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Kinderseelen Verstehen

Kinderseelen Verstehen

Titel: Kinderseelen Verstehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Armin Krenz
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er beispielsweise mal mit der Mama kuscheln, heißt es: »Du bist doch schon groß.« Will er etwas Wichtiges erzählen, heißt es: »Felix, gleich. Erst müssen noch die Kleinen schnell gewickelt werden.« Beim Betreten der elterlichen Arbeitszimmer bekommt er oft zu hören: »Hat das nicht noch ein wenig Zeit? Im Augenblick passt es gar nicht so gut.« Felix fühlt sich wie das fünfte Rad am Wagen ...
    → Bedeutungswert
    Gespenster oder Geister können aus dem Blickfeld der symbolischen Psychologie als »personifizierte Ängste« angesehen werden. Sie sind eine Gestalt gewordene Angst , die für Kinder nicht ohne Weiteres greifbar ist. So merkt Felix zwar, dass Mama und Papa sich um ihn kümmern, aber eben »nicht richtig«. Im Auto – auf dem Weg zum Kindergarten – hört Mama zwar schon auf das, was er erzählt – aber »nicht richtig«. Abends, beim Fernsehen, kann er sich schon an Mama oder Papa ankuscheln, doch auch hier wiederum »nicht richtig«, weil plötzlich die Kleinen weinen und dadurch das Kuscheln unterbrochen wird. Oder der Fernsehbeitrag darf durch Fragen nicht gestört werden ...
    Felix hat Angst, keine bedeutsame, wichtige Rolle in der Familie zu spielen. Er hat Angst, übersehen zu werden und eher unwichtig zu sein. Und diese Angst holt ihn nachts in seinen Träumen bzw. Fantasien ein.
    → Praktische Hinweise
    Felix braucht – ebenso wie seine Geschwister – eine eigene Zeit, die seine Eltern ihm schenken. Aufmerksamkeit, Annahme, Wertschätzung und Beachtung sind besonders wichtige Grundbedürfnisse, die jedes Kind hat und die entsprechend befriedigt werden müssen. Auch wenn es schwer ist, als Eltern berufliche Ansprüche und häusliche Notwendigkeiten in Einklang miteinander zu bringen, ist es notwendig, Kindern immer wieder das Gefühl zu vermitteln: » Du bist mir wichtig! Ich nehme dich mit deinen Bedürfnissen wahr und ernst.«
    »Ich sprech so leise, weil es keiner hören soll« – Kinder haben Angst, Fehler zu machen
    Lea ist fünf Jahre alt und besucht seit drei Jahren den Kindergarten. Sie ist ein sehr schlankes Mädchen und fällt in ihrer Gruppe durch ihre Nichtauffälligkeit auf. Wann immer es etwas zu helfen gibt, etwa beim Tischdecken, Aufräumen, dabei Materialen zum Tisch zu bringen oder kleineren Kindern beim Anziehen zu helfen – Lea ist dabei. Wenn es darum geht, die Roller oder Laufräder in den Schuppen zu bringen, Gewürzpflanzen aus dem Garten zu holen, die Portfoliomappen im Kreis auszulegen – Lea bietet ihre Hilfe an. Gleichzeitig fällt aber auf, dass sie außergewöhnlich leise spricht. Stellt man ihr eine Frage, zum Beispiel im Morgen-, Diskussions- oder Abschlusskreis, oder wird sie während der Kinderkonferenz gebeten, einen Vorschlag einzubringen, ist sie mit ihren Aussagen so gut wie nicht zu verstehen. Folgt die Aufforderung, sie möge bitte lauter sprechen, dann verstummt sie ganz. Kommt es zu einem Gespräch zwischen der Erzieherin und ihr, steht Lea auf und flüstert der Erzieherin ihre Aussage leise ins Ohr.
    Als diese Problematik mit den Eltern einmal angesprochen wird, meint der Vater: »Man muss sie eben immer wieder energisch auffordern, laut und verständlich zu sprechen. Wie soll das sonst in der Schule laufen? Schließlich hat sie keinen Sprachfehler mehr und auch der Kinderarzt sagt, dass keine organischen Gründe vorliegen. Also kann sie laut sprechen – wenn sie will. Und das muss sie kapieren, dass sie das will und muss.«
    → Der entscheidende Ausschnitt aus dem biografischen Hintergrund
    Lea wächst in einem Elternhaus auf, in dem es – umgangssprachlich formuliert – sehr »hemdsärmelig« zugeht. Während eines Hausbesuches am Frühabend, als neben Lea auch beide Elternteile zu Hause sind, fällt auf, dass beide Elternteile – vor allem aber der Vater – Lea immer wieder unter Druck setzt und bei ihren Tätigkeiten korrigiert. Beispielsweise kommt es zu folgenden, laut ausgesprochenen Formulierungen:
    »Lea, willst du nicht mal aus deinem Kinderzimmer die Bildermappe holen und sie uns allen zeigen?« »Lea, kannst du nicht mal etwas schneller kommen – du bist ja so langsam wie eine kleine Schnecke.« »Lea, setze dich bitte gerade hin und lümmele nicht so auf dem Sessel herum.« » Lea, setz mal das Saftglas vernünftig auf den Untersetzer. Das gibt doch Flecken auf dem Holztisch.« »Lea, kannst du mal erzählen, was wir alle am Wochenende gemacht haben?« »Lea, das heißt nicht ›Kann ich noch was Saft haben?‹,

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