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Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief

Titel: Kinsey Millhone 03 - Abgrundtief Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Ich nahm mir sogar die Freiheit, Sufis Beteiligung zu erwähnen, obwohl ich mir darüber noch gar nicht ganz sicher war. Ich vermutete, daß sie eine Zwischenträgerin gewesen war, die Nachrichten zwischen Nola und Bobby beförderte und Bobby vielleicht beriet, wenn seine Leidenschaft mit seiner jugendlichen Ungeduld zusammenprallte.
    Glen war einen Moment lang still, genau wie ich es gewesen war. »Was geschieht jetzt?«
    »Morgen werde ich mit dem Morddezernat sprechen und denen dort alles erzählen, was ich weiß. Danach werden sie die Sache schon in den Griff bekommen.«
    »Seien Sie in der Zwischenzeit vorsichtig«, warnte sie.
    »Keine Sorge.«

26

    Es war etwa eineinhalb Stunden vor Einbruch der Dunkelheit, als ich am alten Gebäude des Kreiskrankenhauses ankam. Angesichts der vielen freien Parkplätze war es offensichtlich, daß die meisten Büros bereits geschlossen und die Angestellten Feierabend hatten. Kelly hatte mir erzählt, daß es hinter dem Gebäude noch einen zweiten Parkplatz für die Bediensteten der Nachtschicht gab. Ich hatte nicht vor, so weit entfernt zu parken. Ich stellte mich auf einen Platz so nahe am Eingang wie möglich, wobei ich mit Interesse ein Fahrrad bemerkte, das links neben mir an einen Ständer gekettet war. Es war ein altes, zerbeultes Schwinn-Rad mit breiten Reifen und einem nachgemachten Nummernschild, das mit Draht am hinteren Rahmen befestigt war und auf dem »Alfie« stand. Kelly hatte mir gesagt, daß das Gebäude normalerweise ab sieben geschlossen sei, daß ich jedoch klingeln könne und Alfie mich dann per Knopfdruck reinlassen würde.
    Ich schnappte mir die Taschenlampe und den Bund mit den Nachschlüsseln, dann zog ich mir kurzentschlossen noch ein Sweatshirt über. Mir fiel nämlich ein, daß das Innere des Gebäudes recht kühl gewesen war, und daß es nach Sonnenuntergang bestimmt noch kälter sein würde. Schließlich schloß ich den Wagen ab und ging auf den Eingang zu.
    Vor der doppelten Eingangstür blieb ich stehen und drückte auf den Klingelknopf zu meiner Rechten. Einen Augenblick später summte es, das Schloß wurde freigegeben, und ich ging hinein. Die Eingangshalle wurde bereits von Schatten durchzogen, und sie erinnerte mich vage an einen verlassenen Bahnhof in einem futuristischen Film. Sie hatte dasselbe Flair klassischer Eleganz an sich: eingelassene Fußböden aus Marmor, hohe Decken und wunderschöne Holzarbeiten aus eingefaßter Eiche. Das spärliche übriggebliebene Inventar stammte wahrscheinlich noch aus den zwanziger Jahren, als das Gebäude errichtet worden war.
    Ich durchquerte die Eingangshalle und blickte im Vorübergehen auf den Stummen Portier an der Wand. Fast unterbewußt fiel mir ein Name ins Auge. Ich blieb stehen und sah noch einmal hin. Leo Kleinert hatte hier draußen also auch eine Praxis; das war mir bisher nicht klar gewesen. War Bobby zu seinen wöchentlichen psychiatrischen Sitzungen jedesmal so weit rausgefahren? Das kam mir ein wenig abwegig vor. Ich stieg die Treppe hinunter, wobei meine Schuhe bei jedem Schritt über die Steinstufen kratzten. Wie bereits zuvor spürte ich den Temperaturrückgang, der an ein Hinabtauchen in die tieferen Wasserschichten eines Sees erinnerte. Hier unten war es schon düsterer; immerhin war die Glastür zur Leichenhalle erleuchtet, ein helles Rechteck in der allgemeinen Dunkelheit des Flures. Ich sah auf die Uhr. Es war noch nicht einmal Viertel nach sieben.
    Der Höflichkeit halber klopfte ich erst an die Glasscheibe, ehe ich es mit der Tür probierte. Die Tür war unverschlossen. Ich öffnete sie und spähte in den Saal.
    »Hallo?«
    Offenbar war niemand da, aber so war es mir bereits ergangen, als Dr. Fraker mit mir hier gewesen war. Vielleicht war Alfie im Kühlraum, wo die Leichen aufbewahrt wurden.
    »Haalloo!«
    Keine Reaktion. Er hatte mir die Tür aufgedrückt, also mußte er hier irgendwo sein.
    Ich schloß die Tür hinter mir. Das Neonlicht war furchtbar hell und erzeugte die Illusion von Sonnenstrahlen im Winter. Links von mir befand sich eine Tür. Ich ging hin und klopfte, bevor ich sie öffnete und dahinter ein leeres Büro mit einer dunkelbraunen Kunstledercouch vorfand. Vielleicht machte der Typ, der nachts die Totenwache schob, hier drin sein Nickerchen, wenn sonst nichts los war. Ansonsten waren da nur ein Schreibtisch und ein Drehstuhl. Das Fenster wurde von außen durch verzierte schmiedeeiserne Gitterstäbe geschützt, das Tageslicht durch eine Ansammlung buschiger

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