Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten
erlaubt.
Manchmal hilft es, das erwünschte Verhalten vorzuspielen. Wenn ein Kind schon wieder mit dem Stuhl kippelt oder mit den Fingern ins Essen greift, kann man sagen: «Wir spielen jetzt, dass du mit dem Kippeln aufhörst, wenn ich ‹Stopp› sage.» Wichtig ist, dass das Kind weiß, dass es wirklich nur ein Spiel ist. Man sollte also gelassen bleiben, wenn das Kippeln fünf Minuten später wieder losgeht, und eine neue Spielrunde vorschlagen.
Bei jüngeren Kindern lassen sich auch Fingerpuppeneinsetzen, um eine Verhaltensänderung zu bewirken. Dabei übernimmt eine Fingerpuppe die Rolle des Kindes. Mit ihr spielt man vor, wie man ein bestimmtes Benehmen erlebt. Dann nimmt man eine zweite Puppe dazu, die beispielsweise fragt: «Siehst du, wie sich Lilly aufregt, wenn sie die Zähne putzen soll? Hast du eine Idee, wie ich ihr das beibringen kann?»
Fast immer machen Kinder brauchbare Vorschläge. Vielleicht kann Lilly beim Zähneputzen eine CD hören? Lästige Regeln einzuhalten ist einfacher, wenn man dabei ein bisschen Unterhaltung hat.
Ältere Kinder können lernen, sich selbst Regeln zu setzen, und Vorschläge machen, was passieren soll, wenn sie sich nicht daran halten. So kommen Eltern gar nicht so selten in den Genuss, für eine mildere Beurteilung zu plädieren.
71 Schadet ein Klaps auf Hand oder Po?
Die meisten Eltern sind beschämt und verzweifelt, wenn ihnen die Hand ausrutscht, etwa weil ein Dreijähriger immer wieder den kleinen Bruder beißt. Deshalb: Ein Klaps, wenn es denn einer ist und wenn es bei einem bleibt, hat keine traumatisierende Wirkung. Trotzdem hat Gewalt in der Erziehung nichts zu suchen, unabhängig davon, was der Gesetzgeber dazu sagt. (In Deutschland ist die körperliche Züchtigung verboten, im Gegensatz zu einigen anderen europäischen Ländern und den USA.)
Die meisten Eltern hauen aus Not. Weil sie nicht mehr weiter wissen. Weil sie sich Sorgen machen oder Angst haben. Weil sie denken, sie schaffen es sonst nicht, ihrem Kind Disziplin und soziale Regeln zu vermitteln. Auf Nachfrage ist jedoch nur eine Minderheit vom pädagogischen Wert überzeugt. Zu Recht. Es gibt schließlich andere Möglichkeiten, einem Kind zu vermitteln, dass es «jetzt!» reicht.
Dauerquengeln und schrilles Gezeter sind der Hauptgrund, warum Eltern die Hand ausrutscht. Hier kann man vorbauen. Bevor sich das Kind in die Nörgelei hineinsteigert, muss manden Schalter umlegen und etwas Überraschendes vorschlagen. «Du willst auch nicht mehr laufen, oder? Wir könnten uns auf der Bank dort drüben ein bisschen ausruhen. Ich bin so müde, du auch?»
Wichtig ist, in Krisensituationen Präsenz zu zeigen. Kinder lassen sich nicht fernsteuern. Das merkt man jedes Mal, wenn man vergeblich quer über den Spielplatz ruft, «hör auf, deinen kleinen Bruder mit der Schaufel zu hauen». Also hingehen. Körperkontakt ist in aller Regel wirksamer als Worte, weil durch die Berührung der Tiefensinn angesprochen wird, der für die Eigenwahrnehmung des Körpers zuständig ist. Die Botschaft dringt tiefer ein. Aus diesem Grund werden übrigens auch Verträge und Versprechen mit Handschlag besiegelt. Wenn ein Kind um sich schlägt, beißt, etwas mit Vorsatz kaputt machen will, hält man es fest. Ist das nicht möglich, zieht man sich kurz zurück, bis es sich beruhigt hat. Allerdings ohne Drohungen («ich lass dich jetzt allein») und auch nur in einer sicheren Umgebung, in der es sich nicht in Gefahr bringen kann.
Ab fünf kann man dann durchaus Straf-Cents einführen. Zum Beispiel bei wiederholtem Treten und Spucken. Die Cents kann das Kind dann durch Aufmerksamkeit, Sorgfalt, Hilfsbereitschaft, Freundlichkeit und Rücksichtnahme zurückerhalten. Bei nicht eingehaltenen Verabredungen kann man zur Not auch mal kleine Vorrechte entziehen («nein, du bekommst heute nicht als erster den Nachtisch»), ohne wirklich unfair zu sein – einfach, weil Vorschulkinder schon ein besseres Gedächtnis haben. Fernsehentzug oder Alleine-Essen sollte man allerdings nur in homöopathischen Dosierungen verabreichen, schon allein, weil sie sonst nicht mehr wirken und im Übrigen die familiäre Atmosphäre über Stunden oder gar Tage vergiften.
Wer öfter das Bedürfnis verspürt, seinem Kind einen Klaps zu geben, braucht mehr Unterstützung im Alltag, Atemholen und ein bisschen mehr Abstand. Aus etwas Distanz lässt sich wieder erkennen, dass das Leben mit all seinen ausgesprochenen und unausgesprochenen Regeln für Kinder wirklich
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