Kinder des Wassermanns
konnten ihre Waffen ihn nicht verwunden. Die Boote kenterten, und tapfere Burschen, die nicht schwimmen konnten, ertranken. Einmal wollten die Leute hier eine Mühle errichten, damit sie mit ihrem Korn nicht bis nach Skradin mußten. Als die Mühle beinahe fertig war, kam der Vodianoi flußaufwärts und wälzte sich im Mühlenteich. So groß war das Entsetzen, daß die Leute zerstörten, was sie erbaut hatten, damit er nur ja in den See zurückkehrte.«
Vanimen zwang sich zu der Frage: »Warum hat ihn kein Priester wie Ihr gebannt?«
»Das wollte das Volk nicht haben. Kirche und Adel halten es für das beste, auf seine Wünsche Rücksicht zu nehmen. Ein Exorzismus würde alle Wesen der Halbwelt aus dieser Gegend vertreiben, und von einigen glaubt man, daß sie Glück bringen. Da ist es noch besser, den See nicht nutzen zu können und manchmal im Urwald von den Leschi einen Schabernack gespielt zu bekommen, als keinen Polevik mehr zu haben, der die Ernte vor Mehltau bewahrt, keinen Domovoi als Hausgeist, der über das Wohl der Bewohner wacht, keine Kikimora, die die Laune anwandeln mag, einer Frau zu helfen, die unter ihrer Arbeitslast zusammenbricht ...« Tomislav seufzte. »Das ist heidnisch, ja, aber harmlos. Es berührt den wahren Glauben der Leute nicht und hilft ihnen, ein Leben zu ertragen, das oft voller Kummer und Sorge ist. Die Bogomils haben überall, wo ihre Sekte die Vorherrschaft hat, mit diesen alten Bräuchen aufgeräumt. Aber die Bogomils sind ohne Freude, sie hassen diese Welt, die Gott für uns so schön gemacht hat.«
Nach einem oder zwei Atemzügen setzte Tomislav beinahe flüsternd hinzu: »Ja, was im Wasser und im wilden Wald spukt, kann auch
schön sein ...«
Vanimen hörte es kaum. Er sprang auf die Füße und hob eine Faust gegen den Abendstern, und die Worte sprudelten aus ihm hervor.
»Aber das ist ja etwas, wobei wir euch helfen können, wir Meerleute! Eine Gelegenheit, unsern guten Willen zu beweisen! Ich selbst will die Gruppe anführen, die das Ungeheuer vertreiben wird!«
2
Es lebte ein Mann in Hadsund, genannt Aksel Hedebo, ein wohlhabender Mann. Er handelte mit Pferden, die ein dänischer Exportartikel waren. Ingeborg hatte oft bei ihm gelegen. Doch es war eine Überraschung, als sie in seinem Geschäft erschien, begleitet von einem geradeaus blickenden jungen Burschen, und um eine vertrauliche Unterredung bat. »Wir möchten Euch um einen Gefallen bitten«, sagte sie, »und um Euer Wohlwollen zu gewinnen, würden wir Euch ein kleines Geschenk machen.«
Sie öffnete die Hand ein wenig, so daß seine Lehrjungen nicht sehen konnten, was sie darin verborgen hielt, und enthüllte einen Fingerring. Das war kein geringes Schmuckstück. Aksel schätzte seinen Wert auf fünf Silbermark. »Dann folgt mir«, erwiderte er mit maskenstarrem Gesicht und führte seine Besucher aus den Arbeitsräumen des Hauses in das Wohnquartier und durch eine Tür, die er schloß.
Das Zimmer dahinter war dunkel getäfelt, mit massiven Möbeln und erstklassigem Glas in den Fenstern ausgestattet. Aksel zog die Vorhänge zu und erzeugte so ein Dämmerlicht, das für Geheimnisse geeignet war. Er nahm den Ring, setzte sich an einen Tisch und untersuchte die merkwürdigen Figuren in dem Gold. »Setzt euch, ihr beiden«, befahl er mehr, als daß er sie einlud.
Sie ließen sich auf Stuhlkanten nieder. Angstvoll ruhte ihr Blick auf ihm. Er war fett, hatte blaue Wangen und einen schweren Mund, und seine reichen Kleider strömten einen stärkeren Geruch nach altem Schweiß aus als üblich war. Nach einer Weile sah er auf. »Wer bist du?« fragte er Niels.
Dieser gab seinen Namen, seinen Geburtsort und seinen Beruf als Seemann an. Die Augen des Kaufmanns durchbohrten ihn. Der Junge war, ebenso wie die Frau, sauber, ordentlich, neu eingekleidet. Aber die Spuren von Sonne, Wind und Mühsal waren bei beiden noch wenig gemildert worden.
»Was wollt ihr von mir?« fragte Aksel.
Ingeborg sprach: »Das ist eine lange Geschichte. Da Ihr selbst Händler seid, werdet Ihr verstehen, wenn wir viel davon für uns behalten. Kurz gesagt, wir sind zu einigem Vermögen gekommen und brauchen Hilfe, um es anzulegen. Niels hier meint, wir sollten uns am besten in der Schiffahrt einkaufen. Ihr tätigt Geschäfte mit Kapitänen, Ihr habt ausländische Verbindungen – bestimmt mit ... dem Hanseatischen Bund, ist das richtig, Niels? Wenn Ihr uns zu dem geeigneten Mann schicken könnt, zu einem, von dem Ihr selbst glaubt, daß er
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