Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser
sie. »Nun ja, der Schnitt schmeichelt nicht gerade. Sie haben mir doch gesagt, daß Coreys Cousine ein wenig zur Fülle neigt... gut, ein Dickerchen. Genau das sage ich. Ein Dickerchen mit Schößchen, das ist unmöglich... ein weiter Rock, hm, ja... Das wird Beine und Hüften ein wenig kaschieren... Nein, nein, nein. Ich spreche nicht von Fülle... Natürlich, das verstehe ich. Vielleicht etwas mit leicht heruntergezogener Taille. Ich finde, wir sollten etwas mit einem besonderen Ausschnitt nehmen, das lenkt den Blick nach oben. Verstehen Sie, was ich meine? ... Hm, ja... Lassen Sie mich doch einfach einmal meine Hefte durchsehen, dann kann ich Ihnen sicher einige Vorschläge machen. Und vielleicht kann sich Corey im Supermarkt ein paar Zeitschriften mit Brautmoden besorgen. — Gut, wir sprechen uns morgen wieder... in Ordnung... Ja, gut, fein. Ich rufe Sie zurück... Aber gern, keine Ursache... Ihnen auch, danke.«
Sie legte auf und schob den Apparat von sich weg, dann drückte sie ihre Zigarette in einem Aschenbecher auf ihrem Schreibtisch aus und kam, während sie eine letzte Rauchwolke ausstieß, ins Wohnzimmer. Ich benutzte die Gelegenheit, um mich noch einmal umzusehen. In dem kleinen Ausschnitt des Hobbyraums, den ich sehen konnte, befanden sich diverse Babysachen: ein Laufstall, ein Kinderstühlchen, eine Babyschaukel zum Aufziehen, in der das Kindchen garantiert einschlief, wenn es nicht vorher spuckte.
»Sie hätten nie gedacht, daß ich schon Großmutter bin«, sagte sie ironisch, als sie meinen Blick auffing.
Ich hatte meine Karte auf den Couchtisch gelegt und sah, daß sie wiederum neugierig zu ihr hinuntersah. Ehe sie mich ins Verhör nehmen konnte, stellte ich selbst eine Frage. »Ziehen Sie um? Ich habe die Kartons auf der Veranda gesehen. Sieht aus, als ginge es im nächsten Moment los.«
»Nein, ich ziehe nicht um. Mein Sohn und seine Frau ziehen aus. Sie haben gerade ein kleines Haus gekauft.« Sie nahm die Karte vom Tisch. »Verzeihen Sie, aber ich würde doch gern wissen, worum es eigentlich geht. Wenn es mit Brian zu tun hat, muß ich Sie bitten, mit seinem Anwalt zu sprechen. Ich kann dazu nichts sagen.«
»Es geht nicht um Brian. Es geht um Ihren Mann.«
Ihr Blick wurde starr. »Nehmen Sie doch Platz.« Sie wies auf einen Sessel. Sie selbst setzte sich auf die Kante des Sofas und zog sich einen Aschenbecher heran. Sie zündete sich eine frische Zigarette an. Ihre Bewegungen waren schnell und präzise. Sie sog den Rauch tief ein und legte ihr Feuerzeug und die Packung Eve too’s ordentlich vor sich auf den Tisch. »Haben Sie ihn gekannt?«
»Nein«, antwortete ich. Ich saß ziemlich unbequem auf dem Regiesessel aus Chrom und grauem Leder, der unter meinem Gewicht unanständig knarrte.
Sie blies Rauch in die Luft. »Er ist nämlich tot, müssen Sie wissen. Er ist schon seit Jahren tot. Er geriet in Schwierigkeiten und hat sich das Leben genommen.«
»Genau darum bin ich hier. In der vergangenen Woche hat der Vertreter der California Fidelity, der Ihrem Mann die Lebensversicherung verkauft hat —«
»Dick wie heißt er gleich wieder... Mills.«
»Richtig. Mr. Mills machte Urlaub in einem kleinen mexikanischen Ferienort und sah Ihren Mann an der Bar.«
Sie lachte laut heraus. »Ja, ganz bestimmt.«
Mir war unbehaglich. »Es ist wahr«, sagte ich.
Ihr Lächeln wurde dünn. »Machen Sie sich nicht lächerlich. Wovon reden wir hier, von einer Seance oder was? Wendell ist tot Mein Mann ist tot, meine Beste.«
»Soviel ich weiß, hatte Dick Mills ziemlich viel mit ihm zu tun. Er kannte Ihren Mann gut genug, um ihn zunächst einmal zu identifizieren. Mich hat man nun beauftragt, der Sache weiter nachzugehen.«
Sie lächelte immer noch, aber es war nur noch Form ohne Inhalt. Mit Interesse sah sie mich an. »Er hat mit ihm gesprochen? Sie müssen meine Skepsis verzeihen, aber ich habe mit dieser Geschichte meine Probleme. Die beiden haben sich miteinander unterhalten?«
Ich schüttelte den Kopf. »Dick war zur fraglichen Zeit auf dem Weg zum Flughafen und wollte von Ihrem Mann nicht gesehen werden. Sobald er wieder zu Hause war, rief er einen der Vizepräsidenten der California Fidelity an, der mir dann den Auftrag gab, nach Mexiko zu fliegen. Eine positive Identifizierung haben wir im Moment noch nicht, aber es sieht gut aus. Er scheint nicht nur am Leben, sondern auch auf dem Weg hierher zu sein.«
»Das glaube ich nicht. Das kann nur eine Verwechslung sein.« Ihr Ton war
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