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Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren

Titel: Kinsey Millhone 01 - Nichts zu verlieren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ich die letzten paar Schritte hinunterrutschte und auf dem weichen Sand landete. Die Pistole sprang mir aus der Hand, und ich krabbelte wie irre umher, bis meine Finger sich wieder über dem Knauf schlossen. Die Taschenlampe war längst weg. Ich erinnerte mich noch nicht einmal, wann ich sie verloren hatte. Der schwarze Hund sprang schon wieder auf mich zu. Ich wartete, bis er fast an mich heran war, dann hob ich den Fuß, trat heftig zu und brachte gleichzeitig die Pistole auf seinen Kopf hinunter. Er jaulte. Er war offensichtlich nie auf Angriff abgerichtet worden. Ich hatte den Vorteil zu wissen, daß er eine Gefahr für mich darstellte, und er begriff zu langsam, wie heimtückisch ich war. Bellend wich er zurück. Ich traf eine schnelle Wahl. Im Norden zogen die steilen Klippen sich noch meilenweit den Strand entlang, nur unterbrochen von Harley’s Beach, der als Zufluchtsort zu isoliert war. Im Norden versperrte auch der Hund meinen Weg. Der Strand zu meiner Rechten würde schließlich an der Stadt vorbeiführen, und mehr als zwei Meilen konnten es nicht sein. Ich bewegte mich rückwärts von dem Hund fort. Er stand da mit gesenktem Kopf, wild bellend. Die Wellen spülten mir bereits über die Schuhe, und ich hob die Füße höher, schlurfte rückwärts durch die Brandung. Ich drehte mich um, hielt die Pistole hoch und watete los. Der Hund tippelte vor und zurück, bellte jetzt nur noch gelegentlich. Die nächste hohe Sturzsee krachte gegen meine Knie, durchnäßte mich bis zur Taille. Mir blieb der Atem stehen von dem Kälteschock, in einer Aufwallung von Furcht blickte ich zurück und sah Charlie oben auf dem Kliff. Die Außenbeleuchtung brannte jetzt, sein großer Körper war in Schatten gemeißelt, sein Gesicht ausdruckslos. Er starrte direkt zu mir herunter. Ich trieb mich vorwärts, stürzte mich fast durch die taillenhohen Wellen, drängte auf die Felsen am äußersten Südrand des Strandes zu. Ich erreichte die Felsen, glitschig und schroff, eine Granitmasse, die vom Kliff weggebrochen und ins Meer gestürzt war. Ich kletterte darüber hinweg, behindert durch die durchweichten Jeans, die mir an den Beinen klebten, durch die vom Wasser schwer gewordenen Schuhe, behindert durch die Waffe, die ich nicht loszulassen wagte. Schartige Entenmuscheln und Schleim wechselten unter mir ab. Einmal rutschte ich aus, und etwas stach mir durch die Jeans in das linke Knie. Ich lief voran, erreichte wieder festen Sandboden, der Strand erweiterte sich leicht.
    Hinter der Biegung war Powers’ Haus nicht mehr zu sehen. Auch keiner der Hunde mehr. Ich hatte gewußt, daß sie mir nicht so weit folgen konnten, aber bei Charlie war ich mir nicht sicher. Ich wußte nicht, würde er die Holztreppe herunterkommen und mich entlang dem Strand verfolgen oder einfach warten? Ängstlich blickte ich zurück, aber der Hügel ragte vor und verbarg sogar das Licht. Er brauchte sich nur ins Auto zu setzen. Wenn er einen Weg parallel zu meinem einschlug, konnte er mich mühelos am Ende abfangen. Wir würden beide schließlich bei Ludlow Beach herauskommen, aber ich konnte nicht zurück. Harley’s Beach war schlimmer, zu weit weg von Straßenlaternen und menschlicher Hilfe. Ich begann ernsthaft zu rennen, unsicher, wie lange ich durchhalten mußte. Die nassen Kleider pappten an mir, klamm und kalt, aber meine Hauptsorge war die Pistole. Ich hatte sie schon einmal fallen lassen, und ich wußte, daß Seewasser zu ihr hinaufgespritzt war, als ich die Felsen überquerte. Ich glaubte zwar nicht, daß sie naß geworden war, bloß hatte ich keine Gewißheit. Ich konnte jetzt etwas besser sehen, aber der Strand war mit Steinen und Tang übersät. Ich betete, daß ich mir nicht den Fuß vertrat. Wenn ich nicht mehr laufen konnte, würde Charlie mich in aller Ruhe aufspüren können, und es gab keinen Ausweg für mich. Ich blickte zurück: Nichts von ihm zu sehen, alle Geräusche überdeckt von dem Brechen der Wellen. Ich glaubte nicht, daß er dort war. Wenn ich es nur bis Ludlow Beach schaffte: Da mußten andere Leute sein, mußten Autos vorbeikommen. Solange ich lief, schien die Furcht gebändigt; das Adrenalin vertrieb jede Empfindung außer dem Drang zu fliehen. Der Wind war fort, aber es war kalt, und ich war naß bis auf die Knochen.
    Der Strand verengte sich wieder, und ich mußte durch seichtes Wasser laufen, mich durch die schäumende Brandung vorkämpfen. Ich versuchte mich zu orientieren, aber ich war noch nie so weit draußen gewesen.

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