Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten
oder grüne Söckchen?»). Das gibt ihnen das Gefühl von Stärke, Kontrolle und Unabhängigkeit.
73 Kann man mit Lob Kinder bei der Stange halten?
Kinder brauchen Aufmerksamkeit und Anerkennung, sie wollen gesehen werden, so wie sie sind, und gelobt werden, wenn sie sich besonders angestrengt oder etwas besonders gut gemacht haben.
Lob, richtig dosiert, kann ein großer Motivator sein. Man muss allerdings aufpassen, dass man nicht zu früh lobt. Ein Kind, das wild durch die Gegend kickt, ist noch kein toller Fußballer. In solchen Fällen empfiehlt es sich, den Fokus auf das zu richten, was schon da ist. Man kann vielleicht sagen, «nicht schlecht, mein Lieber». Das Gefühl ‹das kann ich schon, und ich kann etwas dazulernen› überspielt das Fremdheitsgefühl, das sich einstellt, wenn man etwas Neues lernt und erst mal üben muss. In den schwierigen, langweiligen Übungsphasen, egal ob Fußball oder Blockflöte, sind Kinder nicht gern allein. Sie brauchen den ermutigenden Blick und die Unterstützung durch die richtigen Fragen, wenn sie nicht weiterkommen.
Bei demotivierten Kindern hilft Loben allerdings nicht. Hier geht es darum, herauszufinden, was stört, was fehlt und wo Stärken und Schwächen liegen. Die betroffenen Kinder brauchen Aufgaben, die sie bewältigen können, die ihnen so viel Freude machen, dass sie darüber die Zeit vergessen. Außerdem kann es nicht schaden, wenn sich Eltern mit den eigenen Erwartungen auseinandersetzen. Werden diese auf ein Kind projiziert, geht das meistens schief.
Motivation ist ein zartes Pflänzchen und kann leicht zerstört werden. Kinder besitzen noch keine Vergleichsmaßstäbe undmüssen ja zunächst glauben, was andere von ihnen denken. Entsprechend behutsam sollte man sein Feed-back formulieren oder bei empfindlichen Kindern vielleicht ganz darauf verzichten. Die haben ja ohnehin schon alle Antennen ausgefahren und damit mögliche Kritik gleich vorweggenommen. Zu einem robusten Kind darf man allerdings schon mal sagen, «da musst du noch mal ran».
Das extrem leistungsorientierte Erziehungskonzept der vieldiskutierten chinesisch-amerikanischen «Tiger-Mom» Amy Chua kann man sehr kritisch sehen, aber in manchem hat sie nicht ganz Unrecht: Eltern müssen Anteil nehmen und klar sagen, was sie erwarten. Das wollen Kinder wissen. Und: Die Dinge machen erst richtig Spaß, wenn man sie gut kann. Im Übrigen ist Amy Chuas Buch «Die Mutter des Erfolgs» ein Bildungsroman, mit Betonung auf Roman. Und zwar einer des Scheiterns. Die jüngere Tochter begehrt heftig auf und lässt es auf einen Bruch ankommen, die ältere, angepasste Tochter zieht sich enttäuscht zurück, weil das mütterliche Interesse überwiegend der kleinen Rebellin gilt. Amy Chua bekennt, dass es ihr wiederholt misslungen ist, die Grenzen ihrer Kinder anzuerkennen und ihre Persönlichkeit zu achten.
74 Vulgäre Ausdrücke, Flüche und verbale Ausrutscher – wie soll ich darauf reagieren?
Aus Kindermund kommen nicht nur drollige Sprüche und fantasievolle Geschichten. Warum wohl? Gröbste Unfreundlichkeiten und mit Fäkalausdrücken gespickte Gemeinheiten dominieren das Nachmittagsfernsehen und Talent-Shows, die vier bis sechs Millionen Zuschauer regelmäßig sehen. Darunter nicht wenige Kinder, die jüngsten sind drei. Der rüde Umgangston hinterlässt Spuren im öffentlichen Raum, auf Spielplätzen, in Kindergärten, Schulen und leider auch in den Familien. Für verbale Entgleisungen allein das Fernsehen und eine Handvoll schlecht erzogener und mäßig begabter Moderatoren und Popmusiker verantwortlich zu machen, wäre allerdings ein bisschenzu einfach. Was im Fernsehen und Netz vorgeführt wird, bekräftigt nur, was im Alltag stilbildend ist: Statt sich zu verständigen, brüllt man sich gegenseitig nieder, lässt einander nicht zu Wort kommen und bringt sein Gegenüber mit Kraftausdrücken und gehässigen Vergleichen zur Strecke. Jeder darf sagen, was er denkt, und reden, wie ihm der Schnabel gewachsen ist.
Vielleicht klingt das jetzt hochtrabend, aber Worte und Sprache begründen – auch – die Würde des Menschen. Nur der Mensch besitzt die einzigartige Fähigkeit, seine Gefühle und Gedanken in Worte zu fassen.
Der Missbrauch von Sprache, ein obszöner, aggressiver Wortschatz und ein grober Umgangston führen zu einer Vulgarisierung und Verrohung der Persönlichkeit. Es gibt einen Zusammenhang zwischen einer vulgären, aggressiven Sprache auf der einen Seite und mangelnder Empathie und
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