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Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser

Titel: Kinsey Millhone 10 - Stille Wasser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sue Grafton
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und begann sie zu würfeln. »Geh, leg dich in dein Bett. Du siehst ganz fertig aus. Um sechs kommst du wieder rüber und ißt einen Teller Suppe.«
    »Sei mir nicht böse, falls ich nicht erscheine«, sagte ich. »Wenn ich Glück habe, schlafe ich vielleicht durch.«
    Ich ging in meine Wohnung und schleppte mich in die Mansarde hinauf, zog meine Schuhe aus und kroch unter die Steppdecke.
    Eine halbe Stunde später läutete das Telefon. Ich quälte mich aus Schlafestiefen empor. Es war Rupert Valbusa. Er hatte mit Lieutenant Whiteside gesprochen, der ihm mit Nachdruck klargemacht hatte, wie wichtig es sei, die Zeichnung möglichst bald fertigzustellen. Er sei die nächsten fünf Tage auf Reisen, sagte er, aber wenn ich frei sei, erwarte er mich innerhalb der nächsten Stunde in seinem Atelier. Ich stöhnte innerlich, aber im Grunde Latte ich gar keine Wahl. Ich schrieb mir die Adresse auf. Das Atelier war nicht weit von meiner Wohnung in einem Industriegebiet nahe beim Strand. Ein ehemaliges Lagerhaus in der Anaconda Street war in ein Atelierhaus für Künstler umgewandelt worden. Ich schlüpfte in meine Schuhe und tat mein Möglichstes, um mich einigermaßen präsentabel zu machen. Dann nahm ich die Autoschlüssel, eine Jacke und die Fotos von Jaffe.
    Die Luft draußen war feucht, vom Meer her wehte ein kühles Lüftchen. Als ich den Cabana Boulevard hinunterfuhr, sah ich am Himmel, dort, wo die Wolkendecke aufriß, ein paar blaue Stellen. Am späten Nachmittag würden wir vielleicht sogar noch eine Stunde Sonnenschein bekommen. Ich parkte in einer schmalen, von Bäumen gesäumten Straße, sperrte den Wagen ab und ging um das Lagerhaus herum zur Nordseite. Die Tür, durch die ich eintrat, war von zwei imposanten Metallskulpturen flankiert. Innen waren die Korridore weiß getüncht und mit Arbeiten der derzeit im Haus arbeitenden Künstler geschmückt. Die Decke im Vorsaal erhob sich über drei Stockwerke zum Dach mit einer Reihe schräger Fenster, durch die in breiten Balken das Tageslicht einfiel.
    Valbusa hatte sein Atelier im obersten Stockwerk. Ich stieg die Eisentreppe am hinteren Ende des Vorsaals hinauf. Das Klirren meiner Schritte brach sich dumpf an den Beton wänden. Als ich oben ankam, hörte ich gedämpfte Country-Musik. Ich klopfte an Valbusas Tür, und das Radio wurde abgestellt.
    Rupert Valbusa war Hispano, stämmig und muskulös. Ich schätzte ihn auf Mitte Dreißig. Er hatte breite Schultern und einen kräftigen, gewölbten Brustkasten. Die Augen unter den buschigen Brauen waren sehr dunkel. Dichtes dunkles Haar umrahmte sein Gesicht. Wir machten uns an der Tür miteinander b ekannt und gaben einander die Hand, ehe ich ihm in das Atelier folgte. Als er sich von mir abwandte, um mir vorauszugehen, sah ich, daß er einen dünnen Zopf hatte, der ihm bis unter die Schulterblätter reichte. Er trug ein weißes T-Shirt, abgeschnittene Jeans und Sandalen mit dicken Gummisohlen. Er hatte gutgeformte Beine, deren Konturen von dunklen seidigen Härchen begrenzt wurden.
    Das Atelier war sehr groß und sehr kühl, mit einem Betonfußboden und breiten Arbeitstischen an den Wänden. Es roch nach feuchtem Ton, und auf allen Oberflächen lag kreidiger Porzellanstaub. Große Blöcke weichen Tons waren in Plastikhäute gehüllt. Er hatte zwei Töpferscheiben, eine, die mit dem Fuß zu betätigen war, und eine elektrische, und zwei Brennöfen. Auf zahllosen Borden standen Keramikschalen, die gebrannt waren, aber noch nicht glasiert. Am Ende eines der Arbeitstische standen ein Kopiergerät, ein Anrufbeantworter und ein Projektor für Dias. Daneben lagen Stapel eselsohriger Skizzenblöcke, drängten sich Gläser mit Stiften und Federn und Pinseln aller Art. Im Raum standen drei Staffeleien mit abstrakten Ölgemälden in unterschiedlichen Stadien der Vollendung.
    »Gibt es etwas, was sie nicht tun?«
    »Das sind nicht alles meine Sachen. Ein Teil ist von meinen Schülern. Ich habe nämlich zwei Schüler angenommen, obwohl mir das Unterrichten eigentlich keinen großen Spaß macht. Malen Sie auch?«
    »Nein, leider nicht, aber ich beneide alle, die es können.«
    Er trat zum nächsten Arbeitstisch und nahm einen braunen Umschlag, der eine Fotografie enthielt. »Lieutenant Whiteside hat das herschicken lassen. Da ist anscheinend auch die Adresse der Ehefrau des Burschen beigelegt.« Er reichte mir einen Zettel, den ich sogleich einsteckte.
    »Danke. Wunderbar. Das spart mir Zeit.«
    »Und das ist der Bursche, der Sie

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