Kinsey Millhone 07 - Hoher Einsatz - G wie Galgenfrist
Himmel nicht kommen, ohne vorher tätige Reue geübt zu haben.
»Wie sieht Ihr Vertrag mit der California Fidelity aus?«, fragte Dietz zwischen zwei Bissen.
»Sie stellen mir die Büroräume zur Verfügung und ich ihnen meine Dienste — ungefähr zwei-, dreimal im Monat. Das ist unterschiedlich. Gewöhnlich untersuche ich Brände und falsche Versicherungsansprüche nach Todesfällen, doch es kann sich auch um andere Dinge handeln.«
»Ein gutes Arrangement. Wie sind Sie dazu gekommen?«
»Meine Tante hat jahrelang für sie gearbeitet, daher wusste ich eine Menge über die Jungs. Als ich noch in der High-School war, hat sie mir im Sommer auch hin und wieder Ferienjobs dort verschafft. Ich habe die Polizeiakademie mit neunzehn absolviert, konnte aber erst mit einundzwanzig in den Polizeidienst eintreten und habe daher zwei Jahre bei der California Fidelity als Empfangsdame gearbeitet. Nachdem ich den Polizeidienst quittiert hatte, ging ich zu einer privaten Agentur, bis ich selbst eine Lizenz bekam, und dann habe ich mich selbstständig gemacht. Eine der ersten wirklich großen Untersuchungen, die ich führen durfte, war für die CF.«
»Viele Frauen drängen jetzt in den Beruf«, sagte er.
»Warum auch nicht? Auf eine verdrehte Art macht er sogar Spaß. Manchmal kommt man sich am Ende ziemlich abgebrüht vor, aber man ist wenigstens sein eigener Herr. Das liegt mir. Ich bin unglaublich neugierig und stecke meine Nase gern dahin, wohin sie nicht gehört. Wie steht’s mit Ihnen? Was wollen Sie tun, wenn Sie aus der Branche aussteigen?«
»Schwer zu sagen. Ich verhandle mit einem Typen draußen in Colgate, der bei den Militärstützpunkten in Übersee Schulungskurse für Terroristenbekämpfung abhält.«
»Mit simulierten Überfällen?«
»Das ist richtig. Mitten in der Nacht trommelt er eine Mannschaft zusammen, knackt Umzäunungen, dringt in das Gelände ein und filmt das ganze Manöver, damit er ihnen hinterher sagen kann, wie sie sich selbst besser schützen können.«
»Räuber und Gendarm ohne Feuerzauber.«
»Genau. Viel Spaß und keine Gefahr.« Er unterbrach sich und tunkte seinen Teller mit einer Tortilla aus. »Sie machen ein Gesicht, als wären Sie jetzt mit sich im Reinen.«
»So fühle ich mich jedenfalls«, sagte ich. »Vera wäre zwar anderer Meinung, sie findet mich hoffnungslos. Zu unabhängig, nicht raffiniert genug...«
»Was können Sie mir über sie erzählen?«
»Nicht sehr viel, um ehrlich zu sein. Sie kommt für mich dem am nächsten, was ich unter einer Freundin verstehe, aber ich könnte nicht behaupten, dass wir uns sehr gut kennen. Ich bin viel unterwegs und nicht besonders gesellig. Sie ist gewissermaßen in der Single-Szene zu Hause, in die ich noch nie besonders gut gepasst habe. Ich bewundere sie wirklich. Sie ist gescheit. Hat Stil. Lässt sich nichts gefallen...«
»Was ist los? Wollen Sie sie mir verkaufen?«
Ich lachte, zuckte mit den Schultern. »Sie haben mich nach ihr gefragt.«
»Ja, sie gehört zu den Frauen, die ich nie durchschaut habe.«
»Wie meinen Sie das?«
»Keine Ahnung. Auch dahinter bin ich noch nicht gekommen. Aber irgendetwas an ihr beunruhigt mich.«
»Sie ist eine gute Seele.«
»Das glaube ich Ihnen gern.« Er putzte den Teller weiter mit der Tortilla aus, ohne über das Thema noch ein einziges Wort zu verlieren. Manchmal war es schwer zu ergründen, was er wirklich dachte, und ich kannte ihn noch nicht gut genug, um ihn zu drängen.
16
Um sechs Uhr brachen wir ins Hotel auf. Dietz hatte geduscht und sich für den Abend schick gemacht. Er trug eine sportliche Hose, ein Hemd mit gemusterter Krawatte und ein dunkles Sportjackett im Westernstil mit überbreiten Schultern und ganz enger Taille. Dazu auf Hochglanz polierte schwarze Stiefel und unter dem Jackett selbstverständlich eine kugelsichere Weste — eine Kevlar, die eine aus drei Meter Entfernung abgeschossene .357er Magnum aufhielt. Ich hatte auch beobachtet, dass er sich ein Halfter mit seiner .45 er umgeschnallt und hinter die rechte Hüfte geschoben hatte.
Ich duschte und schlüpfte wieder in Jeans, Rollkragenpullover und Tennisschuhe. Den Seidenanzug wollte ich erst in Veras Hotelzimmer anziehen. Kurz bevor wir das Haus verließen, hatte ich ihn anprobiert. Die Hosen waren etwas zu lang, aber ich hatte sie an der Taille hochgerollt und damit das Problem gelöst. Schwarze Pumps, Strumpfhosen, schwarze Schlüpfer und noch ein paar Kleinigkeiten hatte ich in ein Köfferchen
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