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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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sogar besser, wenn der verfluchte Hagel mich nicht sticht.«
    Ingeborg nahm eine Hand von der Ruderpinne, um einen Schalltrichter für ihre eigene Stimme zu bilden. »Tauno – wohin ist er gegangen?«
    Das klargeschnittene Gesicht wurde ernst. »Er will die Delphine fragen, ob sie Hilfe für uns finden können.«
    Ingeborg keuchte auf. »Gott sei uns gnädig! Brauchen wir sie so sehr?«
    Eyjan nickte. »Wir sind nahe dem Land. Er und ich haben, wenn wir im Wasser waren, festgestellt, daß das Meer seichter wird. Sein Puls – aye, wir haben die ersten Echos der Brandung aufgefangen. Und es sieht nicht so aus, als lasse der Sturm nach.«
    Ingeborg starrte in die grauen Augen. »Wenigstens wird er, wenn wir Schiffbruch erleiden, am Leben bleiben ...« Es wurde ihr bewußt, daß sie geflüstert hatte.
    Vielleicht erriet Eyjan ihre Worte. »Oh, du Arme, Liebe!« rief sie. »Kann ich dich trösten?«
    Ihre hohe Gestalt trat zwischen die Frau und den Wind. Sie streckte ihre Arme aus. Ingeborg ließ das Ruder los und taumelte an ihre Brust. Eyjan hielt sie aufrecht trotz des Schlingerns und Rollens, Wärme ging von den weichen Brüsten und dem lebendigen Spiel der Muskeln aus. Ingeborg schmiegte sich an sie wie an die Mutter, an die sie sich nur noch halb erinnerte.
    Jetzt war es leichter zu sprechen. »Fürchte nichts, geliebte Freundin«, murmelte Eyjan. »Wenn das Schiff sinken sollte, werden Tauno und ich dich und Niels auf den Rücken nehmen und euch von den Sturzseen fernhalten. Wir werden euch zu einem sicheren Ort am Ufer bringen, und danach holen wir Hilfe von eurer eigenen Rasse.«
    »Aber das Gold wäre verloren.« Ingeborg spürte, wie Eyjans Hände sie fester faßten. »Tauno könnte nie wieder ein anderes Schiff bekommen, nicht wahr? Alles, wofür er dies unternommen und sein Leben aufs Spiel gesetzt hat, alles, was es ihm bedeutet – und er könnte auch sterben. Oder nicht? Eyjan, ich bitte dich, tut es nicht ... ihr beiden ... gefährdet euch nicht für uns ...«
    Agnetes Tochter hielt sie fest umschlungen und murmelte tröstliche Worte, während Ingeborg weinte.
     
    Tauno kam mit der Nachricht zurück, daß die Delphine auf der Suche seien. Sie wußten von einem Geschöpf, das imstande sein mochte, ihnen zu helfen, wenn sie es nur finden konnten. Wenig mehr hatten sie gesagt, weil sie selbst wenig verstanden. Sie waren unsicher, ob das Wesen seinerseits sie verstehen werde oder wolle.
    Das war alles, was Tauno berichtete, denn er war kaum wieder an Deck, als das Fockstag brach. Sein Ende peitschte zurück und sauste einen Zoll von Eyjans Nacken vorbei. Entsetzt rannte Tauno hinterher, faßte es und kämpfte mit ihm, als sei es ein wahnsinniges Tier, und schließlich konnte er es am Mast befestigen. Nun sah er, daß dieser zu splittern begann. Eyjan erhob Einspruch, als er ein neues Stag festmachen wollte. Er konnte auf das Deck hinunterfallen und entweder sofort tot sein oder den langsameren Tod der Verkrüppelung sterben. Wenn er nicht fähig sei, sich einen Augenblick auszuruhen, solle er statt dessen lieber pumpen.
    Die Nacht brach an; die kurze, helle Nacht des nordischen Sommers war grabesschwarz und äonenlang geworden.
    Der Morgen brachte von neuem Dunkelheit. Gischt verschleierte die Welt; windzerrissene Wolken flogen niedrig über ihren Köpfen dahin. Die Wellen waren hoch wie zuvor, aber kürzer, schaumweiß, und sie wurden um so unruhiger, je näher sie den Untiefen und Klippen kamen. Auch mit dem Treibanker sprang die Kogge umher wie ein Mann, der einen Schmiedehammer an die Schläfe bekommen hat.
    Tauno und Eyjan hatten die dunkelsten Stunden oben verbracht und wachten immer noch. Angestrengt hielten sie nach Zeichen von Land Ausschau. Der Sturm hatte endlich auch ihre Kräfte erschöpft. Gegen seine Kälte und Heftigkeit hielten sie einander eng umschlungen. Einmal sprach er seine Gedanken laut aus und fragte, ob er wohl noch Kraft genug habe, das Gesicht eines Sterblichen über Wasser zu halten.
    »Vielleicht können wir es nicht«, erwiderte Eyjan durch das Kreischen und Grollen. »Wenn es zum Schwimmen kommt, nimmst du In geborg, und ich nehme Niels.«
    »Warum?« Tauno war stumpf überrascht. »Er wiegt mehr als sie.«
    »Das macht wenig Unterschied im Wasser, wie du weißt«, sagte sie, »und wenn sie sterben müssen, wird es ihnen so am liebsten sein.«
    Er verfolgte die Frage nicht weiter, und dann vergaßen sie sie beide.
    Eine Gestalt war längsseits aufgetaucht. Immer, wenn die

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