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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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auf. Als er sich den drei Geschwistern und einem kräftigen Jungen gegenübersah, konnte er nicht anders, als zuzustimmen, wenn auch sehr mürrisch, daß Oluv Ovesen an seinem Tod selbst schuld war. Ingeborg half, indem sie alle erinnerte, dadurch werde die Beute in weniger Teile gehen. Eine Art von Waffenstillstand wurde zusammengeflickt. Oluvs Leichnam ging über Bord. Man hatte ihm einen Stein aus dem Ballast an die Knöchel gebunden, damit er seinen Schiffsgefährten kein Unglück bringe, indem er wieder auftauchte und sie ansah.
     
    Danach sprachen Ranild und seine Männer kein unnötiges Wort mehr mit den Kindern des Wassermanns – und auch mit Niels nicht, der bei seinen Freunden schlief, um kein Messer in die Nieren zu bekommen. In dieser Enge konnte der Junge nichts anderes mehr tun, als Eyjan still zu verehren. Sie lächelte und streichelte ihm die Wange, aber geistesabwesend. Ihre Gedanken waren anderswo, und oft war es auch ihr Körper.
    Ingeborg suchte Tauno vorne im Bug auf und warnte ihn, die Mannschaft habe nicht die Absicht, diejenigen, die sie haßten, noch viele lage am Leben zu lassen, nachdem das Gold an Bord war. Sie brachte die Männer zum Sprechen, indem sie vorgab, das Liri-Volk zu verabscheuen. Freundschaft habe sie mit ihnen im gleichen Sinn geschlossen, wie man ein Hermelin seines Pelzes wegen in eine Falle lockt.
    »Deine Mitteilung ist keine Überraschung«, meinte Tauno. »Wir werden den ganzen Weg nach Hause beobachten und wachsam sein.« Er betrachtete sie. »Wie dünn du geworden bist.«
    »Leichter war es unter den Fischern«, seufzte sie.
    Er nahm ihr Kinn in seine Handfläche. »Wenn wir heil und gesund zurückkommen, wirst du alle Freiheit der Welt haben. Tun wir es nicht, hast du Frieden.«
    »Oder die Hölle«, sagte sie müde. »Doch ich bin weder für die Freiheit noch für den Frieden mitgekommen. Von nun an bleiben wir am besten auseinander, Tauno, damit sie nicht denken, wir seien ein Herz und eine Seele.«
    Was Eyjan und ebenso ihre Brüder beschäftigt hielt, war die Suche nach dem untergegangenen Averorn. Das Seevolk wußte immer, wo es war, aber die Halbblutkinder wußten nicht, wo genau ihr Ziel innerhalb von zwei- oder dreihundert Seemeilen lag. Sie schwammen hinaus und fragten vorbeiziehende Delphine – nicht auf Menschenart, denn diese Wesen benutzten keine Sprache, aber das Seevolk hat Mittel, Hilfe von Geschöpfen zu erhalten, die sie als ihre Vettern ansehen.
    Und sie erhielten tatsächlich Hinweise, die immer genauer wurden, je näher das Schiff herankam. Ja, ein böser Ort sei es, sagte Fischgreifer, eine Krakenhöhle, ah, bleibt ihr ja fern ... es stimmt, daß die Kraken wie andere kaltblütige Tiere lange Zeit ohne Nahrung auskommen können, doch dieser eine muß nach den Jahrhunderten, in denen er nichts gehabt hat als hin und wieder einen Wal, der sich hierher verirrte, nach Futter gieren ... er bleibt da, sagte Glattflosse, weil er immer noch glaubt, es sei sein Averorn, er hockt auf den versunkenen Schätzen und Türmen und den Gebeinen, die ihn einmal verehrt haben ... er ist gewachsen, habe ich gehört, und jetzt reichen seine Arme vom einen zum anderen Ende des in Trümmern liegenden Hauptplatzes ... nun ja, der alten Zeiten wegen werden wir euch hinführen, sagte Gischtbug, aber erst bei abnehmendem Mond, denn dann legt er sich schlafen, doch er kann sehr schnell aufwachen ... nein, mehr können wir nicht tun, nein, wir haben viele geliebte Kinder, an die wir denken müssen ...
    Auf diese Weise erreichte die
Herning
endlich die Stelle im Ozean, unter der sich das versunkene Averorn befand.
     

8
    Die Delphine machten sie eilends davon. Die Morgensonne ließ Regenbogen auf den Flossen ihrer grauen Rücken aufleuchten, ihre Bewegungen zogen eine Schaumspur durchs Wasser. Tauno war überzeugt, sie würden sich nicht weiter zurückziehen als bis dahin, wo sie sicher waren, denn diese Rasse ist von unbezähmbarer Neugier und Schwatzhaftigkeit.
    Er hatte einen Kurs bestimmt, der die Kogge früh am Morgen an diesen Ort brachte, damit sie für ihre Arbeit das Licht eines ganzen Tages hatten. Jetzt hatte sie beigedreht, und der Rumpf mit seinen breiten Spanten schaukelte kaum. Denn es war ein ruhiger Tag mit so gut wie keinem Wind und einem beinahe wolkenlosen Himmel. Kleine, glucksende Wellen liefen heran, mit nur wenig Schaum auf ihren Rücken. Tauno sah hinab und sann darüber nach – sein ganzes Leben lang war er dessen nicht müde geworden – , wie

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