Kinder erziehen - die 101 wichtigsten Fragen und Antworten
von einem gut informierten Buchhändler beraten. (Bücher von Louis Sacher oder Andreas Steinhöfel kommen oft gut an.)
Noch drei Tipps: Die Graphic Novel (Comic-Roman), wie «Gregs Tagebuch», das ursprünglich übrigens für Erwachsene geschrieben wurde, ist ein noch relativ junges, sehr vielversprechendes Genre und ein guter Einstieg für Lesemuffel.
Interessen und Hobbys kann man mit der entsprechenden Lektüre (Schach-, Computer-, Angel-, Pferde- oder Fußballzeitschriften) unterstützen. Was Kinder ans Buch fesselt, sind Gespräche über das, was sie gelesen haben. Also öfter mal nachfragen: «Wo bist du gerade? Das hört sich spannend an, erzähl mal…». Und nicht vergessen, von eigenen Leseerlebnissen zu berichten.
Lesen dürfen statt lesen müssen – und dafür länger aufbleiben dürfen – das funktioniert fast immer. Übrigens ist das Lesen auf dem Tablet auch ohne Nachttischlampe leise und augenschonend möglich und sehr zu empfehlen, wenn sich Kinder das Zimmer mit einem jüngeren Geschwister teilen.
Disziplin und Manieren
70 Kann man Selbstdisziplin spielerisch vermitteln?
In Supernanny-Zeiten, wo die «Knüppel-aus-dem-Sack-Pädagogik» fröhliche Urstände feiert, wird gern so getan, als ob es einen verbindlichen Kanon in Disziplinfragen gäbe, mit dem sich das Verhalten eines Kindes regeln ließe, damit es alsbald so wünschenswerte Eigenschaften wie Rücksichtnahme, Selbstbeherrschung, Verantwortungsgefühl, Einfühlsamkeit und so weiter verinnerlicht. Diesen Kanon gibt es nicht. Weil «mit jedem Kind etwas Neues in die Welt kommt», wie die Philosophin Hannah Arendt schreibt. Dieses Neue muss geschätzt und auf eine liebevolle Art und Weise in die Gesellschaft und ihre Regeln integriert werden. Das heißt, Eltern müssen auf diese Einzigartigkeit eingehen, damit sie die für ihr Kind geeignete Gangart, Verlässlichkeit und Konsequenz aufbringen.
Was richtig und wichtig ist, lernen Kinder nicht durch Zuhören, sondern durch Selbsttun, und zwar nach dem Prinzip «Versuch und Irrtum». Kinder brauchen viele Gelegenheiten, wo sie möglichst selbständig, d.h. ohne dass Erwachsene ständig dazwischenfunken, Hand, Herz und Kopf erproben können. Dabei entwickeln sie Willenskraft, Ausdauer, Motivation und nicht zuletzt Selbstbeherrschung – das A und O der Disziplin und im nächsten Schritt der Selbstdisziplin.
Diesen Prozess können Eltern am besten unterstützen, indem sie bei allen notwendigen alltäglichen Verrichtungen für Übung und viele Wiederholungen und ansonsten für altersgerechte Wahlmöglichkeiten sorgen. Dazu gehört auch, darauf zu achten, dass ein Kind zu seinen Entscheidungen steht und diese nicht nach Lust und Laune über den Haufen wirft. Wenn es entscheidet, dass es lieber in die Badewanne will als Kinderstunde sehen, kann es natürlich nach drei Minuten wieder aus der Wanne hüpfen – aber sich dann doch vor der Glotze niederlassen, geht nicht.
Allerdings wird fast jedes Kind genau das tun wollen, weshalb sich Eltern oft inständig eine Autorität herbeisehnen, die gewissermaßen über ihnen schwebt und das Kind mit sanfter, aber starker Hand erzieht. Diese Instanz wüsste genau, wann man Abmachungen durchsetzen muss und wann man eine Regel vielleicht mal ein bisschen weiter auslegen darf. Aber leider sind Eltern auf die eigene Urteilskraft und auf ihr Bauchgefühl angewiesen. Natürlich dürfen sie auch mal losdonnern («So geht das aber nicht!»), vorausgesetzt, sie sind sich darüber im Klaren, dass solche Maßnahmen in Sachen Disziplin wenig bringen.
Bis ein Kind in der Lage ist, sich selbst eine gewisse Disziplin aufzuerlegen, dauert es viele Jahre und braucht viel Geduld und Zuversicht seitens der Eltern. Das Beste, was man seinem Kind mitgeben kann, ist der unbeirrbare Glaube, ‹mein Kind schafft das eines Tages aus eigener Kraft und eigener Einsicht›.
Man kann Selbstdisziplin durchaus auch entspannt vermitteln. Grundregel: positiv sagen, was ein Kind tun, nicht, was es lassen soll. Also: «Wasch dir die Hände vor dem Essen», «Streite mit Worten». «Setz dich an die Hausaufgaben». Nicht: «Schlag deinen Bruder nicht» oder «Du hast schon wieder schmutzige Hände».
Hilfreich sind auch verlässliche Strukturen, die den Tagesablauf regeln, und eine überschaubare Haus-Ordnung, an die sich alle halten: Die schmutzige Wäsche kommt in den Wäschekorb, gegessen wird in der Küche, Fluchen ist nur wie bei «Madita» in den Schrank hinein
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