Menschheit retten, Logan.«
»Das ist ein schwieriges Unterfangen.« Er hoffte, dass Two Bears ihm seinen Unglauben nicht ansah. »Wie soll es das anfangen?«
Der Sinnissippi dachte für einen Moment über seine Antwort nach. »Ich habe dir doch schon gesagt, dass der Aufstieg aus dem Abgrund lange und schwierig sein wird. Was ich dir noch nicht sagte ist, dass nur wenige diesen Aufstieg überhaupt versuchen würden. Viele werden dabei umkommen. Die Dämonen haben ihren Krieg gegen die alte Welt gewonnen, und kein Maß an Wiedergutmachung wird mehr etwas daran ändern. Das Böse hat den Kern der Zivilisation durchdrungen. Ein Feuer naht, riesig und alles verzehrend. Wenn es entzündet ist, werden auch noch die letzten Reste der Menschheit verschwinden. Es wird plötzlich und ziemlich bald geschehen.«
»Klingt biblisch.« Logan verlagerte das Gewicht. »Du willst mir also sagen, dass es den Dämonen gelungen ist, sich Nuklearwaffen zu verschaffen, und dass sie sie nutzen werden? In großem Maßstab?«
Die schwarzen Augen glitzerten aus dem Schatten der wulstigen Brauen hervor. »Die Dämonen interessieren sich nicht dafür, ob diese Waffen unterschiedslos alles vernichten. Schlecht oder gut, es wird keine Rolle spielen. Auch die meisten Dämonen werden umkommen.«
»Dieser Teil klingt ziemlich gut. Aber der Morph, sagst du, kann das alles irgendwie verhindern?«
»Niemand kann es verhindern. Nichts kann es mehr aufhalten. Aber der Morph hat die Möglichkeit, diese Katastrophe zu überleben, er kann die Zerstörung verwandeln und es einer Handvoll Bewohner der Welt gestatten, neu anzufangen.«
»Wie wird er das anstellen?«
Der Sinnissippi wiegte sich träge vor und zurück. »Indem er eine Tür zu einem sicheren Ort öffnet.«
»Für ein paar Auserwählte?«
»Für ein paar Männer, Frauen und Kinder, die ihren Weg zu dir finden werden.«
»Die letzten Reste der Menschheit.«
»Einige werden Menschen sein. Einige werden keine Menschen sein.«
Logan zögerte, als er das hörte, aber er beschloss, dem Gedanken nicht weiter zu folgen. »Wo wird das Kind diese Tür finden?«
»Das Kind wird es wissen.«
Logan war frustriert. Es schien ihm nichts klarer geworden zu sein. »Ich habe mit dieser Sache ein Problem. Wenn du das Kind nicht finden kannst, wie soll es mir dann gelingen? Ich habe nicht die Fähigkeit dazu.«
»Du wirst sie nicht brauchen. Du wirst die Hilfe seiner Mutter haben.« Er stand auf. »Komm, Logan, wir gehen weiter.«
Der Indianer führte ihn zwischen den Bäumen hindurch und vorbei an den Grabmalen zu den Überresten eines Drahtzauns, die schon lange verrostet waren und nur noch aus zerfallenen Pfosten und verdrehten Enden bestanden. Logan folgte ihm schweigend, wobei er sich ununterbrochen umsah. Er war nicht überzeugt, dass sie so sicher waren, wie der Hüne offenbar dachte. Er hatte zu viele Jahre damit verbracht, auf der Hut zu sein, um noch glauben zu können, dass es irgendwo wirklich Sicherheit gab. Die Gewohnheiten dieses Lebens ließen sich nicht so leicht beiseiteschieben.
Auf der anderen Seite des Zauns lag der Friedhof. Reihen von Grabsteinen in unterschiedlichen Stadien des Verfalls standen zwischen dichtem Unkraut. Einige waren schon umgefallen, viele auch das Opfer von sinnlosem Vandalismus geworden, ihre Inschriften so bearbeitet, dass man sie nicht mehr lesen konnte. Logan wusste nicht, wie Friedhöfe aussehen sollten. Niemand benutzte noch welche, schon seit seiner Geburt und länger nicht mehr. Aber
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