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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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weit, aber er genügte seinen Feenaugen. Grauen kroch ihm das Rückgrat entlang.
    Unter ihm erstreckten sich Morgen um Morgen Ruinen. Averorn war groß und ganz und gar aus Stein erbaut gewesen. Das meiste war zu formlosen Massen im Schlamm zusammengestürzt. Aber hier stand ein Turm wie ein letzter Raffzahn im Kiefer eines Toten, da ein nur teilweise zerfallener Tempel, anmutige Säulengänge um einen Gott, der hinter seinem Altar saß und blind in die Ewigkeit starrte; weiter hinten lag das gewaltige Wrack einer Burg, geisterhaft leuchtende Fische als Wachtposten auf ihren Befestigungen; auf diesem Weg mußte es zum Hafen gehen. Gekennzeichnet war er durch Hügel, die verschüttete Piere und Stadtmauern waren, und immer noch war er gedrängt voll von Galionen. Dort stand ein Haus ohne Dach, und darin versuchte das Skelett eines Mannes für immer, die Skelette einer Frau und eines Kindes zu schützen. Überall und überall waren aufgeplatzte Gewölbe und Lagerhäuser, und Gold und Edelsteine glitzerten vom (;runde des Meeres nach oben.
    Und in ihrer Mitte lagerte der Krake. Acht seiner dunkelschimmernden Arme streckte er nach den Ecken der achteckigen Plaza aus, die sein Mosaikbild trug. Die beiden übrigen Arme, die längsten, zweimal so lang wie die
Herning,
waren an der Nordseite um eine Säule geschlungen. Sie trug an ihrer Spitze eine Scheibe mit dem Triskelion des Gottes, den er erobert hatte. Sein schrecklicher, mit Finnen versehener Kopf hing darüber. Tauno konnte eben noch den krummen Schnabel und ein schwarzes, lidloses Auge erkennen.
    Der Sohn Vanimens öffnete die Blende und begann, in der Lichtlosigkeit aufzusteigen. Ein Pulsieren lief durch den Ozean und drang ihm bis in die Knochen. Es war, als bebe die Welt. Er warf einen Strahl nach unten. Der Krake bewegte sich. Tauno hatte ihn geweckt.
    Tauno biß die Zähne zusammen. Wild grub er Hände und Füße in das eisige, dicke Wasser. Den Schmerz, den der Druckunterschied ihm beim zu hastigen Aufsteigen bereitete, ließ er unbeachtet. Mit den Sinnen des Seevolks erkannte er, in welcher Richtung er sich bewegte. Es grollte unter ihm. Der Krake hatte sich gestreckt und gegähnt; ein Portikus war zu Stücken zerschmettert worden.
    Am Rand des Tageslichts hielt Tauno an. Er ließ sich treiben und blinkte mit seiner Laterne. Ein riesiger Schatten schwoll am Meeresgrund auf.
    Nun mußte er, bis Kennin und Eyjan eintrafen, am Leben bleiben – und er mußte das Ungeheuer so beschäftigen, daß es an Ort und Stelle blieb.
    In der Mitte des sich erhebenden Körpers, der einer Gewitterwolke glich, sah er boshafte Augen schimmern. Der Schnabel schnappte. Ein Arm entrollte sich in Taunos Richtung. Er besaß Saugnäpfe, die einem Wal das Fleisch von den Rippen reißen konnten. Zielsicher strebte der Arm auf ihn zu, eine Windung nach der anderen. Tauno stach sein Messer bis zum Heft hinein. Als er die Klinge zurückzog, rauschte Blut hervor, und es schmeckte wie starker Essig. Der Arm peitschte ihn, und er rollte davon und überschlug sich. Es schmerzte, und sein Kop drehte sich.
    Ein zweiter Arm und noch einer faßten nach ihm. Benommen fragte er sich, wer er denn sei, daß er mit einem Gott kämpfen wollte. Irgend wie brachte er die Harpune los. Bevor er fest in dem zermalmende Griff hing, schwamm er, so schnell er konnte, nach unten. Vielleich gelang es ihm, dem Kraken die Harpune ins Maul zu stechen.
    Ein grauenhafter Schrei ließ ihm die Sinne schwinden.
    Eine Minute später kam er wieder zu sich. Seine Stirn tat weh, in seinen Ohren dröhnte es. Rings um ihn war das Wasser wild geworden. Eyjan und Kennin waren neben ihm und hielten ihn aufrecht. Er blickte nach unten und sah einen verschwommenen, schrumpfenden Tintenfleck. Der Krake kreischte und schlug um sich, während er sank.
    »Sie nur, sieh!« jubelte Kennin. Er wies mit dem Licht seiner eigenen Laterne in die Tiefe. Der blasse Strahl durchdrang Blut, Tinte und Schaum und zeigte den Kraken in seiner Qual.
    Bruder und Schwester hatten ihre Waffe über ihn gezogen. Sie hatten sie von dem Floß losgeschnitten. Der Speer hatte, mit einer Tonne Felsgestein hinter sich, den Körper des Kraken durchbohrt.
    »Bist du verletzt?« fragte Eyjan. Ihre Stimme schwankte durch den Aufruhr. »Mein Lieber, mein Lieber, kannst du dich bewegen?«
    »Ich muß wohl«, brummte Tauno. Er schüttelte den Kopf, und das schien den Nebel ein wenig zu vertreiben.
    Der Krake sank zurück in die Stadt, die er gemordet hatte. Die

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