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Kinder Des Nebels

Kinder Des Nebels

Titel: Kinder Des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brandon Sanderson
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rhythmischen Kadenzen seiner Stimme. Schließlich hörte er zu sprechen auf, neigte den Kopf und schloss die Augen.
    »Was war das?«, fragte Vin, als er wieder aufschaute.
    »Ein Gebet«, erklärte Sazed. »Ein Totenlied der Cazzi. Es soll die Geister der Toten erwecken und sie aus dem Fleisch herauslocken, damit sie zum Berg der Seelen zurückkehren können.« Er warf ihr einen raschen Blick zu. »Ich kann Euch einiges über diese Religion beibringen, wenn Ihr es wünscht, Herrin. Die Cazzi waren ein interessantes Volk - sehr vertraut mit dem Tod.«
    Vin schüttelte den Kopf. »Bitte nicht jetzt. Du hast ihr Gebet gesprochen. Ist das die Religion, an die du glaubst?«
    »Ich glaube an sie alle.«
    Vin runzelte die Stirn. »Widersprechen sie sich nicht?«
    Sazed lächelte. »Ja, das tun sie oft. Aber ich respektiere die Wahrheit hinter ihnen allen - und ich glaube, dass man sich an alle erinnern muss.«
    »Wie entscheidest du denn, welches Gebet du sprichst?«, wollte Vin wissen.
    »Das Gebet vorhin erschien mir einfach ... angemessen«, antwortete Sazed gelassen und betrachtete die Szenerie des verschatteten Todes.
    »Kell«, rief Docksohn aus dem hinteren Teil des Zimmers. »Komm her und sieh dir das an.«
    Kelsier begab sich zu ihm, und Vin folgte ihm. Docksohn stand in der Tür zu dem langen, korridorähnlichen Zimmer, das als Schlafsaal gedient hatte. Vin steckte den Kopf hinein und erwartete, ein Bild ähnlich dem im Hauptraum vorzufinden. Doch hier befand sich nur ein einziger Leichnam, der an einen Stuhl gefesselt war. In dem schwachen Licht erkannte sie, dass man ihm die Augen ausgestochen hatte.
    Kelsier stand lange schweigend vor diesem Anblick, dann sagte er: »Das ist der Mann, dem ich das Kommando über die Bande gegeben hatte.«
    »Milev«, sagte Vin und nickte. »Was ist mit ihm passiert?«
    »Er wurde ganz langsam getötet«, sagte Kelsier. »Sieh dir das viele Blut auf dem Boden an und die Art, wie seine Glieder gekrümmt sind. Er hatte viel Zeit zu schreien und sich zu winden.«
    »Folter«, sagte Docksohn und nickte.
    Vin spürte, wie Kälte sie durchströmte. Sie schaute auf zu Kelsier.
    »Sollen wir unser Quartier verlegen?«, fragte Hamm.
    Langsam schüttelte Kelsier den Kopf. »Als Keuler hierhergekommen ist, hat er eine Verkleidung getragen und sein Humpeln versteckt. Es ist seine Aufgabe als Raucher, dafür zu sorgen, dass man ihn nicht einfach finden kann, indem man auf der Straße nach ihm fragt. Keiner der Männer aus dieser Bande kann uns verraten haben. Wir sollten noch sicher sein.«
    Niemand sprach das Offensichtliche aus.
Der Inquisitor hätte gar nicht in der Lage sein dürfen, diesen Unterschlupf zu finden.
    Kelsier trat zurück in den Hauptraum, zog Docksohn beiseite und redete leise mit ihm. Vin ging näher an die beiden heran und versuchte sie zu belauschen, doch Sazed hielt sie davon ab, indem er ihr eine Hand auf die Schulter legte.
    »Herrin Vin«, sagte er missbilligend, »wenn Meister Kelsier wollte, dass wir hören, was er sagt, würde er dann nicht mit lauterer Stimme sprechen?«
    Vin warf dem Terriser einen bösen Blick zu. Dann berührte sie ihre innere Kraft und verbrannte Zinn.
    Der plötzlich auftretende Blutgeruch überwältigte sie beinahe. Sie hörte Sazeds Atem. Es war nicht länger dunkel im Raum. Das strahlende Licht aus den beiden Laternen erfüllte ihre Augen mit Tränen. Sie bemerkte die stickige Luft.
    Und sie hörte sehr deutlich Kelsiers Stimme.
    »... habe ihn mehrere Male überprüft, wie du befohlen hast. Du findest ihn drei Straßen westlich der Vierquellenkreuzung.«
    Kelsier nickte. »Hamm«, sagte er so laut, dass Vin zusammenzuckte. Sazed sah sie missbilligend an.
    Er weiß etwas über Allomantie,
dachte Vin, als sie die Miene des Mannes betrachtete.
Er hat erraten, was ich gerade getan habe.
    »Ja, Kell?«, fragte Hamm, der aus dem Hinterzimmer hervorspähte.
    »Bring die anderen zurück zum Laden«, sagte Kelsier. »Und sei vorsichtig.«
    »Natürlich«, versprach Hamm.
    Vin sah Kelsier an und ließ dann wiederstrebend zu, dass sie zusammen mit Sazed und Docksohn aus dem Zimmer geführt wurde.
    *
    Ich hätte die Kutsche nehmen sollen,
dachte Kelsier, der von seinem langsamen Fortkommen frustriert war.
    Es reizte ihn, Stahl zu verbrennen und auf sein Ziel zuzuspringen. Doch leider war es sehr schwierig, unauffällig zu bleiben, wenn man im hellen Licht des Tages durch die Stadt flog.
    Kelsier richtete seinen Hut und marschierte weiter. Ein

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