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Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass

Titel: Kinsey Millhone 06 - Dunkle Geschaefte - H wie Hass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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doch gleich mal auf den Tisch.«
    »Der Nacken«, sagte ich, während ich auf die Liege krabbelte. »Ich hatte einen kleinen Unfall, und Raymond Maldonado meinte, Sie sollten es sich mal ansehen.« Er ging an ein Waschbecken in der einen Ecke und wusch sich die Hände mit einer giftig aussehenden roten Flüssigseife aus einem Wandspender. Der Blick, den er mir zuwarf, war kurz, aber durchdringend. »Das hätten Sie Martha gleich sagen sollen. Da müssen wir röntgen«, sagte er. »Mein Assistent wird das erledigen. Wenn Sie fertig sind, kommen Sie wieder hierher.« Er ging zur Tür und hielt sie mir auf. Ein Instinkt mahnte mich, meine Handtasche mitzunehmen. Ich packte sie und klemmte sie mir unter den Arm, eine Misstrauensgeste, die ihm nicht entging.
    »Sie können Ihre Handtasche ruhig hierlassen, wenn Sie möchten«, sagte er.
    »Ach, das geht schon«, murmelte ich, nicht willens, mich freiwillig von ihr zu trennen. Ich sah ihn in meiner Abwesenheit darin wühlen und die gemopsten Fotos finden. Aus den Tiefen meines Gedächtnisses summte es leise, eine kleine Melodie, zu leise, um sie zu identifizieren. Ich war mir sicher, dass ich die Frau auf dem Foto schon einmal gesehen hatte, aber ich hatte keine Ahnung, wo.
    Ich tappte barfuß hinter ihm her, über den Flur zu einem Behelfs-Röntgenlabor, das mit ein paar Spanplatten provisorisch abgeteilt war. Das Gerät sah aus wie die Röntgenapparate in den Arztpraxen meiner Kindheit: schwarz und klobig, mit einer Röhre wie ein riesiges Teleobjektiv. Ich sah im Geist die wuchtigen Röntgenstrahlen der fünfziger Jahre in schlecht regulierten Dosen meinen Körper durchbohren. Der Assistent, ein junger Bursche mit einer wackelnden Zigarette im Mund, machte zwei Aufnahmen — eine von der ganzen Wirbelsäule und eine nur von den Halswirbeln. Ich bin eigentlich strikt gegen unnötige Röntgenprozeduren, aber wie gesagt: da ich ja nur schwindelte, konnte ich schlecht protestieren. Ich ging wieder ins Untersuchungszimmer zurück, wo ich abermals eine ganze Weile warten musste, was ich diesmal jedoch brav auf der papierbedeckten Liege tat. Was wusste ich, ob Dr. Howard mich nicht durch ein verstecktes Guckloch beobachtete. Er kam schließlich und klemmte die entwickelten Röntgenbilder vor einen Leuchtschirm an der Wand. Er erläuterte mir geduldig und mit vielen chiropraktischen Termini technici, wie deformiert meine Wirbelsäule war. Zwar sei der Hals zum Glück nicht gebrochen, aber fast alle anderen Teile meines Rückens bedürften dringend der Behandlung. Er forderte mich auf, mich bäuchlings auf die Liege zu legen, und veranstaltete irgendetwas Wundersames mit mir, was meine Knochen knirschen ließ, als ob jemand Eiswürfel kaute. Er verordnete mir eine längere Behandlungsserie und hielt seine Diagnose mit einem Füller schriftlich fest. Er war Linkshänder, sodass er das Handgelenk oben um die Sätze herumkrümmen musste, als er seine Therapieempfehlungen notierte. Die Feder kratzte über das Papier. Schon sein Geschreibe sah teuer aus, dachte ich. Die California Fidelity würde für meine Wehwehchen ordentlich blechen müssen.
    »Was haben Sie denn mit Raymond zu tun?«, fragte er ohne aufzuschauen. Irgendetwas in seinem beiläufigen Ton sagte mir: aufpassen.
    »Ich bin eine Freundin von Bibianna, seiner Verlobten.«
    »Kennen Sie sie schon lange?«
    »Zwei Tage«, sagte ich. »Wir haben gemeinsam eine Nacht im Kreisgefängnis von Santa Teresa verbracht.«
    Der durchdringende Blick schwenkte von mir weg, und ich meinte, ein kaum wahrnehmbares Naserümpfen bemerkt zu haben.
    Er hielt nicht viel von solchen Halbwelt-Existenzen wie Bibianna und mir und vermutlich auch Raymond Maldonado. »Wie lange sind Sie denn schon hier draußen?«, fragte ich.
    »Seit ich meine Niederlassungserlaubnis wiederhabe«, sagte er. Seine Offenheit überraschte mich. Vielleicht hatte ich dem Mann ja Unrecht getan. Er öffnete eine Schublade und nahm eine Hand voll Filzstifte verschiedener Sorten und Farben heraus. Er schob mir ein Blatt Papier hin, auf dem sich ganz links eine Spalte mit lauter kleinen Kästchen befand. »Unterschreiben Sie in jeder Zeile mit einem anderen Stift. Wechseln Sie ab, wie es gerade kommt. Die Daten setzen wir dann später ein, wenn wir Ihrer Versicherung die Rechnungen schicken. Wer ist Ihr Versicherungsträger?«
    »Die California Fidelity. Ich habe bei dem Büro in Santa Teresa angerufen, und sie haben gemeint, sie schicken die Formulare her.«
    »Gut«,

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