Kinder des Wassermanns
uns anhören wird ...« – sie ließ das Lächeln aufblitzen, das sie auf dem Marktplatz angewandt hatte – ,,... dann werdet Ihr feststellen, daß wir nicht geizig sind.«
Aksel zupfte an einer schwarzen Haarlocke. »Ein seltsames Angebot von einer wie dir«, meinte er dann. »Ich muß mehr wissen. Wie groß ist dieser Schatz, und wie habt ihr ihn gewonnen?«
Sein Blick wanderte zu der Börse, die schwer an Niels' Gürtel hing. In dem Beutel befanden sich einheimische Münzen, die keine Verwunderung hervorrufen würden. Ingeborg hatte sie von einem Goldschmied in der Stadt bekommen, den sie ebenfalls kannte. Das war ein Mann, der gern das Risiko einging, vom Gesetz erwischt zu werden, wenn er einen Klumpen kostbaren Metalls weit unter dem angemessenen
Wert kaufen konnte. Bedeutend mehr Reichtum trugen Ingeborg und ihr Gefährte in Form von Goldstücken bei sich, die sie in ihre Kleidung eingenäht hatten, aber das war für unvorhergesehene Bedürfnisse in der nahen Zukunft bestimmt.
Ingeborg antwortete kühl: »Wie hoch sich die Summe wirklich beläuft, hängt davon ab, was wir damit anfangen können – weshalb wir um Euren Rat bitten. Es ist ein gefundener Schatz, versteht Ihr.«
Aksel zuckte zusammen. »Dann gehört er der Krone! Wollt ihr, daß man euch hängt?«
»Nein, nein, nichts dergleichen. Laßt mich erzählen. Sicher erinnert Ihr Euch an Herrn Ranild und seine Kogge und daß er früher im lab' zu einer Reise aufbrach, über die er den Mund hielt und daß man Neil her nichts mehr von ihm vernommen hat. Niels gehörte zur Mannschaft, und mich hat Ranild mitgenommen.«
»Was?« Der Pferdehändler erholte sich von seiner Überraschung. »Hm, ja, die Leute hier herum wunderten sich schon, was aus Stockfisch-Ingeborg geworden sei. Aber eine Frau auf See, das bedeutet Unglück.«
»Nein!« widersprach Niels in aufflammendem Zorn.
Ingeborg winkte ihm, still zu sein, und fuhr fort: »Er war in Eile und hatte nicht genug Männer. Ich konnte mich nützlich machen.«
»Und wie!« wieherte Aksel. Niels funkelte ihn an.
Ingeborgs Kopf blieb hocherhoben. »Außerdem hatte ich über eine bestimmte Sache einiges gehört, wie das ja oft geschieht. Ranild hatte auf andere Weise davon erfahren, und als wir die Bruchstücke der Nachricht zusammensetzten, wies sie auf einen Schatz hin, der an einem Ort mitten im Ozean bei einem heidnischen Begräbnis versenkt worden war. Deshalb war es kein Raub, kein Sakrileg und keine Unterschlagung von Eigentum eines anderen.
Doch das Gold erweckte die Habgier und führte zum Totschlag. Ihr wißt doch, was für Raufbolde das waren, Niels ausgenommen. Danach erhob sich ein schrecklicher Sturm. Am Ende waren nur noch wir beide von allen Seelen, die mit der
Herning
in See stachen, am Leben, und das Schiff ist verloren. Aber wir haben einiges Metall mit an Land gebracht, und jetzt wollen wir auch den Nutzen davon haben.«
Schweigen herrschte, bis Aksel sie anfuhr: »Ist das die Wahrheit?«
»Ich bin bereit, Euch bei jedem Heiligen zu schwören oder jeden anderen Eid zu leisten, den Ihr wünscht, daß jedes meiner letzten Worte wahr ist«, sagte Ingeborg. »Und auch Niels ist bereit dazu.«
Der Jüngling nickte heftig.
»Hm, hm.« Wieder zupfte Aksel an seinem fettigen Haar. »Du hast mir von deinem Garn nur den halben Faden gesponnen.«
»Das habe ich Euch im vorhinein gesagt. Um unsere Gründe dafür braucht Ihr Euch nicht den Kopf zu zerbrechen.« Ingeborg verzog den Mund zu einer Grimasse. »Was habt Ihr denn Eurer Frau über mich erzählt?«
Sie wurde wieder ernst, wurde noch angespannter und drängte: »Ihr könnt mit geringer Mühe und ohne jedes Risiko viel gewinnen. Wir wollen das Gesetz nicht übertreten. Nein, wir suchen Unterweisung, wie wir uns innerhalb seiner Grenzen halten können. Doch natürlich wäre es töricht, zuviel auszuplaudern, denn ein mächtiger Mann kann immer einen Vorwand finden, uns bis aufs Hemd auszuplündern.«
»Ja-a-a«, stimmte Aksel zu. »Klug von dir, daß du dich gleich zu Anfang auf die Suche nach dem notwendigen Beschützer machst, durch dessen Vermittlung du in aller Ruhe ein einträgliches Geschäft aufbauen kannst.« Stirnrunzelnd betrachtete er den Ring, den er auf dem Tisch vor sich immer wieder und wieder umdrehte.
»Die Hanse!« platzte Niels heraus. »Ihre Schiffe befördern im ganzen Norden die meiste Fracht, nicht wahr? Ich höre, daß die Städte des Bundes immer größer werden ... Könige fürchten sie ... könnte ich
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