Kindsköpfe: Roman (German Edition)
sie ihm ein dickes Pflaster verpasste. Sie wollte ihm ein sauberes T-Shirt holen, aber Niklas lehnte ab.
»Du warst wegen Oli hier, oder? Hast du ihn noch erwischt?«
Niklas nickte.
»Dann hast du Sören kennengelernt? Blonde Haare, Stupsnase?«
Niklas nickte wieder, musste aber feststellen, dass die Erschütterung seiner Nase nicht bekam.
»Er ist total süß, oder?«
Niklas verlegte sich aufs Schulterzucken.
»Wir überraschen Oli mit einem Picknick im Park, die beiden sind schon vorgegangen mit der Kleinen. Er wollte seinen Jubeltag partout nicht feiern, und Geschenke kaufen hat er uns auch verboten. Also, kommst du mit?«
Niklas lehnte ab, aber das mochte Eva nicht gelten lassen.
»Ich kann unmöglich alles allein tragen. Nimmst du den Grill und die Kohle? Steht alles auf dem Balkon.«
Die halbe Stadt verbrachte den Feierabend am Aachener Weiher, beim Grillen oder Volleyballspielen. Eine Gruppe Jugendlicher beschallte das Ufer mit Deutschrock aus dem Ghettoblaster, ein paar Meter weiter hatten sich auf der Wiese ein paar Frauen in Evas Alter um einen Gitarrespieler versammelt, der Akkorde aus seinem Instrument herauswischte; von irgendwo trug der Wind den Klang von Bongotrommeln herüber.
Die Männer saßen weiter hinten auf einer Decke. Niklas stellte den Grill ab und schüttelte Olivers neuem Freund die Hand. Er hatte nun Gelegenheit, Sören von nahem zu betrachten. Sein Gesicht hätte man hübsch finden können, wenn man Karpfen mochte; seine trüben, schmalen Augen reichten von der Nasenwurzel bis an die Schläfe. War Oliver in seinem hohen Alter blind geworden?
»Die Überraschung ist euch gelungen«, sagte das Geburtstagskind, doch es schien sich nicht wirklich zu freuen.
Eva legte ihren Arm um Niklas und deutete auf das Pflaster an seiner Nase.
»Ich musste etwas Gewalt anwenden, damit er mitkommt.«
Oliver lachte und deutete auf das schlafende Baby neben ihm.
»Neben der kleinen Pennerin hier ist noch ein Platz frei.«
Mit etwas Abstand nahm Niklas auf der Decke Platz und betrachtete das Baby. Ähnlichkeiten konnte er keine feststellen, weder mit Eva noch mit Oliver.
»Wie du gesehen hast: Die Kleine hat jetzt zwei Väter«, sagte er.
Niklas hatte es geahnt; er wäre besser zu Hause geblieben. Die Anwesenheit eines schlafenden Babys machte ihn unsicher. Er fühlte sich ausgeschlossen. »Dann will ich mal nicht weiter stören.«
»Warum, glaubst du, sind die beiden zum Auto gegangen?«
Verwundert stellte Niklas fest, dass Eva und Sören fort waren. Plötzlich bekam er Angst.
»Es ist die große Liebe«, sagte Oliver grinsend.
»Herzlichen Glückwunsch«, sagte Niklas bitter. Es war mehr ein Ausspucken. »Warum erzählst du mir das?«
»Sie haben sich bei der Schwangerschaftsgymnastik kennengelernt.«
»War Sören auch schwanger?«
»Er war der Vorturner.«
»Oh.« Niklas stellte mit großem Erleichtern fest, dass sie aneinander vorbeiredeten. Sie hatten es nicht verlernt.
»Hör mal, ich will in den paar Minuten, die sie uns allein lassen, nicht über Eva reden. Du könntest mir mal erklären, wo der Bart herkommt.«
Niklas erzählte, dass er sich mit Uwe und Kareem verkracht und mit Mattis selbständig gemacht hatte. Dass er jetzt im Haus mit Turmfortsatz lebte und deswegen einen Haufen Schulden hatte. Die gute Nachricht, was die Kinder betraf, sparte er sich noch auf, lediglich Fidel erwähnte er.
Oliver verzog das Gesicht. »Ein Mops?«
»Das ist eine lange Geschichte.«
»Du magst gar keine Möpse«, sagte Oliver, um Niklas zu ärgern.
Der ließ sich zum Spaß darauf ein.
»Woher willst du das denn wissen?«
»Hör auf mit mir zu streiten. Ich habe heute Geburtstag, und du hast mir noch nicht mal gratuliert.« Oliver schmollte.
Niklas zog eine entschuldigende Grimasse, was sich sofort mit einem pochenden Schmerz an der Nase rächte. »Das habe ich in der Aufregung vergessen.«
Zuerst wollte er ihm die Hand reichen, dann kam ihm eine Umarmung passender vor, aber im letzten Moment entschied er sich für einen Kuss auf die Wange, den Oliver jedoch gekonnt abfälschte und mit dem Mund entgegennahm.
Nun wurde das Baby wach. Sie räkelte sich und fing an zu quengeln.
»Und zu ihr hast du mir auch noch nicht gratuliert.«
Niklas zuckte gelangweilt mit den Schultern. »Na und? Ich habe zwei davon zu Hause.«
Oliver verlangte, alle Details über den Prozess zu erfahren, aber kaum hatte Niklas zu erzählen angefangen, plärrte das Baby, das sich bei alldem furchtbar
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