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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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werden müssen, um den Nachweis zu erbringen, dass alle diese Schadensanzeigen tatsächlich von ihrer Hand stammten, selbst wenn sich auf sämtlichen Formularen identische Fingerabdrücke finden würden. Beim Versicherungsbetrug ist, wie bei so vielen Delikten, der Job des Täters eindeutig leichter als unserer.
    Um sieben Uhr fünfundzwanzig aß ich, um gegen die Langeweile anzugehen, mein Sandwich und die beiden Graham-Cracker. Es war jetzt ganz dunkel, und in der Luft lag ein feiner Nieselschleier, der den Asphalt kaum benetzte. Ich ließ zweimal für kurze Zeit den Motor an, damit es im Wagen ein bisschen wärmer wurde. In einen Apartment-Komplex ein kleines Stück weiter wurde eine Pizza geliefert. Der Duft nach Peperoni und geschmolzenem Mozzarella, der kurz herüberwehte, trieb mir beinahe die Tränen in die Augen. Eine alte Dame in Morgenrock und Schal spazierte mit einem angeleinten Cockerspaniel an mir vorüber. Autos fuhren in beiden Richtungen vorbei, aber keins bremste, und von Bibianna war nichts zu sehen. Um neun fand ich mich tief in meinen Sitz gerutscht, die Knie gegen das Steuer gestützt, kurz vor dem Einnicken. Die beiden aus der CF-Etage waren nicht aufgetaucht, und ich war schon dabei, sie endgültig abzuschreiben. Entweder hatten sie keine Ahnung, wo Bibianna Diaz jetzt wohnte, oder aber sie wollten doch nichts Dringendes von ihr. Ich konnte mir nicht denken, wieso sie sich die Mühe gemacht haben sollten, ihr hinterherzuspüren, wenn sie die Sache dann einfach auf sich beruhen ließen. Vielleicht hatte sie ja irgendwas verschreckt. Ich fragte mich, ob sie vielleicht selbst irgendwo hier in der Nähe in einem parkenden Wagen saßen und warteten.
    Aber dann, um Viertel vor zehn, erschien plötzlich Bibianna in der Einfahrt. Sie trug wieder Rot, ein eng anliegendes unterhemdartiges Kleid, das ihr bis zur Mitte der Oberschenkel reichte. Dazu eine dunkle Strumpfhose und rote Stöckelschuhe. Für eine so zierliche Person hatte sie unglaublich lange und wohl geformte Beine, die sie groß wirken ließen, obgleich sie bestimmt nicht mehr als einsfünfundfünfzig maß. Sie hatte die eine Hand in der Tasche eines offenen, narbigen, braunen Leder-Blousons vergraben. Mit der anderen hielt sie sich ein Stück Zeitung über den Kopf, um ihre Frisur vor dem Nieselregen zu beschirmen. Sie kehrte mir das Gesicht zu, bemerkte mich aber offenbar nicht. Fünf Minuten später kam ein Taxi angefahren. Es hielt genau vor ihr. Sie stieg ein. Ich ließ meinen Käfer an, während sie die Taxi-Tür zuschlug und sich auf dem Rücksitz zurechtsetzte. Ich fuhr an und schaltete die Scheinwerfer erst in dem Moment ein, als das Taxi sich in Bewegung setzte, weil ich hoffte, so als Teil des fließenden Verkehrs zu erscheinen.
    Wir fuhren gemächlich durch kleinere Straßen zum Cabana Boulevard, der breiten Avenue, die sich am Strand entlangzieht. Hier kannte ich mich aus, und ich dachte mir, dass sie wohl entweder zu dem großen Bar-Restaurant draußen auf der Mole wollte oder aber zu einer der zwielichtigen Bars am unteren Ende der State Street. Letzteres erwies sich als richtig. Das Taxi hielt vor einem eher miesen Schuppen mit dem schönen Namen »Zur Räucherkammer«. Der Laden war vor einiger Zeit zweimal wegen Alkoholausschanks an Minderjährige dichtgemacht worden, und der Vorbesitzer hatte deshalb seine Lizenz verloren. Inzwischen war das Lokal verkauft und unter neuer Bewirtschaftung wieder eröffnet worden. Ich fuhr ein Stück weiter und verfolgte Bibianna im Rückspiegel bis zum Eingang. Ich bog links ab, fuhr einmal um den Block und dann auf den Parkplatz, wo ich meinen VW in eine halb-legale Lücke ganz an der Mauer quetschte. Als ich, wegen des Geniesels den Kopf einziehend, meinen Wagen abschloss, spürte ich, wie der Asphalt von der dröhnenden Musik aus dem Lokal vibrierte. Ich sog meine Lungen ein letztes Mal mit frischer Luft voll und ging hinein.
    Gleich hinter der Tür berappte ich die fünf Dollar Eintritt. Dafür erhielt ich auf den einen Handrücken einen lila Stempel, der besagte, dass ich freie Getränkeauswahl hatte. Die Räucherkammer sah aus, als sei sie ursprünglich für industrielle Zwecke erbaut und dann ohne große Konzessionen an die Ästhetik in ein Lokal umgewandelt worden. Der Raum war tunnelartig und schmucklos, mit einem Betonboden und in den schummrigen Regionen mit sichtbaren Stahlstreben unter der Decke. Parallel zur Wand auf der rechten Seite erstreckte sich eine gut sechs Meter

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