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Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke

Titel: Kinsey Millhone 05 - Kleine Geschenke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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verraten.«
    »Wir haben nicht einmal unter uns darüber geredet«, erklärte sie bitter, »also konnten wir wohl kaum ihm gegenüber davon sprechen. Warum Ärger machen, Probleme schaffen, wo doch alles so gut lief?«
    Ich erhob mich abrupt und ging zum Telefon hinüber, wählte Lieutenant Dolans Nummer hei der Polizei von Santa Teresa. Die Telefonistin wollte mich verbinden, und so wartete ich, daß Dolans Apparat läutete. Helen hatte recht. Was geschehen war, war geschehen. Es hatte keinen Sinn, Bass die Schuld zu geben. Wenn es überhaupt eine Schuld gab, so lag sie bei Helen und Woody. Olive mußte sterben, weil Helen so verdammt rücksichtsvoll war, zu rücksichtsvoll, um mit der Wahrheit umgehen zu können.
    »Wo ist Terry jetzt?« fragte ich Helen über meine Schulter hinweg.
    Sie weinte jetzt ganz offen. Es schien ein wenig spät für Tränen, aber das sagte ich nicht. »Er war erst vor kurzem hier. Jetzt ist er auf dem Heimweg.«
    Als Dolan sich meldete, nannte ich meinen Namen und erzählte ihm alles bis ins Kleinste.
    »Ich lasse ihn zum Verhör holen«, sagte Dolan. »Wir besorgen uns einen Haft- und Durchsuchungsbefehl, damit wir das Haus durchsuchen können. Irgendwo muß er die Bombe schließlich gebastelt haben.«
    »Vielleicht in der Fabrik.«
    »Das prüfen wir nach. Bleiben Sie dran.« Er legte die Hand auf die Muschel, und ich konnte hören, wie er jemandem in seinem Zimmer Anweisungen gab. Dann meldete er sich wieder. »Lassen Sie mich Ihnen erzählen, was wir unsererseits herausgefunden haben. Wir konnten die Fingerabdrücke identifizieren, die wir aus dem Mietwagen haben, in dem Lyda Case gefunden wurde. Sie gehören einem Kerl namens Chris Emms, der wegen Mordes an seiner Ziehmutter angeklagt war, vor zwanzig Jahren. Hat sie mit einer Paketbombe in die Luft gejagt, die er mit der Post geschickt hat. Die Geschworenen erkannten auf Nichtzurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der Tat.«
    »Oje, kapiert. Kein Gefängnis.«
    »Richtig. Er wurde ins Staatshospital in Camarillo überstellt und ist achtzehn Monate später geflohen.«
    »Und er wurde nie gefaßt?«
    »Er war frei wie ein Vogel. Ich hab’ mich gerade mit einem der Ärzte da unterhalten. Die suchen jetzt die alten Unterlagen durch, was sie sonst noch über ihn haben.«
    »War der wirklich verrückt, oder hat er nur so getan?«
    »Jeder, der das macht, was er getan hat, ist verrückt.«
    »Lassen Sie es die Familie wissen, wenn Sie ihn verhaftet haben?«
    »Mach ich. Vorläufig schick’ ich erst mal jemanden rüber, für den Fall, daß er beschließt zurückzukommen.«
    »Bereiten Sie lieber auch die Sicherheitsleute von Wood/Warren vor. Er könnte es auf Lance abgesehen haben.«
    »Richtig«, stimmte Dolan zu. Dann legte er auf.
    Ich ließ Helen im Schaukelstuhl zusammengesunken zurück, ging nach unten, suchte Ebony und erzählte ihr, was los war. Als ich das Haus verließ, war sie auf dem Weg nach oben zu ihrer Mutter. Kaum vorzustellen, worüber sie reden wollten. Ich sah wieder Olive vor mir, wie sie durch die Luft segelte, ins Vergessen flog. Das Bild wurde ich einfach nicht los. Als ich heimfuhr, fühlte ich mich elend, aber das war in den letzten Tagen schon zum Dauerzustand geworden. Ich bin es müde, in der schmutzigen Wäsche anderer Leute herumzuwühlen. Ich hab’ es satt, mehr über sie zu wissen, als ich eigentlich sollte. Die Vergangenheit ist niemals schön. Geheimnisse haben niemals mit guten Taten zu tun, die plötzlich ans Licht kommen. Nichts läßt sich jemals mit einem Händeschütteln oder einem offenen Gespräch von Mensch zu Mensch lösen. So oft erscheint mir die Menschheit einfach gemein, und ich weiß nicht, wie man darauf reagieren soll.
    Meine Verbrennungen unter den Verbänden waren heiß und schmerzten dumpf. Ich betrachtete mich im Rückspiegel. Mit dem über der Stirn abgesengten Haar und ohne Augenbrauen wirkte mein Gesicht irgendwie erschreckt, als hätte die plötzliche Lösung dieses Falles mich völlig überrascht. Ganz richtig. Ich hatte keine Zeit gehabt, die Ereignisse in Ruhe zu verarbeiten. Ich dachte an Daniel und Bass. Im Geiste mußte ich die Tür vor ihnen schließen, aber es kam mir vor, als ob dieser Job noch nicht beendet sei, und das gefiel mir nicht. Ich wollte ihn zu Ende bringen. Ich wollte endlich wieder inneren Frieden finden.
    Ich stieß das Tor auf, nahm im Vorbeigehen die Post aus dem Briefkasten. Dann schloß ich meine Wohnung auf und warf die Handtasche auf die Couch. Ich

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