Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
unverbindlich mit den Schultern und bemühte mich, so auszusehen, als ginge ich zwei Mal wöchentlich zum Färbtest.
»Fass es bleiben. Du bist ein Sommer-Typ. Ich kann dir die fünfzig Dollar ersparen. Schwarz dürftest du eigentlich nicht tragen, aber zur Hölle damit. Du wirst fantastisch aussehen.« Sie unterbrach sich und betrachtete mein Gesicht. »Diese blauen Flecke kleiden ungemein — besonders der eine, der ins Grüne spielt.« Die nicht angezündete Zigarette schräg im Mundwinkel, zog sie langsam die Plastikhülle über den Anzug. »Wie fühlt man sich, wenn man vierundzwanzig Stunden am Tag einen Kerl am Hals hat?«
»Meinst du Dietz?«
Sie seufzte und rollte mit den Augen. »Nein, Donald Duck. Ach, egal. Du magst ihn wahrscheinlich, weil er seinen Kram versteht?«
»Nun ja, darauf kommt’s schließlich an, oder? Weißt du, worüber ich mir den Kopf zerbreche? Wieso hab ausgerechnet ich lauter herrschsüchtige Leute um mich, die mich rumschubsen wollen? Rosie, Dietz, Henry — und jetzt auch du.«
»Du bist süß, weißt du das? Hältst dich für richtig hart gesotten.«
»Ich bin hart gesotten«, sagte ich.
»Neil wird ganz verrückt nach dir sein. Hast du ihn schon angerufen?«
»Ich hatte noch keine Gelegenheit. Wir sind eben erst zurückgekommen.«
»Er kommt heut Abend nur, um dich kennen zu lernen. Vergiss das nicht. Iss nichts.«
Ich kniff die Augen zusammen. »Wieso denn das? Ich hab gedacht, das sei ein festliches Abschiedsessen?«
»Angenommen, du willst mit ihm ins Bett?«
»Will ich nicht«, sagte ich.
»Aber angenommen, du willst doch.«
»Was hat das mit dem Dinner zu tun?«
Sie verlor allmählich die Geduld mit mir, nahm sich jedoch die Zeit, mich aufzuklären. »Geh nie nach einem großen Essen mit einem Typen ins Bett. Weil du dann nämlich einen aufgequollenen Magen hast.«
»Und warum sollte ich mit einem Typen ins Bett gehen, mit dem ich vorher nicht toll gegessen habe?«
»Essen kannst du später noch genug — wenn du verheiratet bist.«
Ich musste lachen. »Ich habe nicht die Absicht, später zu heiraten, aber danke für den Tipp.«
»Gern geschehen. Tschüss, bis heut Abend.«
Dietz saß draußen an Darcys Schreibtisch und blätterte in einer Schrift über Verluste, die einem entstehen konnten, wenn man nicht versichert war. Wir gingen hinunter, und ich verstaute meine Abendgarderobe vorsichtig im Kofferraum seines Wagens. »Ausgeschlossen, dass ich darunter die kugelsichere Weste trage«, sagte ich.
Dietz gab keine Antwort, und das nahm ich als Zustimmung.
Auf dem Weg zum Schießstand hielten wir bei der Waffenhandlung und stritten uns dort eine Stunde lang herum. Er wusste viel besser Bescheid als ich, und ich musste mich geschlagen geben. Ich leistete eine Anzahlung für eine 9-Millimeter H&K P 7, füllte alle erforderlichen Formulare aus und blätterte schließlich fünfundzwanzig Dollar für fünfzig Winchester Silvertip-Patronen auf den Ladentisch. Dietz hatte darauf bestanden, dass ich sie kaufte. Zum Lohn für meine Gefügigkeit war er so taktvoll, nicht zu erwähnen, dass alles seine Idee war. Ich hatte erwartet, dass es mich missmutig machen würde, seinen Rat anzunehmen, aber ich fühlte mich wohl dabei. Was musste ich denn beweisen? Er war länger in dem Geschäft als ich und schien eine Menge davon zu verstehen.
Dietz raste in seinem kleinen roten Porsche den Pass hinauf, als sei jemand hinter ihm her. Vielleicht übten wir für eine spätere Verfolgungsjagd. Beifahrerbremsen gehörten nicht zur Ausstattung des Porsche, aber ich stemmte trotzdem den rechten Fuß hoffnungsvoll gegen den Boden. Ich wünschte mir, ich könnte an ein Leben nach dem Tod glauben, da ich mich kurz davor wähnte. Dietz schien mein Unbehagen nicht einmal zu merken. Da er seine Aufmerksamkeit ungeteilt auf die Straße richtete, wollte ich seine Konzentration nicht durch den durchdringenden Angstschrei stören, der mir immer wieder über die Lippen zu kommen drohte und den ich unterdrücken musste.
Im Club war niemand außer dem Platzwart, an den wir unseren Obolus entrichteten. Die Maisonne war heiß, der leichte Wind trocken, und die Luft duftete nach Lorbeer und Salbei. Regnen würde es erst wieder um Weihnachten herum. Im August würden die Berge versengt, die Vegetation verdorrt und das Holz so leicht brennbar wie Zunder sein. Schon jetzt hing Dunst über dem Tal, geisterhaftes Omen bevorstehender Brände.
Dietz stellte in einer Entfernung von sieben Metern einen
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