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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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ein Dutzend Kopien und schicke sie Lieutenant Whiteside rüber«, sagte er. »Möchten Sie auch welche für sich? Sie können gern auch ein Dutzend haben.«
    »Das wäre prima.«

7
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    Ich genehmigte mir bei Henry einen Teller Suppe und trank danach eine halbe Kanne Kaffee, um der Lethargie entgegenzuwirken und wieder auf Touren zu kommen. Es war Zeit, mit einigen Hauptpersonen des Dramas Kontakt aufzunehmen. Um sieben fuhr ich an der Küste entlang nach Süden, in Richtung Perdido/Olvidado.
    Richtig dunkel würde es erst in einer Stunde werden, aber das Licht schwand schon und ging in aschgraues Zwielicht über. Nebelschwaden, die vom Ozean hereinrollten, verhüllten alles bis auf die markantesten Aspekte des Landes. Zu meiner Linken stiegen steil tiefeingeschnittene Felswände in die Höhe, während rechts die wogenden grauen Wassermassen des Pazifik donnernd an die Küste brandeten.
    Am dunstigen Himmel wurde der Mond sichtbar, eine blasse Lichtsichel, die noch kaum zu erkennen war. Am Horizont lagen die Bohrinseln wie eine flammende Armada. Die Inseln San Miguel, Santa Rosa und Santa Cruz reihen sich über dem Cross-Islands-Graben aneinander, in jenem Gebiet, in dem die Erdkruste in westöstlicher Richtung von zahllosen Parallelrissen durchzogen ist. Der Santa-Ynez-Graben, der North-Channel-Slope-Graben, Pitas Point, Oak Ridge, der San-Cayetano-Graben und der San-Jacinto-Graben — sie alle zweigen von der mächtigsten dieser Verwerfungen ab, dem gewaltigen San-Andreas-Graben. Aus der Luft gesehen, bildet er einen Gebirgskamm, der sich über Meilen erstreckt und an die Spur eines riesigen Maulwurfs erinnert, der sich unterirdisch fortbewegt.
    Es gab einmal eine Zeit, lange ehe die Erdkruste sich zu Gebirgen zusammenschob, da war das Perdidobecken hundert Meilen lang, und ein großer Teil Kaliforniens war Tiefland, das von weiten Eozänmeeren bedeckt war. Damals lag dieses ganze Gebiet bis zur Grenze Arizonas unter Wasser. Die Öllager stammen tatsächlich von Meeresorganismen, und das Sediment ist an manchen Stellen fast dreißigtausend Fuß dick. Ich bekomme buchstäblich eine Gänsehaut bei dem Gedanken an diese unglaubliche Welt von damals. Ich versuche, mir die Veränderungsprozesse vorzustellen, eine Million Jahre im Schnellverfahren, wie mit Zeitraffer aufgenommen, wie das Land sich in die Höhe schiebt und aufbricht, emporsteigt und herabfällt und in donnernden Konvulsionen immer neue Formen gebiert.
    Ich blickte zum Horizont. Vierundzwanzig der zweiunddreißig Bohrinseln an der kalifornischen Küste liegen vor den Landkreisen Santa Teresa und Perdido, neun davon nur drei Meilen von der Küste entfernt.
    Ich hatte die Diskussionen darüber gehört, ob diese alten Bohrinseln einem schweren Erdbeben von Stärke 7 standhalten könnten. Die Meinung der Fachleute war geteilt. Auf der einen Seite standen die Geologen und die Vertreter der staatlichen Seismic Safety Commission, die immer wieder darauf hinwiesen, daß die ältesten Bohrinseln vor der Küste zwischen 1958 und 1969 errichtet worden waren, noch bevor die Ölindustrie einheitliche Bauvorschriften eingeführt hatte.
    Die Sprecher der Ölgesellschaften wiederum, denen die Bohrinseln gehören, versicherten uns, wir hätten nichts zu befürchten. Es war wirklich verwirrend. Ich versuchte mir die Katastrophe vorzustellen, wenn all diese Bohrinseln gesprengt wurden und sich das Öl in einer gewaltigen schwarzen Springflut in den Ozean ergoß.
    Ich dachte an die jetzt schon bestehende Verseuchung der Strände, die Abwässer, die ungefiltert in Meere und Flüsse geleitet wurden, das Ozonloch, die abgeholzten Wälder, die Giftmülldeponien, all die schrecklichen Dinge, die der Mensch noch auf Dürre und Hungersnot draufgibt, die die Natur sowieso alljährlich auftischt. Was wird uns wohl zuerst erwischen? Manchmal denke ich, wir sollten einfach den ganzen Planeten in die Luft jagen und es hinter uns bringen. Spannung kann ich nicht aushalten.
    Ich folgte der Straße um die Landzunge herum und erreichte den westlichen Ortsrand von Perdido. An der ersten Ausfahrt bog ich ab und fuhr langsam durch das Geschäftsviertel im Zentrum, während ich mich orientierte. In der breiten Hauptstraße standen zu beiden Seiten schräggeparkte Autos — viele Lieferwagen und Touristenfahrzeuge. Hinter mir fuhr langsam ein Kabrio mit donnerndem Radio durch die Straße. Die Kombination aus Bläsern und dröhnenden Bässen erinnerte mich an die Paraden zur Feier des 4.

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