Kinder Des Nebels
beobachtet mich; etwas sorgt sich um mich. Dieses friedvolle Flüstern erzählt mir von einer Wahrheit, die ich so gern glauben möchte.
Falls ich versagen sollte, wird ein anderer kommen, der mein Werk vollendet.
Epilog
D er einzige Schluss, den ich zu ziehen vermag, Meister Marsch«, sagte Sazed, »besteht darin, dass der Oberste Herrscher sowohl ein Ferrochemiker als auch ein Allomant war.«
Vin runzelte die Stirn. Sie saß auf einem verlassenen Gebäude am Rande eines Skaa-Elendsquartiers. Ihr gebrochenes Bein - das von Sazed sorgfältig geschient worden war - hing über dem Rand des Daches in der Luft.
Sie hatte den größten Teil des Tages verschlafen, genau wie Marsch, der nun neben ihr stand. Sazed hatte dem Rest der Mannschaft die Botschaft von Vins Sieg überbracht. Anscheinend hatte es unter den anderen keine größeren Verluste gegeben, wofür Vin sehr dankbar war. Sie war aber noch nicht zu ihnen gegangen. Sazed hatte ihnen mitgeteilt, sie brauche Ruhe, und nun war die Bande damit beschäftigt, Elants neue Regierung zu bilden.
»Ein Ferrochemiker und Allomant«, wiederholte Marsch nachdenklich. Er hatte sich wirklich rasch erholt. Während Vin noch an ihren Prellungen, Schnitten und Abschürfungen aus dem Kampf litt, schienen seine gebrochenen Rippen bereits verheilt zu sein. Er bückte sich, stützte sich mit einer Hand auf dem Knie ab und betrachtete mit seinen Stahlstäben anstelle von menschlichen Augen die Stadt.
Wie kann er etwas sehen?,
fragte sich Vin.
»Ja, Meister Marsch«, erklärte Sazed. »Wisst Ihr, die Jugend ist eines der Dinge, die ein Ferrochemiker speichern kann. Für gewöhnlich ist es ein recht sinnloser Prozess, denn um die Möglichkeit zu erlangen, nur ein einziges Jahr jünger auszusehen und sich auch so zu fühlen, muss man einen Teil des Lebens damit verbringen, ein Jahr älter auszusehen und sich so zu fühlen. Oft nutzen die Bewahrer diese Fähigkeit als Verkleidung und täuschen andere damit. Doch darüber hinaus hat sie keine große Bedeutung.
Wenn aber der Ferrochemiker auch Allomant ist, könnte er in der Lage sein, seine eigenen gespeicherten Metallvorräte zu verbrennen und damit die in ihnen liegende Energie zu verzehnfachen. Herrin Vin hat schon früher versucht, meine Metalle zu verbrennen, aber sie kam nicht an diese heran. Wenn man aber in der Lage ist, selbst Metalle zu speichern, kann man durch ihr Verbrennen zusätzliche Kraft schöpfen.«
Marsch zog die Stirn kraus. »Ich kann dir nicht folgen, Sazed.«
»Dafür bitte ich um Entschuldigung«, sagte Sazed. »Vermutlich ist es nur sehr schwer zu verstehen, wenn man nicht in allomantischer und ferrochemischer Theorie versiert ist. Ich hoffe, ich kann es Euch noch besser erklären. Was ist der Hauptunterschied zwischen Allomantie und Ferrochemie?«
»Die Allomantie bezieht ihre Kraft aus den Metallen«, antwortete Marsch. »Und die Ferrochemie zieht ihre Kraft aus dem eigenen Körper.«
»Genau«, stimmte Sazed ihm zu. »Daher vermute ich, dass der Oberste Herrscher diese beiden Fähigkeiten miteinander verbunden hat. Er hat eine der Möglichkeiten, die in der Ferrochemie liegen - nämlich die Veränderung des eigenen Alters - benutzt und sie mithilfe der Allomantie verstärkt. Indem er den ferrochemischen Vorrat verbrannte, den er selbst geschaffen hatte, erschuf er ein neues allomantisches Metall für sich selbst - eines, das ihn jünger machte, wenn er es verbrannte. Wenn meine Annahme richtig ist, dann muss er einen unerschöpflichen Vorrat an Jugend gehabt haben, denn er zog den größten Teil der Kraft aus dem Metall und nicht aus seinem eigenen Körper. Er musste bloß manchmal eine gewisse Zeit in hohem Alter verbringen, damit er wieder ferrochemische Vorräte anlegen konnte, die er dann verbrennen konnte, um jung zu bleiben.«
»Also wurde er durch diese Vorräte sogar noch jünger, als er zu dem Zeitpunkt war, als er damit angefangen hat?«, fragte Marsch.
»Ich vermute, er hat diesen Überschuss an Jugend wiederum auf ferrochemische Weise gespeichert«, antwortete Sazed. »Die Allomantie ist für gewöhnlich sehr spektakulär; ihre Macht zeigt sich in regelrechten Ausbrüchen. Der Oberste Herrscher brauchte diese Jugend nicht vollständig zu einem bestimmten Zeitpunkt, also hat er sie in einem Metallstück gespeichert, das er langsam aussaugen konnte. So blieb er beständig in jugendlichem Alter.«
»Die Armreifen?«
»Ja, Meister Marsch. Allerdings ist die Ferrochemie sehr
Weitere Kostenlose Bücher