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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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spürte den kleinen Ruck des Erkennens mehr, als dass ich ihn sah. Sie sagte: »Hey.«
    Ich sah sie verdutzt an.
    »Sind Sie nicht heute Nachmittag bei mir gewesen wegen meiner Wohnung?«
    Ich guckte höflich und nahm dann meinen Aha-Moment. »Oh, hallo! Ich hab’ gar nicht gemerkt, dass Sie das sind. So ein Zufall. Das ist ja irre. Wie geht’s?«
    »Mir geht’s gut. Was macht die Wohnungssuche? Schon was gefunden?«
    Ich verzog das Gesicht. »Nichts Richtiges. Ich hätte da eventuell was an der Hand, einen Block von Ihnen weg, aber es ist nicht halb so schön wie Ihr Haus.«
    Bibianna holte ihren Lippenstift heraus. Sie malte sich einen roten Bogen auf die Unterlippe und bewegte dann die aufeinander gepressten Lippen, bis sich die Farbe gleichmäßig verteilt hatte. Ich hielt mich an ihr Vorbild und werkelte auch ein bisschen an mir herum.
    Sie schob den Lippenstift in die Hülse. »Sind Sie schon öfters hier gewesen?«
    Ich sagte achselzuckend: »Ein paar Mal. Früher, aber seit der Neueröffnung noch nicht. Ziemlich nervig, finden Sie nicht? Ich steh’ nicht so drauf, wenn mich dauernd jemand angrabscht, sobald ich mich bewege.«
    Sie musterte mich kurz. »Ist wohl Gewohnheitssache. Mich stört’s nicht.« Sie wandte ihre Aufmerksamkeit jetzt ihrem eigenen Spiegelbild zu und beugte sich vor, um die Haarsträhnen um ihr Gesicht zurechtzudrapieren. Dann prüfte sie ihr Augen-Make-up. Nach einer letzten strengen Inspektion wandte sie sich wieder mir zu. »Ich hoffe, Sie nehmen’s mir nicht übel, wenn ich das sage, aber diese Frisur und das ganze Styling sind total daneben.«
    »Ach?« Ich sah an mir herunter und fühlte, wie mich Verzweiflung packte. Was ist nur an mir, dass ich immer solche Bemerkungen herausfordere? Da halte ich mich selbst für die große, abgebrühte Privatdetektivin, während andere Leute in mir offenbar ein armes Wurm sehen, das dringend der Bemutterung bedarf.
    »Darf ich Ihnen mal einen Tipp geben?«, fragte sie.
    »Von mir aus gern«, sagte ich.
    Ehe ich mich’s versah, zog sie mir das Gummi aus den Haaren. Sie griff in ihre Handtasche und holte eine Plastiktube mit einem schmoddrigen Zeug hervor, das sie zwischen ihren Händen verrieb und mir dann ins Haar massierte. Ich fühlte mich wie ein Hund im Hundesalon, aber das Ergebnis gefiel mir. Meine Locken wirkten jetzt leicht feucht und andeutungsweise gewellt. Gemeinsam begutachteten wir mein Spiegelbild.
    Bibianna verzog nachdenklich den Mund. »Schon besser«, sagte sie. »Haben Sie vielleicht ein Tuch dabei?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Na, mal sehen.« Sie begann, in ihrer Handtasche zu gründeln, und förderte dabei einen Joint zu Tage. »Möchten Sie?«, fragte sie nebenbei.
    Ich schüttelte den Kopf. »Danke, ich hab’ schon vorhin draußen auf dem Parkplatz einen geraucht, bevor ich reingekommen bin.«
    Sie steckte das Dope ohne weiteren Kommentar wieder weg und kramte konzentriert die verschiedenen Fächer ihrer voluminösen Tasche durch. »Na bitte. Wie wär’s denn damit?« Sie holte ein quadratisches, limonengrünes Seidentuch heraus und verzog dann das Gesicht. »Nee, das ist nichts. Die Farbe steht Ihnen nicht. Nehmen Sie mal die Ohrringe ab. Das bringt schon viel.«
    Woher wissen Frauen solche Sachen? Und wieso weiß ich das nicht? Ich nahm die Talmi-Klunker ab und massierte mir erleichtert die Ohrläppchen.
    In der Zwischenzeit hatte sie noch ein zweites Tuch zu Tage gefördert, diesmal in grellem Pink. Sie hielt es mir vors Kinn und musterte mich kritisch. Ich dachte, sie erwartete vielleicht, dass ich drauf spuckte, damit sie mir das Gesicht schrubben konnte, aber sie legte das Ding irgendwie raffiniert zusammen und band es mir um den Hals. Auf der Stelle kamen meine natürlichen Farben besser zur Geltung.
    »Große Klasse. Was jetzt?«
    »Jetzt kommen Sie mit mir. Ich werde Ihnen die schlimmsten Idioten vom Leib halten.«

6

    Ich folgte ihr ins Getümmel wie ein Soldat seinem Offizier in die erste Schlacht. Männeraugen begutachteten uns von Kopf bis Fuß, taxierten uns nach der Größe unserer Titten und Hintern und dem mutmaßlichen Grad unserer Verfügbarkeit. Bibianna erntete eine Menge Geschnalze und Gepfeife, eine unmissverständliche Handbewegung und diverse unsittliche Anträge, die sie zu amüsieren schienen — jedenfalls warf sie den Typen, die ihrer Bewunderung am lautesten Luft machten, gepfefferte Bemerkungen an den Kopf. Sie war unbekümmert und gutmütig und hatte ein ansteckendes,

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