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Kinder des Wassermanns

Titel: Kinder des Wassermanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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erkennen, was Gottes Absichten sind!« rief Tomislav aus. »Ha, diese Möglichkeit ist es wert, daß ich mein Herz vor Euch entblöße.
    Nicht, daß ich viel zu enthüllen hätte. Fragt, was Ihr wollt, ich werde Euch antworten.« Seine Stimme war leiser geworden. Sein Blick schweifte in die Ferne, über das Dach auf der anderen Seite des Weges, über die Bäume und den Himmel – zurück zu den verlorenen Jahren, dachte Vanimen. Ab und zu nahm er einen Schluck Bier, aber nicht wie sonst mit dem richtigen Genuß. Das tat nur sein Körper, um die Kehle feucht zu halten.
    »Ich wurde als Leibeigener geboren, aber nicht hier, sondern in Skradin, ,im Schatten der Burg', wie die Redensart lautet. Mein Vater war dort Reitknecht. Der derzeitige Kaplan hielt mich für würdig, Unterricht im Lesen und Schreiben zu bekommen. Als ich das richtige Alter erreicht hatte – vierzehn Jahre – , empfahl er mich dem Bischof.
    So ging ich nach Zadar, um für die heiligen Weihen zu studieren. Das war wahrlich harte Arbeit, sowohl für das Fleisch als auch für den Geist. Trotzdem, es war eine Stadt voller Leben, Menschen von jenseits jeden Horizonts, weltliche Waren, weltliche Vergnügungen. Ich gestehe, für eine Weile ließ ich mich davon einfangen. Danach bereute ich, und ich wage zu glauben, daß mir vergeben worden ist, und vielleicht habe ich dadurch ein wenig Verständnis für meine Mitgeschöpfe gewonnen.
    Doch mit der Reue erwachte die Sehnsucht nach dem Land meiner Geburt, nach den einfachen Sitten, nach meiner eigenen Art von Leuten. Mehrere Jahre lang wurde in keinem Pastorat dieser Gegend eine Stelle frei. In dieser Zeit war ich Famulus des Bischofs.
    Ich wandelte die Lust in den Wunsch nach einer gesetzmäßigen Ehe und traf Maßnahmen, eine Frau aus diesem Teil des Landes zu heiraten. Das war, bevor ich die Weihen erhielt, was mehr auf meinen eigenen Wunsch als auf die kanonischen Vorschriften zurückzuführen war. Ah, wie reizend war meine Sina in ihrer Jugend!
    Doch schon bald wurde sie von Traurigkeit befallen. Anfangs mag das auf ihre neue Umgebung zurückzuführen gewesen sein. Menschenmengen, Lärm, Feilschen, Intrigen, Ruhelosigkeit, ständiger Wechsel – all das ängstigte sie und lastete auf ihrer Seele. Außerdem verloren wir zwei Kinder durch Krankheit. Die drei, die am Leben blieben, waren für sie ein geringerer Trost als für mich oder als ich es für sie hoffte.
    Schließlich erhielt ich diese Kirche. Der Bischof brummte, weil er mich ziehen lassen mußte, aber er gab nach, als ich ihm klarmachte, was es für Sina bedeuten würde.
    Doch es nutzte nichts. Weitere Kinder starben oder wurden tot geboren. Und was schlimmer war, unseren drei heranwachsenden Kindern gefiel das Leben hier ebensowenig, wie Sina die Stadt gefallen hatte. Sie vermißten die Außenwelt, sie fingen Streit an, wurden aufsässig. Meine Ordination hatte meine ganze Familie von der Leibeigenschaft befreit. Deshalb waren sie durch kein Gesetz an Ort und Stelle gebunden. Einer nach dem anderen, sobald sie alt genug dazu waren, verleugnete uns und ging davon.
    Zuerst ging Franjo zur See. Nach ein paar Fahrten wurde von seinem Schiff nie wieder etwas gehört. Es mag gesunken, es mag Piraten oder Sklavenjägern zum Opfer gefallen sein. Vielleicht ist mein Sohn in diesem Augenblick ein Eunuche in irgendeinem türkischen Harem.
Kyrie eleison.
    Später lief Juraj, unser jüngerer Sohn, davon. Er ist in Split und arbeitet für einen venetianischen Verwalter – für Venedig, den alten Feind. Ich höre über ihn von Zeit zu Zeit durch die Freundlichkeit eines Händlers, den ich kenne. Aber nie gibt er mir selbst Nachricht.
Kyrie eleison.
    Vielleicht könnt Ihr Euch vorstellen, wie das Sinas Herz zerriß, das zu verhärten ihr nie gelang. Ein paar Jahre, nachdem sie ihr letztes Kind geboren hatte, zog sie sich in völliges Schweigen zurück, bewegte sich kaum noch ... lag nur im Bett, mit leeren Augen. Obwohl ich weinte, als sie vor zehn Jahren starb, wußte ich, daß es Gottes Gnade war. Und unsere kleine Tochter war damals noch am Leben, war für sie noch am Leben.«
    Tomislav schüttelte sich. Er stieß ein Lachen aus. »Ihr müßt mich für ganz durchtränkt von Selbstmitleid halten«, sagte er, als er in die Wirklichkeit des Abends zurückgefunden hatte. »Doch so ist es nicht, ganz und gar nicht. Gott gibt mir so manchen Trost: Sich selbst, den grünen Wald, Musik, Feste, Freunde, das Vertrauen meiner Herde und, ja, die Liebe der kleinen

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