King of the World
überleben.«
Patterson erwies sich als schneller Kämpfer mit einem guten linken Haken. Er konnte sich an der Geraden des Gegners vorbeischleichen und ihn mit einer Kombination erledigen. Als Mittelgewichtler gewann er bei der Olympiade in Helsinki 1952 die Goldmedaille. Red Smith, der für die
New York Herald Tribune
schrieb, war beeindruckt. »Patterson«, schrieb er, »hat schnellere Flossen als ein Taschendieb in der U-Bahn und kann mehr Leid zufügen.« Im selben Jahr wurde Floyd Profi, und mit seinen New Yorker Kämpfen, bei denen er nacheinander Eddie Godbold, Sammy Walker, Lester Johnson und Lalu Sabotin schlug, erregte er großes Aufsehen. Trotz seiner Ängste hatte Patterson sich genügend Disziplin und Gefühl für den Ring angeeignet, um die besten Clubkämpfer jener Zeit zu schlagen, die ganzen harten jungen Männer, die für Eastern Parkway in Brooklyn und St. Nick’s an der West Side kämpften. Floyds älterer Bruder Frank sagte zu Lester Bromberg, dem Boxreporter von der
New York World Telegram & Sun
: »Es wäre schön, wenn ich sagen könnte, ich hätte schon immer gewußt, daß Floyd es drauf hatte, aber ich muß ehrlich sein. Ich kann mich nicht daran gewöhnen, daß mein kleiner Bruder ein namhafter Boxer sein soll. Ich weiß noch, wie er als Junge weinte, wenn man ihn im Boxraum zu hart schlug,und was für ein grüner Junge er war, der ausrastete, wenn ich ihm zusetzte.«
Floyd zeigte sich um seine Gegner immer ungewöhnlich besorgt. Als er für einen Kampf gegen einen Chicagoer namens Chester Mieszala trainierte, der in
Wednesday Night Fights
übertragen werden sollte, meinte D’Amato, er solle doch in der Woche vor dem Kampf in dem Chicagoer Boxraum trainieren, in dem Mieszala trainierte. Patterson lehnte ab. Er sagte, er wolle keinen »unfairen Vorteil«. Während des Kampfs schlug Patterson Mieszala dann den Mundschutz heraus, worauf Mieszala sich, etwas benommen, auf die Suche danach machte. Anstatt aber auf Mieszala einzudreschen, bückte Patterson sich und half ihm suchen. Dann ging Patterson wieder an die Arbeit und erledigte Mieszala mit einem technischen K. o. in der fünften Runde. Sogar in einem Titelkampf konnte Floyd freundlich sein. Gegen Tommy »Hurricane« Jackson versuchte er immer wieder, den Ringrichter Ruby Goldstein zu bewegen, einzuschreiten und den Herausforderer vor unnötigen Prügeln zu bewahren. Zutiefst bewegt kam Goldstein seiner Bitte nach.
Pattersons Gefühlshaushalt enthielt kein Gramm Schadenfreude. Selbst am größten Abend seiner Karriere, an dem Abend in den Polo Grounds im März 1961, als er seine demütigende Niederlage gegen Johansson nach sieben Niederschlägen rächte, konnte er sich an den Schmerzen seines Gegners kaum erfreuen. Zum ersten Mal war Patterson mit Wut im Bauch in einen Kampf gegangen. Er fand es schlimm, wie Johansson nach seinem Titelgewinn geprahlt hatte, und er wollte wiederhaben, was ihm genommen worden war. In der fünften Runde traf Floyd Johansson mit zwei furchtbaren Haken, die diesen auf die Knie schickten, wo er bis neun angezählt wurde. Als Johansson aufstand, war Patterson sofort mit einem seiner herrlichen gesprungenenSchläge zur Stelle, woraufhin der Champion steif wie ein Brett auf den Boden knallte. Johansson lag auf der Matte, Blut rann ihm aus dem Mund, und sein linker Fuß zitterte, als hätte er einen epileptischen Anfall. Einen Augenblick lang, als er sich der Menge zuwandte, zeigte Patterson ein kleines Lächeln, doch als er sich zu dem noch immer bewußtlosen Johansson umdrehte und dessen zuckenden Fuß sah, empfand er Abscheu und Entsetzen darüber, daß er jemanden umgebracht hatte. Patterson riß sich aus der Umarmung eines jubelnden Betreuers, kniete neben Johansson nieder und wiegte dessen Kopf in der Armbeuge. Patterson küßte Johansson auf die Wange und versprach ihm noch eine Chance, einen dritten Kampf.
Später gab Patterson zu, er habe seinen Vollbart in die Arena mitgebracht, nur für den Fall. »Ihm fehlt der Killerinstinkt«, sagte D’Amato. »Er ist zu zahm. Zu nett zu seinen Gegnern. Ich hab’s mit allen erdenklichen psychologischen Tricks versucht, ihn so richtig wütend zu machen, aber er bringt einfach nicht die nötige Bösartigkeit auf. Vor mir liegt ein hartes Stück Arbeit.«
Am 4. Dezember 1961 sah sich Präsident John F. Kennedy im Fernsehen eine Sendung mit zwei Boxkämpfen in verschiedenen Städten an: Pattersons K.-o.-Sieg in der vierten Runde über Tom McNeely in Toronto
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