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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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gekannt?«
    »Juan hat’s mir erzählt. Ich hätt’s ja gern, dass er zum Arzt geht, aber er will nicht. Er glaubt, dass er keine andere Hilfe braucht als Bibianna.«
    Ich sah ihn an, weil ich noch mehr erwartete, aber er fand offenbar, dass er genug gesagt hatte. Er schob die Zwiebeln zusammen und wiegte sie mit dem Messer klein. Dann trat er wieder an den Herd. Ich sah zu, wie er ein Stück Butter langsam in der Pfanne kreisen ließ, bis es geschmolzen war. Er gab die Paprikas und die Zwiebeln dazu. Schließlich sprach er weiter. »Woher kennen Sie diesen Jimmy Tate? Ich hab’ sein Bild in der Zeitung gesehen. Er ist ein Bulle«, sagte er, das letzte Wort verächtlich ausspielend.
    »Ein Ex-Bulle. Von der Grundschule. Wir waren vor langer, langer Zeit mal in Santa Teresa zusammen in einer Klasse.«
    »Er ist ein Schnüffler.«
    »Quatsch. Das County Sheriff’s Department hier in L. A. hat ihn gefeuert, und er ist vor den Kadi gegangen und hat sie verklagt. Die werden ihn bestimmt nicht auf irgendwas ansetzen!«
    Luis drehte sich um und zeigte mit dem Messer auf mich. »Ich will Ihnen was sagen. Dieser Tate hat bei uns nichts zu suchen. Ich rieche Schnüffler auf zehn Meilen. Erzählen Sie mir nichts. Ich weiß, was ich sage.«
    Ich fühlte, wie ich zögerte und innerlich einen Schritt zurückwich. Auch mir war schon der Gedanke gekommen, ob Jimmy vielleicht heimlich für die Polizei arbeitete. Bei meinem Gespräch mit Dolan und Santos hatte ich zweimal gefragt, ob sie schon jemanden eingeschleust hätten, und beide Male hatten sie nicht reagiert. Tates Klage gegen die Polizeibehörde und seine Verhaftung am Dienstagabend konnten ja auch Tarnung sein. Wenn Luis misstrauisch war, konnte es nicht lange dauern, bis Raymond auch Verdacht schöpfte, und dann würden sie Tate unter die Lupe nehmen. »Was meint denn Raymond dazu?«
    »Er will sich umhören.«
    »Oh, das ist gut«, sagte ich. »Da wird er’s ja ganz genau erfahren.«
    Mein Herz bummerte laut vor Angst. Bei der Polizei hatten sie ja schon den Verdacht, dass da irgendwo eine undichte Stelle war. Wenn irgendwas über mich durchsickerte, war ich geliefert.
    Luis zog sich wieder in sich zurück. Er schlitzte die Pelle einer mexikanischen Wurst auf und presste den fleischigen Inhalt mit einer seltsam bedrohlichen Geste heraus. Gleich darauf mischte sich der Duft des brutzelnden Chorizo unter die übrigen Dünste. Luis schlug acht Eier einhändig in eine Schüssel und rührte sie dann mit einer Gabel schaumig.
    Ich wollte mich nicht zu vehement für Jimmy Tate einsetzen, weil ich fürchtete, es könnte sich sonst womöglich jemand wundern, wieso ich so gut Bescheid wusste. Wenn man sich nicht auf dem Boden der Wahrheit bewegt, tut man besser daran, den Mund nicht zu weit aufzureißen. Außerdem war Tates Tarnung — wenn es überhaupt eine war — bestimmt gründlich abgesichert. Dolan und Santos wussten beide nur zu gut, wie wichtig das war. Ich ließ das Thema fallen. Ich hatte Luis ja eigentlich ein bisschen über die Betrügerbande aushorchen wollen, aber jetzt beschloss ich, mein Fragestündchen lieber ausfallen zu lassen. Es fehlte mir gerade noch, Luis’ Stahlblick permanent auf mich gerichtet zu wissen.
    Wir aßen schweigend unser Omelett. Ich muss gestehen, dass es zu den besten gehörte, die ich je genossen habe. Die paar Bissen, die ich nicht mehr schaffte, stellte ich dem Hund auf den Boden. Perro putzte das Ei mit einem Haps weg und beförderte es mit einer ruckartigen Kopfbewegung seinen Schlund hinunter. Als unser Frühstück beendet war, schrubbte Luis die Pfanne. Mein Job war es, die Pappteller zusammenzuknicken und in den Müll zu werfen.
    »Was steht denn heute an?«
    »Ich bring’ Sie zum Chiropraktiker, wenn Raymond wieder da ist.«
    »Wieso müssen wir erst auf ihn warten? Können wir nicht auch mal was allein machen?«
    Luis sagte nichts. Ich hielt es für klüger, nicht weiter an ihm herumzubohren. Raymond schien ihm auch nicht mehr zu trauen als mir.
    Um zwölf kamen Raymond und Bibianna wieder. Bibiannas Gesicht war blass und hohlwangig, der Blick, den sie mir zuwarf, angsterfüllt. Irgendwas wollte sie mir signalisieren, aber ich war nicht sicher, was. Raymond hingegen schien bester Laune, wenn ich auch in seinem munteren Zwinkern ein leises Zucken entdeckte. Bibianna zog ihre Jacke aus und warf sie aufs Sofa. In ihrer rechten Armbeuge klebte ein Streifen Heftpflaster. Raymond umklammerte sie von hinten mit einem Bärengriff, eine

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