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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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konnte es wissen?
    In diesen Gegenden gab es viel Schiffsverkehr und Fischerei. Trotzdem sollte ein Häuflein zusätzlicher Siedler reichlich Nahrung finden. Die Küste war zerklüftet und oft dicht bewaldet, reich an Inseln. Sicher fand sich irgendwo ein Platz für Neu-Liri.
    Vanimens Puls hämmerte. Er zwang sich zur Geduld, stellte Frage auf Frage. Die Delphine konnten ihm mehr oder weniger beschreiben, wie die Menschen aussahen, die sie beobachtet hatten, wie sie sich kleideten, welche Arten von sakralen oder magischen Gegenständen sie bei sich hatten. (Viele waren auf dem Meer umgekommen; die Delphine halfen Schwimmern gelegentlich, das Land zu erreichen, und studierten die Ertrunkenen immer voller Interesse.) Es war schwierig, die Berichte zu verstehen. Diese Geschöpfe dachten nicht wie er, ja, sie sahen nicht einmal genauso wie er. Nach und nach setzte Vanimen sich ein Bild zusammen. Nützlicher waren ihm die Mitteilungen der Delphine darüber, was die Sterblichen
sprachen.
Sie hatten ein scharfes und umfangreiches Hörvermögen und ein Gedächtnis für alles, was sie vernommen hatten, wie kein anderes Lebewesen.
    Vanimen verglich das, was er von ihnen erfuhr, mit dem, was er durch seine Reisen oder Menschen, die er gekannt hatte, wußte. Ein paar der letzteren – seit Jahrzehnten oder Jahrhunderten zu Staub verfallen – waren gebildet gewesen, darauf bedacht, sowohl zu lernen als auch zu lehren, bereit, ihn für das zu nehmen, was er war, wenn die Sache nur nicht bekannt wurde ... König Svein Estridsen, Bischof Absalon ...
    Diese Meeresküste jenseits von Italien wurde Dalmatien genannt. Heutzutage war es Bestandteil eines Reiches, das Hrvatska oder auf Latein Croatia hieß. Seine Bewohner waren mit den Russen verwandt, doch katholischen Glaubens. Die Delphine hatten nichts davon gehört, daß Wesen ähnlich den nördlichen Rousalkai unter ihnen hausten. Mehr konnte Vanimen nicht in Erfahrung bringen.
    Vielleicht war das, was dort auf sie wartete, die letzte Erfüllung eines Fluchs. Vielleicht aber auch nicht. Und hatte das Seevolk noch viel zur Wahl?
     

2
    Der Sturm überholte die Kogge
Herning
auf ihrer Rückfahrt nach Dänemark. Auch bisher schon war es eine schwierige Reise unter ungünstigem Wind gewesen. Die Kogge konnte vorsichtig lavieren, aber es bedeutete ständige Arbeit an Segeln und Brassen und Ruder, damit das Schiff nicht vom Kurs abkam oder, noch schlimmer, außer Kontrolle geriet. Dann sprang urplötzlich der Wind um, und die Arbeit mußte immer wieder und wieder getan werden, bei Tag und Nacht.
    Ingeborg konnte nur kochen und einen Haushalt führen, eine Arbeit, die schwer genug war. Eyjan besaß die Kraft, Wache zu stehen und an den Tauen und der Ruderpinne zu helfen. Sie brachte frischen Fisch an Bord, wobei ihr mehrere Delphine halfen, die aus Neugier in der Nähe blieben; sie besorgte die Navigation auf Meerfrauenweise. Hauptsächlich hing die Bedienung des unterbemannten Fahrzeugs von Taunos Muskeln ab. Jetzt bedauerte er, daß keiner aus der ursprünglichen Mannschaft verschont geblieben war, so gefährlich sich dies unterwegs und bei der Heimkunft auch hätte erweisen können. Er hätte es nie geschafft, wäre er der einzige Matrose gewesen. Er brauchte Niels' geringere Kräfte wie auch den guten Rat des Jungen.
    Nicht etwa, daß Niels auch nur soviel Erfahrung gehabt hätte wie ein Fischerssohn seines Alters. Er hatte vor dieser Fahrt nur ein paar kurze Reisen mitgemacht. Aber er lernte schnell, er fragte gern, er träumte davon, eine Heuer auf einem besseren Schiff und vielleicht, vielleicht in ferner Zukunft, wenn Gott es wollte, ein eigenes Kommando zu bekommen. Was ihm seine Schiffskameraden nicht erklären konnten oder wollten, erfuhr er von anderen Männern, wenn sie im Hafen waren. Bei seiner freundlichen Art antworteten sie ihm gern. In dieser gefährlichen Lage nun beobachtete er schärfer als je zuvor, und auch dadurch lernte er, und zwar schnell.
    So wurde er – zu beschäftigt, um es selbst zu merken – zum Kapitän. Wenn ihm überhaupt noch ein Gedanke übrigblieb, bevor er in den viel zu kurzen Schlaf fiel, den er sich gönnte, dann war es der an Eyjan. Sie lächelte ihm stets freundlich zu. Ein paarmal umarmte oder küßte sie ihn schnell, wenn etwas gutgegangen war, und dann stieg seine Seele auf Möwenschwingen zur Sonne empor. Aber miteinander geschlafen hatten sie nicht mehr – es war kaum Zeit dazu, und wahrscheinlich waren die Kinder des Wassermanns so

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