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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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Gott«, hauchte ich. Ich ruckte am Tor und drückte gegen den Hundekopf, um ihn zu befreien. Dann hechtete ich in das Gebüsch, wo ich mich zusammenkauerte. Für den Moment schützte mich das dichte Gestrüpp, aber der nahende Polizist suchte jeden Zentimeter Zaun mit einer hochpotenten Taschenlampe ab. Mittlerweile hatte Brutus auf der Innenseite des Zauns entdeckt, wo ich steckte. Er presste die Nase gegen das Drahtgitter und produzierte beunruhigte Laute, halb Knurren, halb freudige Bekräftigung unserer nunmehr gefestigten Freundschaft.
    Der Polizist drunten an der Büro-Ecke pfiff, und der Beamte auf meiner Seite drehte sich um und eilte den Weg zurück, den er gekommen war. Ich richtete mich auf und zwängte mich aus dem Gesträuch. Dann versuchte ich, mich so langsam und unauffällig wie möglich in die Gegenrichtung zu entfernen. Brutus fing an zu bellen, weil es ihm missfiel, ausgerechnet dann abgehängt zu werden, wenn es lustig wurde. Am Bordstein stand eine Reihe parkender Wagen. Ich erreichte den ersten, duckte mich dahinter und schlich mich im Schutz der Autos bis an die Ecke. Dann überquerte ich die Straße, um auf der anderen Seite bis zu Raymonds Wohnung zurückzugehen und in den Schatten zwischen den Apartment-Häusern einzutauchen. Über mir sah ich das hell erleuchtete Schlafzimmerfenster. Ich raste die Feuertreppen hinauf, indem ich mich am Geländer hochhievte und drei Stufen auf einmal nahm. Außer Atem huschte ich am Schlafzimmer vorbei zu meinem offenen Fenster. Ich schlüpfte rasch hinein in mein Zimmer, schüttelte die Schuhe ab, stieg hastig aus den Jeans, steckte den Kopf aus der Tür und blinzelte in das jetzt im Flor brennende Licht. Bibianna trat soeben in einem seidenen Morgenmantel aus der Schlafzimmertür. Ich konnte Raymond im Wohnzimmer telefonieren hören.
    »Was ist denn los?«, fragte ich.
    Bibianna verdrehte die Augen. »Ach, die Werkstatt drüben. Falscher Alarm. Manchmal geht das verdammte Ding einfach von alleine los. Chopper ist schon auf dem Weg, aber die Bullen meinen, es ist nichts. Geh wieder ins Bett.«
    Ich schloss die Tür. Der Schlaf wollte lange nicht kommen.

    Als ich um halb zehn aufwachte, roch es nach Kaffee. Ich duschte und zog mich an. Die Tür zum großen Schlafzimmer stand offen, und ich sah im Vorbeigehen das ordentlich gemachte Bett. Von Raymond und Bibianna keine Spur. Ich marschierte ins Wohnzimmer und von dort in die Küche, wo ich Luis als einzigen Anwesenden vorfand. Außer dem Hund, natürlich. Luis beachtete mich nicht weiter. Er stellte einen sauberen Becher auf die Arbeitsplatte, und ich goss mir Kaffee ein.
    »Danke«, murmelte ich. Ich setzte mich an den Küchentisch, nachdem ich mich durch eine kurze Inspektion vergewissert hatte, dass er abgewischt war. »Wo ist Bibianna?«
    »Sie sind beide weggegangen.«
    »Und Sie sind wohl der Babysitter?«
    Er antwortete nicht. Ein offener Eierkarton stand auf der Arbeitsplatte. In den vierundzwanzig Stunden, seit ich die Küche geputzt hatte, war sie schon wieder im Chaos versunken. An den Unterschränken lehnten eine Reihe Mülltüten, prall gefüllt mit Bierflaschen und gebrauchten Papptellern. In der Spüle türmten sich dreckige Töpfe und Pfannen. Die Aschenbecher quollen über. Wer rauchte denn hier? Ich hatte noch nie jemanden mit einer Zigarette gesehen. Luis hatte jetzt die einzig saubere Pfanne hervorgeholt und auf die eine Flamme gesetzt. Er begann, Zutaten aus dem Kühlschrank zu holen: Paprikas, Zwiebeln, Chorizo. »Möchten Sie was zum Frühstück?«
    »Ja, gern. Soll ich was helfen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    Es schien mir die ideale Gelegenheit, ihn ein bisschen auszuhorchen, aber ich wollte nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen und mit dem Betrügerring anfangen. »Ich will ja nicht neugierig sein«, sagte ich, »aber ich dachte, für Raymond wär’ die Sache mit seinem Bruder sehr schlimm, und jetzt redet er überhaupt nie davon. Haben sie sich nicht gut verstanden?«
    Luis schnitt die Paprikas in Ringe und würfelte dann die Zwiebeln, ohne ein Wort über die chemisch hervorgerufenen Tränen zu verlieren, die ihm über die Wangen rannen. Er sah mich an. »Chago war alles, was er hatte. Raymonds Schwestern haben ihn rausgeschmissen, als er vierzehn war, und von da an hat er allein zurechtkommen müssen. Hat er ja auch prima geschafft, wenn man bedenkt. In der Schule haben sie ihn immer ausgelacht und ihn wegen seiner Krankheit verarscht.«
    »Haben Sie ihn denn da schon

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