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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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seit Jahren so gegangen. Woody hat es nie gewußt, aber ich hatte etwas vermutet.«
    »Sie haben vermutet, daß Lance sie mißbraucht, und Sie sind nie eingeschritten?«
    »Was hätte ich sagen können? Ich hatte keinen Beweis. Ich hielt sie voneinander fern, wenn ich es irgendwie konnte. Er fuhr ins Sommerlager. Sie blieb bei Freunden von uns in Maine. Ich habe sie nie allein daheim gelassen. Ich hoffte, es wäre nur eine Phase, etwas, das von selbst wieder aufhören würde. Ich dachte, wenn ich darauf aufmerksam machen würde... ich weiß nicht, was ich dachte. Es war so unaussprechlich. Eine Mutter setzt sich nicht mit einem Jungen hin und spricht über diese Dinge. Ich wollte nicht neugierig sein, und Olive stritt immer alles ab, wenn ich auch nur andeutete, daß etwas nicht in Ordnung war. Wenn sie sich an mich gewendet hätte, wäre ich eingeschritten. Natürlich hätte ich das getan, aber sie hat nie auch nur ein Wort gesagt. Nach allem, was ich weiß, kann es sogar sie selbst gewesen sein, die die ganze Sache angefangen hat.«
    »Wie lange lief das so?« Es fiel mir schwer, den vorwurfsvollen Ton aus meiner Stimme zu halten. Ich fürchtete, wenn sie das volle Ausmaß meiner Wut erkannte, würde sie sich erneut verschließen.
    »Lance war fast von Kindheit an von ihr besessen. Er war fünf, als sie geboren wurde, und ich war so erleichtert, daß er sie nicht ablehnte, weißt du. Da waren doch nur er und Ebony, bis Olive geboren wurde. Er war der Jüngere gewesen, und so war ich entzückt, daß er von ihr so angetan zu sein schien. Es muß als kindliche Neugier angefangen haben und wurde dann zu etwas anderem. Es hörte allerdings auf, nachdem sie entdeckt worden waren. In den letzten paar Jahren konnten sie kaum die Gegenwart des anderen ertragen, aber da war der Schaden schon angerichtet. Sie hatte schreckliche Probleme.«
    »Sexuelle Probleme, nehme ich an.«
    Helen nickte, ihre Wangen röteten sich. »Sie litt auch unter Depressionen, die monatelang anhielten. Sie tat nichts anderes als laufen, laufen, laufen. Alles, um ihren Gefühlen zu entfliehen. Spielen und Geld ausgeben. Geld ausgeben und spielen. Das war ihr Leben.«
    Schnell ging ich in Gedanken alles durch, was man mir erzählt hatte, alles, was ich im Vorbeigehen aufgeschnappt hatte. »Olive sagte, sie und Bass hätten Krach gehabt, als er zu Thanksgiving heimkam. Worum ging es da?«
    »Ach, eine Albernheit. Ich kann mich jetzt nicht einmal mehr erinnern, womit es angefangen hat. Ein dummer Streit, wie es manchmal passiert, wenn Leute zuviel getrunken haben. Bass war wütend und wollte ihr eins auswischen, aber es ging urn gar nichts. Einfach schlechte Laune, das ist alles.«
    Ich beobachtete sie sorgfältig, verbannte jeglichen Gedanken aus meinem Kopf, versuchte den Sinn ihrer Worte herauszufiltern. Es hatte mit Lance angefangen, mit Wood/Warren, dem Gespräch einer Übernahme, Beweisen für Versicherungsbetrug. Jemand hatte Lance hereingelegt, und ich war in dieselbe Falle getappt. Als Olive starb, hatte ich angenommen, daß ihr Tod mit dem Geschäft zusammenhing, daß es ein Unfall war. So sollte es auch aussehen, aber das war es nicht. Die Antwort sprang mich förmlich an, so offensichtlich, nachdem ich erst einmal wußte, was vorgegangen war. »Oh, Scheiße!« sagte ich. »Bass hat es Terry erzählt, nicht wahr?«
    »Ich denke, ja«, antwortete sie, fast unhörbar. »Ich glaube, Terry ist nicht wie wir anderen. Er ist ein guter Mensch. Er kommt mir nicht richtig vor. Sogar, als sie sich kennenlernten, kam er mir irgendwie >seltsam< vor. Aber er war verrückt nach Olive...«
    »>Besessen< hat es jemand genannt«, warf ich ein. »Es hieß, er hätte den Boden angebetet, über den sie gegangen war.«
    »O ja, er hat sie bewundert, daran besteht kein Zweifel. Das war genau das, was sie gebraucht hat, und ich dachte, es würde alles wunderbar klappen. Sie hatte ihr Leben lang eine so schlechte Meinung von sich selbst. Sie schien keine Beziehung zu ertragen, bis Terry kam. Ich gönnte ihr so sehr ein wenig Glück.«
    »Sie meinen, weil sie beschädigt war, ja? >Gebranntmarkt< durch das, was Lance getan hatte.«
    »Nun, sie war gebranntmarkt. Wer weiß, welch bestialische Gelüste Lance in ihr geweckt hatte?«
    »Das war ja wohl kaum ihre Schuld.«
    »Natürlich nicht, aber welcher nette Junge würde sie jemals ansehen, wenn die Wahrheit ans Licht kam? Terry schien wie ein Gottesgeschenk.«
    »Also haben sie beide beschlossen, ihm nichts zu

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