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Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Kindsköpfe: Roman (German Edition)

Titel: Kindsköpfe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kriss Rudolph
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Ihnen, dieses Recht als Ihre heilige Pflicht zu verstehen«, setzte der Richter nach.
    »Nun zu Ihnen, Herr Tiedemann. Sie sind eine echte Nervensäge, und ich war ein paar Mal kurz davor, Sie aus dem Saal zu werfen. Aber eins habe ich verstanden. Sie sind ein Kämpfer, und ich habe großen Respekt davor, wenn Menschen kämpfen. Solange das Ziel ein gerechtes ist.«
    Van der Ohe bedachte Wolfram mit einem kurzen Seitenblick und wandte sich wieder an Niklas.
    »Die einstweilige Verfügung, die gegen Sie besteht, Herr Tiedemann, ist aufgehoben. Die würde sich ohnehin schlecht mit dem Aufenthaltsbestimmungsrecht vertragen, das Sie erhalten und zum Wohle der Kinder ausüben sollen.«
    Niklas spürte einen dumpfen Schlag in der Seite, Tita Parese hatte ihn geboxt. Dass dies Ausdruck ihrer Freude war, verstand er noch nicht; zu sehr versuchte er, sich auf die Worte des Richters zu konzentrieren.
    »Ich habe bei meinem letzten Gespräch mit den Kindern den Eindruck gewonnen, dass es das Beste für sie ist, wenn sie zu ihrem Onkel zurückkehren. Nach Rücksprache mit dem Jugendamt schlage ich vor, dass die Kinder ihren Vater jedes zweite Wochenende besuchen. Die Modalitäten klären Sie bitte untereinander. Sie sind erwachsene Männer, das darf man von Ihnen erwarten. Bitte verschonen Sie in Zukunft das Gericht – wir haben schon genug zu tun.«
    Nach nicht einmal zehn Minuten war der Spuk beendet, und Niklas, der mit nichts gerechnet hatte, war endlich am Ziel.
    »Wie war es bei eurem Vater?«, fragte Niklas.
    »Guuut«, sagte Lotte gedehnt, aber ohne echte Begeisterung.
    Ihr Bruder sah aus dem Fenster und machte ein unbeteiligtes Gesicht, als hätte er die Frage nicht gehört. Der Junge tat Niklas leid: Für ihn war Wolfram wohl die größte Enttäuschung. Niklas ging davon aus, dass die Besuche bei ihrem Erzeuger irgendwann aufhören würden. Aber er wollte es den Kindern überlassen, den Zeitpunkt dafür zu bestimmen.
    Zu Hause fiel Lotte ein, dass sie noch einen Aufsatz schreiben musste. Niklas wollte wissen, warum sie das nicht mit ihrem Vater erledigt hatte, und das Kind führte einen guten Grund an. Das Thema lautete: Mein Haustier und ich. Also setzte er die Kleine ans Internet, damit sie Informationen zum Thema Mops zusammentragen konnte, während er im Garten versuchte, mit Hannes einen Drachen zusammenzubauen. Er hatte einen Kastendrachen mit schwarzen Flügeln besorgt, der der Form nach an eine Fledermaus erinnerte – wenigstens auf der Verpackung –, doch es gelang Niklas nicht, dem Drachen Leben einzuhauchen. Nach einer Stunde gab er entnervt auf und kehrte mit dem Kleinen ins Haus zurück, um Mattis zu Hilfe zu rufen. Lotte, der Mops-Recherche längst überdrüssig geworden, war inzwischen auf Niklas’ Flirtseite gelandet und steckte mitten in einer Unterhaltung mit dem Architekten. Ludger hatte sich sehr über Niklas’ Mail vom Vortag gefreut und wollte am nächsten Wochenende auf Stippvisite kommen. Dem hatte Lotte auch schon ihren Segen gegeben, schließlich war sie dann gerade nicht in Mettmann, und so einen Besuch fand sie eine tolle Sache.
    Niklas wusste nicht, ob er dem Kind böse oder dankbar sein sollte, und diktierte ihr schnell ein paar Sätze zum Thema Mops; dann führte er die Kinder zur Kirmes aus. Glücklicherweise waren sie in einem Alter, in dem sie sich mit Gruselkabinett, Autoscooter und Achterbahnfahrten zufriedengaben; noch reizte es sie nicht, sich mit doppelter Lichtgeschwindigkeit senkrecht in die Höhe schießen, sich dort auf den Kopf stellen und durchschütteln zu lassen oder was auch immer den Tüftlern und Ingenieuren heutzutage so einfiel. Oliver, ja, der wäre mit Genuss ins Verderben gerannt und hätte am Ende begeistert verlangt: Und jetzt nochmal rückwärts!
    Am Abend kochten sie zusammen. Das heißt, Niklas kümmerte sich um das Essen, auch wenn ihm sein Appetit in der Wilden Maus abhandengekommen war, und Lotte deckte den Tisch. Hannes war an der Reihe, dem Hund sein Fressen zu servieren. Neugierig, wie der Junge war, ließ er es sich nicht nehmen, zu probieren, was Fidel zu essen bekam. Der Junge verzog sein Gesicht, schluckte aber tapfer.
    »Was war das Ekeliges?«
    Niklas beschloss, für sich zu behalten, dass der Junge gerade Pansen gegessen hatte, und füllte den Kindern schnell ihre Nudeln auf. Doch beim Geruch von Parmesankäse musste sich Hannes übergeben, gerade als er das Tischgebet sprechen wollte, das Petra ihm in seinem früheren Leben beigebracht

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